Noch immer beziehen viele Online-Shops einen Großteil ihres Traffics über Google-Ads. Die Ausgestaltung der Anzeigen und die Auswahl der relevanten Keywords ist für viele eine Wissenschaft für sich. Bisweilen kommen die rechtlichen Aspekte dabei etwas kurz und werfen Fragen auf:
Darf ein Konkurrent auf die Marke des Wettbewerbers bieten? Darf eine fremde Marke in die Anzeige? Was kann ein Werbender tun, wenn ein Markeninhaber mit einer Markenbeschwerde die Schaltung von Google-Anzeigen unter Nutzung der Marke verhindert? Mit diesen Fragen beschäftigt sich dieser Beitrag zu SEA und Recht.
Will man die Zulässigkeit der Google-Werbung mit einer Marke beurteilen, muss man zunächst einen Ausflug ins Markenrecht wagen. Jedoch ist das Markenrecht deutlich komplexer, als es zunächst den Anschein hat. Ob ein Unternehmen bei der Werbung die Marke eines anderen Unternehmens verwenden darf, hängt von vielen Faktoren ab. Ganz grob gesprochen darf die Marke nicht verwendet werden, wenn dadurch die Gefahr einer Verwechslung zwischen den angebotenen Produkten und der Marke besteht. Ob das der Fall ist, hängt jedoch vom Einzelfall ab.
Markenschutz entsteht grundsätzlich erst mit Eintragung in das Markenregister. Ab dem Zeitpunkt der Eintragung kann sich der Inhaber auf den besonderen Schutz der Marke berufen. Etwas anderes gilt bei Namen oder Geschäftsbezeichnungen. Hier entsteht der Schutz ohne Eintragung schon mit der Benutzung.
Erfolgt eine Eintragung, besteht der Schutz aber nicht generell. Markenschutz gilt immer nur für bestimmte Kategorien von Waren oder Dienstleistungen. Diese müssen bei der Anmeldung der Marke angegeben werden. Anschließend darf der Markeninhaber jede Benutzung der Marke in Verbindung mit den angemeldeten Produktklassen verbieten, die zu einer Verwechslung mit der Marke führen kann. Wenn es sich nicht ausnahmsweise um eine besonders bekannte Marke handelt, muss sich der Werbende also nur der Nutzung der Marke enthalten, wenn er damit Produktklassen bewirbt, für die die Marke angemeldet ist.
Entscheidend ist dabei immer, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt. Es lässt sich jedoch festhalten: Je ähnlicher die verwendeten Zeichen und je ähnlicher die angebotenen Produkte sind, desto näher liegt eine Markenverletzung. Bei bestimmten besonders bekannten Marken geht der Schutz sogar noch weiter.
Nur wenn eine Verwechslungsgefahr eintreten kann, besteht also überhaupt die Möglichkeit, dass in der Buchung einer Marke als Keyword eine Markenverletzung zu sehen ist.
Aber kann eine Verwechslungsgefahr bei der bloßen Buchung einer Marke als Keyword überhaupt eintreten? Diese Frage hat die Gerichte in ganz Europa und darüber hinaus vielfach beschäftigt. Vollständige Klarheit gibt es jedoch noch immer nicht.
Gegen eine Markenverletzung spricht, dass AdWords-Anzeigen deutlich als Anzeigen gekennzeichnet sind. Wer nach einem BMW sucht, aber eine Anzeige für Mercedes erhält, muss davon ausgehen, dass Mercedes diese Anzeige gezielt gebucht hat, um eben auch bei einer Suche nach BMW eingeblendet zu werden. Solange die Anzeigen als solche deutlich gekennzeichnet sind, ist für eine Markenverletzung kein Raum.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat inzwischen zahlreiche Klagen zum Brand-Bidding entschieden. Eine endgültige Aussage hat das Gericht dabei allerdings vermieden. Nahezu mantramäßig wiederholt der EuGH in seinen Urteilen, dass eine Markenverletzung vorliege,
„wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke … oder vielmehr von einem Dritten stammen.“
Können Nutzer erkennen, dass keinerlei Verbindung vorliegt, ist somit eine Markenrechtsverletzung ausgeschlossen.
Mit der Frage, wann eine derartige Verbindung vorliegt, lässt der EuGH Werbende und Markeninhaber alleine. In ganz Europa sind seitdem Entscheidungen zum Brand-Bidding ergangen - mit unterschiedlichem Ausgang.
Für Deutschland gilt der Grundsatz, dass eine fremde Marke als Keyword verwendet werden darf. Der Bundesgerichtshof hat in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, dass die Kennzeichnung als Anzeige eine Verwechslungsgefahr in der Regel ausschließe und die Nutzer die vom EuGH für entscheidend erachtete wirtschaftliche Verbindung nicht annehmen würden. Dafür bedürfe es auch keines Hinweises in der Anzeige selbst.
Ist die Marke, die als Keyword gebucht werden soll, besonders bekannt, kann das Ergebnis genau andersherum ausfallen. Insbesondere, wenn sich ein eher unbekannter Wettbewerber an den guten Ruf einer besonders bekannten Marke heranhängen möchte, sehen dies auch die deutschen Gerichte kritisch.
Abbildung 1: Anzeige für eis.de bei Buchung des Keywords "Beate Uhse"
Problematisch ist auch, wenn durch die Anzeige eine besonders bekannte Marke als besonders teuer herabgewürdigt wird. So hat der Bundesgerichtshof letztinstanzlich dafür gesorgt, dass eine Anzeige von „eis.de“, die eingeblendet wurde, wenn der Nutzer nach „Beate Uhse“ suchte, verboten wurde. Beate Uhse sei als Marke derart bekannt, dass ein Hinweis auf einen sehr großen Rabatt (94 %) dazu führe, dass die Marke herabgewürdigt werde.
Abbildung 2: AdWords Anzeige von Fleurop
Eine Unzulässigkeit kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Der BGH hat beispielsweise die Anzeige eines Online-Blumenhändlers für unzulässig erachtet. Dieser hatte seine Anzeigen bei der Eingabe des Keywords „Fleurop“ ausliefern lassen, ohne selbst Fleurop-Vertriebspartner zu sein. Der BGH hat hier zugunsten des Markeninhabers entschieden und befunden, dass die Google-Nutzer davon ausgehen würden, dass der Werbende ein Vertriebspartner von Fleurop sei.
Dieses Ergebnis lässt sich sicher nicht verallgemeinern. Wer aber mit fremden Marken in Deutschland werben möchte, sollte noch einmal kritisch prüfen, ob der Nutzer davon ausgehen könnte, dass zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.
Fakt ist jedoch: Die Buchung von fremden Marken als Keywords ist in Deutschland grundsätzlich möglich. Vorsicht ist geboten, wenn die besondere Bekanntheit einer Marke ausgenutzt wird oder wenn zusätzliche Umstände hinzukommen, die eine wirtschaftliche Verbindung vermuten lassen (Beispiel: Fleurop-Fall).
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass für die rechtliche Beurteilung einer Google-Anzeige das gebuchte Keyword nicht alleinentscheidend ist. Wer etwa „Möbelhaus“ bucht, wird womöglich auch ausgeliefert, wenn der Nutzer nach „IKEA Möbelhaus Berlin“ sucht. Ob eine Anzeige zulässig ist, entscheidet sich allein nach der Suchanfrage, nicht dem gebuchten Keyword, weil der Google-Nutzer nicht vollständig wissen kann, warum die Anzeige eingeblendet wird.
Tipp: Werbende, die hier unsicher sind, oder sich etwa zur Unterlassung der Buchung bestimmter Keywords verpflichtet haben, sollten die Konkurrenzmarken als negatives Keyword ausschließen.
In Ausnahmefällen kann auch die Standardeinstellung Broad Match (bzw. weitgehend passende Keywords) eine Falle sein. Bei dieser Einstellung liefert Google die Anzeigen nicht nur bei vollständiger Übereinstimmung aus, sondern auch bei Synonymen. Die genaue Festlegung, was ein Synonym ist, übernimmt Google selbst. Dies kann im Ausnahmefall zu Problemen führen. Werden zum Beispiel generische Begriffe und die (eigene) Marke über Broad Match gebucht, können auch ähnliche Marken angezeigt werden. So kann bei der Suche nach Hilton Hotel München theoretisch eine Anzeige des Marriot Hotel München mitangezeigt werden. Der Werbende selbst hat darauf keinen Einfluss. Am Ende ist es eine Auslegungsfrage, ob ein Nutzer zwischen dem gesuchten Hilton Hotel und der Marriot-Anzeige eine Verbindung sieht. Umgangen werden kann das Problem in dem Exact Match als Option ausgewählt oder Konkurrenzmarken als negative Keywords ausgewählt werden.
Der Werbende ist stets für die Auslieferung der Anzeige verantwortlich. Er kann sich nicht auf Unkenntnis berufen. Vielmehr werden die Gerichte regelmäßig die Kenntnis der Funktionsweise von Google unterstellen.
Eine gänzlich andere Frage ist, ob der Werbende die Marke auch in der Anzeige selbst verwenden darf. Hier ist der Grundsatz genau andersherum: in der Anzeige darf die Marke nicht erscheinen. Erscheint die Marke in der Anzeige, wird der Google-Nutzer einen wirtschaftlichen Zusammenhang vermuten. Es ist somit davon auszugehen, dass eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn die fremde Marke in der eigenen Anzeige erscheint.
Auch hierbei gibt es jedoch gewichtige Ausnahmen: ist der Werbende zu der Nutzung der Marke ausnahmsweise berechtigt, darf die Marke auch in der Anzeige erscheinen. So sieht das Markengesetz etwa Ausnahmen vor für Reseller von ordnungsgemäß in den Verkehr gebrachten Waren. Wer also mit T-Shirts einer bestimmten Marke handelt, darf diese Marke auch in der Anzeige selbst erwähnen. Gleiches gilt auch für nachgelagerte Märkte. Wer etwa Zubehörteile oder Reparaturleistungen anbietet, darf die Marken, für die solche Leistungen angeboten werden, auch in einer Adwords-Anzeige nennen. Von dieser Ausnahme profitieren dürften auch Plattformen und Marktplätze, die Waren oder Dienstleistungen der bestimmten Marke im Portfolio haben. Nicht entschieden ist bisher, ob dies auch für Vergleichsportale oder Preissuchmaschinen gilt.
Wichtig ist, dass eine Privilegierung nur gilt, wenn der Werbende die angebotenen Produkte wirklich ernsthaft im Portfolio hat. Wenn der Händler nur einige wenige Produkte der konkreten Marke – letztlich zum Schein – anbietet, halten Gerichte die Verwendung der Marke in der Anzeige für unzulässig.
Klar unzulässig ist die Verwendung der Marke durch Wettbewerber oder Verkäufer von Konkurrenzprodukten.
Wer zu der Verwendung einer fremden Marke in der Anzeige nicht berechtigt ist, muss bei der Anzeigen-Schaltung vor allem aufpassen, nicht Keyword-Insertion auszuwählen. Das eigentlich zulässige Brand-Bidding wird über die automatische Integration des Suchbegriffs in die Anzeige zur Markenverletzung.
Häufig werden Werbetreibende feststellen, dass Google die Buchung von Marken als Keywords nicht zulässt. Hierbei liegt der Grund häufig darin, dass der Markeninhaber eine Markenbeschwerde bei Google eingelegt hat und so verhindert, dass auf seine Marke gebucht werden kann. Werbenden ist so die Möglichkeit genommen, eigene Anzeigen bei der Suche nach fremden Marken einzublenden.
Abbildung 3: Suche nach "Luxusuhren" bei Google, Anzeigen mit Rolex
Wer berechtigt ist, mit fremden Marken zu werben, muss solche Beschränkungen nicht hinnehmen. Dies hat der BGH in einem Streit zwischen dem Luxusuhren Hersteller Rolex und einer Plattform für den An- und Verkauf gebrauchter Luxusuhren entschieden. Rolex hatte von der Möglichkeit einer Markenbeschwerde bei Google Gebrauch gemacht. Die Plattform hatte Rolex dazu aufgefordert, eine konkrete Anzeige bei Google zuzulassen. Dies hat Rolex abgelehnt und letztlich vor dem BGH verloren.
Der Bundesgerichtshof hat festgehalten, dass es zwar grundsätzlich zulässig sei, eine allgemeine Markenbeschwerde bei Google einzulegen, um unzulässiger Markenverwendung entgegenzutreten. Wenn im Einzelfall zulässige Ausgestaltungsmöglichkeiten bestehen, muss der Markeninhaber diese jedoch freigeben. Tut er dies nicht, liegt darin eine unbillige Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG. Dagegen besteht gegebenenfalls ein Unterlassungsanspruch.
Wer sich also für berechtigt hält, eine Anzeige zu schalten, die bei Buchung einer bestimmten Marke erscheinen soll oder die die Marke in der Anzeige selbst enthält, und feststellt, dass einem Markenbeschwerde die Schaltung der Anzeige unmöglich macht, kann die Markeninhaber dazu auffordern, gegenüber Google die Schaltung von Anzeigen freizugeben. Kommt der Markeninhaber diese Bitte nicht nach, kann der werbende die Markeninhaber abmahnen und gegebenenfalls seine Ansprüche gerichtlich geltend machen lassen.
1. Die Buchung fremder Marken als Keyword ist grundsätzlich zulässig.
2. Unzulässig ist das Brand-Bidding dagegen, wenn die Anzeige den Eindruck einer wirtschaftlichen Verbindung vermittelt.
3. Unzulässig ist das Brand-Bidding, wenn ein kleiner Wettbewerber die Wertschätzung einer großen Marke ausnutzt oder herabsetzt.
4. Die Verwendung fremder Marken in der Anzeige selbst ist grundsätzlich verboten.
5. Erlaubt ist die Nutzung aber vor allem Online-Shops, die Produkte der Marke anbieten.
6. Werbende müssen eine Google-Markenbeschwerde nicht klaglos hinnehmen.
7. Wer von einer Markenbeschwerde betroffen ist, kann den Markeninhaber auffordern, der Schaltung einer Anzeige zuzustimmen.
Veröffentlicht am Jul 20, 2015 von Martin Schirmbacher