Bereits seit einiger Zeit ist Remarketing nicht nur im Google Display-Netzwerk, sondern auch im Google Suchnetzwerk möglich. Du kannst damit AdWords-Kampagnen exklusiv für frühere Besucher anlegen oder einen höheren Klickpreis für wiederkehrende Besucher bei bestehenden Kampagnen festlegen.
Seit Kurzem können Remarketing-Listen für Suchanzeigen – so wie es bei normalen Remarketing-Listen schon länger möglich ist – auf Basis von Google Analytics Daten erstellt werden. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten, Zielgruppen noch detaillierter als über das AdWords-Remarketing-Tag zu definieren. Wie das erfolgssteigernd funktioniert, wird anhand des folgenden Anwendungsfalls genau dargestellt.
AdWords Remarketing in der Suche mit Hilfe von Remarketing Lists for Search Ads (kurz: RLSA) hat das Ziel, die Anzeigenschaltung für ehemalige Besucher der eigenen Website bei einer weiteren Suche auf Google gezielter auszusteuern.
Der grundsätzliche Ablauf bei RLSA-Kampagnen gestaltet sich dabei wie das hinlänglich bekannte AdWords-Remarketing im Display-Netzwerk: In Remarketing-Listen werden die definierten Zielgruppen erfasst. Die Zuordnung der Remarketing-Listen erfolgt auf der Anzeigengruppenebene der AdWords-Kampagnen.
Abbildung 1: Ansicht im Google AdWords-Konto
Das Erstellen der Remarketing-Listen kann bei RLSA-Kampagnen nunmehr ebenfalls auf zwei Arten erfolgen: Zum einen kann im AdWords-Konto ein AdWords-Remarketing-Tag generiert und dann auf der Website implementiert werden. Die Nutzerlisten werden direkt im AdWords-Konto anzeigt.
Abbildung 2: Nutzerlisten im Google AdWords-Konto
Zum anderen können die Listen über Google Analytics angelegt werden. Hierfür muss der Analytics-Code angepasst und erweitert werden. Die Nutzerlisten erscheinen sowohl in Google Analytics, als auch im Ziel-AdWords-Konto, das beim Erstellen der Liste angegeben wird.
Bei Remarketing über Google Analytics gilt es grundsätzlich zu beachten, dass AdWords- und Analytics-Account miteinander verknüpft sein müssen. In Analytics muss die Datenerfassung für Remarketing aktiviert werden – unter „Tracking-Informationen“ und „Datensammlung“ auf der Property-Ebene. Ebenfalls dort werden unter „Remarketing“ und „Zielgruppen“ die Listen erstellt.
Abbildung 3: In Analytics wird die Datenerfassung für das Remarketing aktiviert
Über Google Analytics bieten sich deutlich mehr Möglichkeiten als über die „klassische“ Weise mithilfe des AdWords Remarketing-Tags. Dieses fasst „lediglich“ Besucher bestimmter Seiten zusammen – etwa alle User, die einen bestimmten Bereich aufgesucht oder eine ganz bestimmte URL aufgerufen haben. Mit den Goals in Google Analytics stehen hingegen drei weitere Zieltypen zur Verfügung, mit denen Nutzer definiert werden können:
Desweiteren können Listen für individuelle Besuchersegmente erstellt werden. Neben den vordefinierten Dimensionen (Besuchsquelle, Betriebssystem, Browser, …) kannst Du auch benutzerdefinierte Dimensionen und benutzerdefinierte Messwerte anlegen. Beispielsweise kannst Du über eine benutzerdefinierte Dimension den Lifetime Value von registrierten Benutzern übergeben und dann besonders wertvolle Nutzer adressieren. Ebenso könntest Du Nutzereingaben aus Formularen übergeben (beispielsweise: eine Partnervermittlung könnte das angegebene Geschlecht des Users nutzen).
Ein eCommerce-Shop bietet Bekleidungsartikel an. Sein Schwerpunkt liegt insbesondere auf Herren- und Damenjacken. Während das Sortiment von günstigen bis hochpreisigen Jacken reicht, konnte folgendes Userverhalten festgestellt werden: User sehen sich zahlreiche unterschiedliche Jacken an, bleiben jedoch typischerweise innerhalb einer Preisklasse. User, die den Einstieg über günstige Modelle finden, sehen sich weiterhin im Niedrigpreissegment um; User, die zunächst ein teures Modell aufrufen, vergleichen dies mit weiteren Hochpreisprodukten.
Ein Wechsel zwischen den Preisklassen kommt nur in verschwindend geringem Maße vor – selten beim Aufruf der Produkte, noch viel weniger bei der Conversion, also beim Kauf: User, die sich für teure Jacken interessieren, kaufen auch solche. Selbst Schnäppchenangebote oder sonstige Aktionen für Modelle aus anderen Preisklassen können sie so gut wie nicht überreden.
Nachdem diese Verhaltensmuster bekannt waren, machte es Sinn, sie im Rahmen von RLSA-Kampagnen zu nutzen. In unterschiedlichen Nutzerlisten wurden drei Zielgruppen definiert:
Zuerst muss auf jeder Seite der Produktpreis an Google Analytics übergeben werden. Hierzu gibt es mehrere Möglichkeiten:
A. Bei direkter Integration des Analytics Codes sollte der Preis direkt in einer benutzerdefinierten Dimension übergeben werden. Der Code sollte hier seitenspezifisch angepasst werden.
B. Alternativ kann mit dem Google Tag Manager gearbeitet werden. Hiermit wäre eine Umsetzung auch ohne Code-Anpassungen möglich. Dazu sollte ein benutzerdefiniertes JavaScript-Makro angelegt werden, mit dem mittels DOM-Selektoren der Preis extrahiert wird (beispielsweise anhand der Element-ID oder Element-Klasse der Preisangabe).
C. Bei Verwendung des Google Tag Managers kann die notwendige Information auch über den dataLayer übergeben werden. Diese Lösung erfordert allerdings wieder Code-Anpassungen auf der Website – je nach Website kann dies einfacher oder aufwändiger sein als die vorherige Lösung.
In der einfachsten Variante wird der Preis des zuletzt aufgerufenen Produkts in die benutzerdefinierte Dimension geschrieben (der bisherige Wert wird bei jedem neuen Seitenaufruf überschrieben). In einer ausgefeilten Variante wird beispielsweise der Durchschnittspreis oder Median aller angesehenen Produkte ermittelt.
Außerdem ist es sinnvoll, nicht den Produktpreis in die Dimension zu schreiben, sondern gleich das Preissegment. Das erleichtert die anschließende Bildung von Segmenten.
Auf Grundlage der so gewonnenen Dimension „Preis“ konnten für oben definierte Zielgruppen drei Remarketing-Listen angelegt werden.
Im AdWords-Konto wurden für jede der drei Zielgruppe eine eigene Kampagne angelegt. Im Laufe der weiteren Optimierung hatte dies den Vorteil, dass auch auf Kampagnenebene spezielle Einstellungen getroffen werden konnten – angefangen bei der Budgetzuordnung entsprechend der Leistungsdaten bis hin zu Gebotsanpassungen für die Werbezeit oder den Standort.
Der ursächliche Grund für die Segmentierung nach Preisklassen war es natürlich, unterschiedliche Botschaften auszuspielen und auch unterschiedliche Bietpreise einstellen zu können. User, welche die Website ohne Conversion verlassen hatten und zu einem späteren Zeitpunkt wiederum auf Google suchten, sollten nun mit dem Wissen um die bevorzugte Preisklasse gezielter – und damit besser als von der Konkurrenz – angesprochen werden.
So erhielten „User, die sich für niedrigpreisige Jacken interessieren“ im Anzeigentext den Hinweis auf günstige Angebote und Schnäppchen. „User, die sich für hochpreisige Jacken interessieren“ bekamen Vorteile wie Qualität und bekannte Marken genannt.
Als Zielgröße wurde eine vorgegebene Kosten-Umsatz-Relation (KUR) festgelegt. Der Initial-Bietpreis wurde auf Grundlage der Conversion-Rate eingestellt, welche die bisherigen „normalen“ Search-Kampagnen erzielten. Mit anwachsenden Leistungsdaten je Zielgruppe konnten individuelle Bietpreise angegeben werden.
Um die Wirkung der Segmentierungen festzustellen, macht ein Vergleich zu den normalen Search-Kampagnen wenig Sinn. Deshalb wurde in jeder RLSA-Kampagne eine Control-Anzeigengruppe erstellt. Diese wurden angelegt und ausgesteuert, als wäre nur das Wissen um den ehemaligen Besuch, nicht um die Preisklassen verfügbar. So wurden etwa Gebotsanpassungen vorgenommen, jedoch keine Anzeigenbotschaften mit Bezug auf niedrig- oder hochpreisige Jacken kommuniziert. Ausgesteuert wurde die Auslieferung der Test- und Control-Anzeigengruppen mithilfe des Test-Tools im AdWords-Account.
Festzustellen war zum einen ein Anstieg der Klickrate, zum anderen aber auch ein Anstieg der Conversion-Rate quer über alle Preisklassen. Diese erlaubte höhere Bietpreise und damit prominentere Positionierungen, die wiederum einen Anstieg der Anzahl an Conversions nach sich zogen – immer unter Einhaltung der vorgegebenen Kosten-Umsatz-Relation.
Die Veränderungen von Control- zu Testgruppe sind in folgender Tabelle dargestellt.
Abbildung 4: Die Veränderungen von Control- zu Testgruppe
Die gezielte Ansprache von ehemaligen Besuchern ist beim Remarketing – im Search wie auch im Display – eine der entscheidenden Erfolgskomponenten. Für diese individuellen Botschaften ist es sinnvoll, die Gesamtbesucher in unterschiedliche Zielgruppen zu unterteilen. Dabei kann das AdWords-Remarketing-Tag, je nachdem welche Segmentierungen für die spezielle Website sinnvoll sind, limitiert sein. Wie gesehen weist Google Analytics hier deutlich mehr Möglichkeiten auf.
Gerade bei Remarketing Lists for Search Ads-Kampagnen bleibt zu beachten, dass die vorgenommenen Segmentierungen auch den Traffic auf der Website berücksichtigen. Eine Schaltung ist erst ab 1.000 User je Liste möglich. Ebenso machen Segmentierungen natürlich nur Sinn, wenn auch tatsächlich unterschiedliche Botschaften und Einstellungen verwendet werden – und die mühsam getrennten Zielgruppen dann nicht doch wieder alle die gleichen Anzeigen zu sehen bekommen.
Veröffentlicht am 29.09.2015 von Alexander Beck.
Who writes here
Alexander Beck ist Gründer und Geschäftsführer der Performance-Agentur traffic3 GmbH in Wien. Er ist Autor des Standardwerkes „Google AdWords“ und spezialisiert auf Suchmaschinen-Marketing, Suchmaschinen-Optimierung und Conversion-Optimierung. Zudem hält er zahlreiche Seminare und Vorträge auf Fachkonferenzen.
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