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Branding in Context: Warum die Werbeumgebung entscheidend ist

Noch vor etwa zwanzig Jahren ist McDonalds ein Unternehmen gewesen, das im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle gespielt hat. Familien haben hier Kindergeburtstage gefeiert – und die kleinen Racker strahlten über beide Ohren, wenn sie endlich ins Bälleparadies durften, nachdem sie ihr Kids Menü verputzt hatten.

Jugendliche haben sich hier auf einen Burger verabredet, ehe sie ins Kino oder in den nächstgelegenen Club gingen und wenn man schnell etwas gegen den kleinen Hunger brauchte, kaufte man sich eben ein paar Pommes.

Doch die Zeit, in der Ronald McDonald Markenbotschafter des Burger-Riesen mit großem gelbem M auf rotem Grund war, sind lange vorbei. Heute strahlt das McDonalds Logo in gelb auf grün. Das McCafé richtet sich an ein junges, erwachsenes Publikum, das Bälleparadies gibt es praktisch nicht mehr. Und statt Ronald McDonald, der das Kids Menü bewirbt, sieht man in der neuen Werbung Alexa von Schönebrunn und den Clubhouse Burger.

Markenpositionierungen und Marken-neu-positionierungen sind in der Wirtschaft ein wichtiges Instrument, um neue Kundensegmente zu erschließen und sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Kernstück einer solchen Positionierung ist dabei die Darstellung der Marke in einer Umgebung (im weitesten Sinne), in der sie zuvor nicht oder nur selten zu sehen war. Das kann bedeuten, dass Fruchtzwerge nicht mehr nur als Kinderjoghurt, sondern als “Fruchtzwerge Selbstmach Eis” vermarketet werden. Es kann bedeuten, dass Diät Cola nicht mehr nur an Frauen verkauft werden soll, sondern auch an Männer. Gut, Coke Zero klingt für einen Mann wahrscheinlich besser als “Diät Cola” - das Produkt ist aber letztlich wahrscheinlich nahezu identisch.

Markenneupositionierung kann aber auch bedeuten, dass McDonalds versucht, sein Sortiment um “Luxusprodukte” zu erweitern. Und anders als im Fall von Fruchtzwerge und Coke Zero bezweifle ich, dass die derzeitige Marketingstrategie von McDonalds die richtige ist, um dieses Ziel zu erreichen.

Dies hat zwei Gründe.

Die Frage der Zielgruppe: Das bin nicht ich.

Seien wir ehrlich: Heidi Klum mag noch so oft betonen, dass sie auch gern mal einen Burger gönnt, Menschen mit einem siebenstelligen Jahreseinkommen wird man nur in Ausnahmefällen bei McDonals essen sehen. Der Clubhouse Werbespot richtet sich nicht an die High Society Deutschlands, sondern an den Durchschnittsverbraucher. Warum sonst sollte er auch im normalen Fernsehprogramm ausgestrahlt werden?

Der Durchschnittsverbraucher wird in diesem Spot aber nicht angesprochen. Etwa die Hälfte des Spots dreht sich um Frau von Schönebrunn, ihren Lebensstil, ihren Alltag. Die Geschichte, die im Spot erzählt wird, ist die Geschichte einer verwöhnten, sehr reichen Frau, die mit einem Trick zu McDonalds gelockt wird – und den Burger trotzdem genießt. Der Durchschnittsverbraucher wird es schwer haben sich mit dieser Person zu identifizieren. Emotional angesprochen wird er jedenfalls nicht.

Der zweite Grund, der mich an der Effektivität des Spots zweifeln lässt, hat etwas mit der Funktionsweise unseres Gehirns zu tun. Für sich betrachtet schafft der Spot es immerhin den Clubhouse Burger als Luxusgut zu etablieren. Dabei lassen wir jedoch den Kontext außer acht – und dieser ist (mit) entscheidend.

Framing: Wenn der Kontext Informationen verändert

Das menschliche Gehirn verarbeitet kontinuierlich massenhaft einströmende Information und setzt diese zueinander in Beziehung. Vereinfacht ausgedrückt ist es das, was wir lernen nennen. Wenn wir immer wieder kreative Werbespots sehen, die mit dem Apple Logo enden, glauben wir irgendwann, dass Apple eine kreative Marke ist. Ganz einfach eigentlich.

Doch auch wenn es soetwas wie einen Closure gibt, einen Punkt, an dem das Gehirn sagt: “Die nachfolgenden Informationen gehören nicht mehr zu den vorangegangenen”, so blendet es diese jedoch nicht völlig aus. Wenn wir beispielsweise eine seriöse Werbeanzeige in einer unseriösen Zeitung platzieren, dann merkt das Gehirn, dass hier irgendetwas nicht zusammen passt – und lernt. Zwei neurowissenschaftliche Studien von Michael Deppe und Kollegen konnten zeigen, dass immer dann, wenn der Kontext nicht zum Inhalt einer Werbeanzeige passt, der anteriore zinguläre Kortex aktiv wird. Das ist eine Hirnregion, die mit dem Anzeigen von Konflikten assoziert wird, also eine Art “Hier stimmt etwas nicht” Detektor, der uns zur Vorsicht gemahnt. Werbung, die Aktivität in dieser Region auslöst, wird als weniger attraktiv beurteilt. Sie verliert ihre Wirksamkeit.

Meiner Meinung nach macht McDonalds genau diesen Fehler. Sie schalten einen Werbespot, der Luxus verspricht und als Kernbotschaft sagt: “Es ist okay verwöhnt zu sein”. Allerdings sieht der Verbraucher im Umfeld der McDonalds Werbung sonst nur Anzeigen für Wischmops, Deodorants, Toilettenreiniger und Spülmaschinentabs. Das scheint McDonalds nicht bedacht zu haben, denn es karikiert die eigentliche Botschaft.

Wenn also das nächste Mal das eigene Branding neu positioniert, die eigene Marke erweitert werden soll, achtet darauf, dass die gesendeten Botschaften auch so ankommen, wie geplant. Der Kanal, auf dem Du wirbst, kann die Botschaft maßgeblich beeinflussen - nicht nur umgekehrt. Das menschliche Gehirn ist in solchen Punkten sehr sensibel.

“Lieber Verbraucher, auch wenn Du Deine Toilette selber putzt, den Boden schrubbst und nach getaner Arbeit ein Deo brauchst, um Dich wieder unter Leute trauen zu können, wir sagen Dir, es ist okay verwöhnt zu sein und all das nicht machen zu müssen.”

Kontext ist entscheidend.

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Veröffentlicht am May 15, 2015 von Benny Briesemeister