Wer einen Artikel online lesen möchte, hatte bisher genau zwei Möglichkeiten: Entweder man besucht die Webseite des jeweiligen Nachrichtenportals oder man nutzt eine der mobilen Apps. Mit den sogenannten Instant Articles gibt es seit dem 13. Mai nun eine dritte Möglichkeit: Facebook.
Bislang schickte Facebook seine Nutzer bei Artikeln mit einem Link zur Originalquelle der Nachrichten – dieser Umweg soll nun mit Hilfe der sogenannten Instant Articles überflüssig werden. Anstatt mit Artikellinks bei Facebook auf die eigenen Webangebote zu lenken, werden ausgewählte Medienhäuser nun bestimmte Artikel mit Texten und Fotos direkt auf Facebook einstellen.
Das soziale Netzwerk verspricht den Medienhäusern und deren Nutzern von dieser Partnerschaft unter anderem eine deutlich bessere Usability. Bezogen auf die Ladezeit dauerte es bisher oft mehrere Sekunden, bis die Inhalte des externen Nachrichtenportals auf dem Smartphone aufgebaut waren. Wenn Facebook die vollständigen Inhalte selbst hostet, könnte die Wartezeit deutlich verringert werden.
Zum Start der Testphase nehmen bereits neun bekannte Zeitungen teil, darunter die New York Times, The Guardian und BBC News. Aus Deutschland beteiligen sich die Bild Zeitung und Spiegel Online an dem Experiment. Zu Beginn der Testphase kann man die Funktion der Instant Articles nur als Besitzer eines iPhones nutzen, eine Android-Version soll in Kürze folgen.
Die kooperierenden Medien lockt Facebook mit vielversprechenden Argumenten: Zum einen sollen die Zeitungen von der enormen Reichweite von Facebook profitieren. Mit 30 Millionen deutschen Nutzern bietet das Netzwerk für deutsche Verlage potentiell eine neue große Leserschaft. Ob dies den kompletten Verlust kompensiert, der durch die Instant Articles auf den verlagseigenen Seiten entsteht, ist jedoch fragwürdig.
Neben der zusätzlichen Reichweite über die Facebook Community sollen die Verlage außerdem durch attraktive Vermarktungsmöglichkeiten überzeugt werden. So bietet sich für die Verlage die Möglichkeit, die Anzeigen neben ihren Artikeln bei Facebook selbst zu verkaufen und damit die vollständigen Werbeeinnahmen für sich zu behalten. Wird die Onlineanzeige stattdessen über das Facebook-Werbenetzwerk vermarktet, reicht der Internetkonzern trotzdem satte 70 Prozent der Erlöse an die Publisher weiter.
Mit der Ausschüttung der vollständigen Anzeigenerlöse bei eigener Vermarktung, bietet Facebook den Verlagen ein verlockendes Angebot. Zusammen mit dem Argument der Reichweite, bilden diese beiden Aspekte zumindest einen kurzfristigen Anreiz für die Medienhäuser, in das Projekt der Instant Articles einzusteigen. Doch droht auf lange Sicht auch eine gewisse Abhängigkeit von Facebook.
Ein Versuch, gegen eine solche Abhängigkeit zu wirken, könnte sein, dass sich alle beteiligten Medien die Rechte an den bei Facebook veröffentlichten Inhalten vorbehalten und auch presserechtlich dafür verantwortlich bleiben. Dies geht aus einer Pressemitteilung von Axel Springer hervor. Ebenso möchte Springer gemeinsam mit Facebook ein Bezahlmodell entwickeln, sodass in Zukunft auch kostenpflichtige Texte und Videos erscheinen könnten.
Abbildung 1: Beispiel eines Instant Articles der New York Times
Insgesamt gesehen tragen die neuen Instant Articles dazu bei, dass das Angebot von Facebook noch umfassender wird, als es ohnehin schon ist. User müssen nicht einmal mehr zum Zeitunglesen das soziale Netzwerk verlassen. Die Folge: Immer mehr Menschen verbringen noch mehr Zeit auf Facebook.
Für das soziale Netzwerk selbst hat dies nur positive Auswirkungen. Somit wird Facebook immer attraktiver für Werbekunden und kann folglich immer höhere Preise verlangen. Außerdem verfügt Facebook über viel mehr Daten als jedes Medienunternehmen und ist demnach fähig, Inhalte und auch Werbung zielgruppengenau auszusteuern.
Neben der Möglichkeit, dass sich Facebook zu einer zunehmend attraktiveren Werbeplattform entwickelt, steigt außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass das soziale Netzwerk auch immer mehr zu einem großen Contentanbieter wird. Die Informationen, die das Netzwerk zusätzlich durch die Instant Articles sammelt, bilden die Grundlage für einen starken, nicht einholbaren Wissensvorteil.
Aus Sicht des Nutzers klingen die Rahmenbedingungen der Instant Articles vorerst gut und auch die Verlage könnten davon profitieren, dass ihre Artikel durch die bessere Usability häufiger gelesen werden. Also Zufriedenheit für alle Parteien – so verspricht es sich zumindest Facebook. Ebenso erhofft sich das soziale Netzwerk, dass sich auf Grund dieser Aspekte auch Unternehmen für das Projekt interessieren und sich langfristig dazu entscheiden, Instant Articles anzubieten.
Jedoch sollte man sich immer vor Augen halten, dass die Verlage durch die Instant Articles in eine Abhängigkeit vom sozialen Netzwerk fallen, die zur Folge hat, dass die User gar nicht mehr auf die eigenen Internetseiten der einzelnen Verlage kommen, wo diese versuchen, ihr Geld mit Online-Werbung zu verdienen. Viele Nachrichtenportale sind bereits heute abhängig vom Traffic, der über die Verlinkungen bei Facebook generiert wird. Über die Einbettung der Instant Articles könnte diese Abhängigkeit noch erheblich zunehmen.
Die Bindung an den Facebook Traffic, verbunden mit der bereits erwähnten umfassenden Entwicklung von Facebook zu einem Anbieter von Inhalten und einem umfassenden Nachrichtenportal, bilden ein Potential, das Facebook auf Dauer ausnutzen könnte. Denn je mehr Medienhäuser an dem Projekt Instant Articles teilnehmen, desto größer wird der Druck, auch dabei zu sein.
Veröffentlicht am 01.06.2015 von Eva Wagner.
Who writes here
Eva ist seit Beginn 2015 Superhero im Online-Marketing Team von Ryte. Als Verantwortliche für Redaktion & Presse organisiert sie mit viel Kreativität und ihrem Gespür für aktuelle Themen das Ryte Magazine und das Ryte Wiki. Außerdem managed sie die Präsenz von Ryte auf großen Messen wie der dmexco in Köln.
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