Webmaster-Foren sind voll von herzzerreißenden Beiträgen über völlig unerwartete SEO-Katastrophen, die nicht vom Website-Betreiber verschuldet wurden. Dieser Artikel spiegelt in weiten Teilen die 14-jährige Search-Erfahrung des Autors wider – unter anderem während der Arbeit für Google. SEO ist meine anhaltende Leidenschaft. Und es kann auch Deine sein. Lies weiter.
Manchmal scheint es eine negative SEO-Kampagne eines Konkurrenten zu sein, die legitime und verdiente Rankings zerstört. In anderen Fällen ist die Suchmaschine die Schuldige, die aus Profitgier und Unbarmherzigkeit oder möglicherweise sogar absichtlich der einen Website die Spitzenrankings entzieht, die sie aber nach Meinung ihres Betreibers wirklich verdient hat. Gelegentlich hat es den Anschein, dass all die harte Arbeit und Bemühungen, den PageRank durch Linkbuilding zu verbessern, nicht so respektiert werden wie sie sollten. Stattdessen werden Websites ungerechtfertigt und willkürlich abgestraft und so daran gehindert, ihre "natürliche" Spitzenposition zurückzuerobern.
Diese nur leicht übertriebene Zusammenfassung von unzähligen SEO-Desaster-Geschichten, die in Foren erzählt werden, lässt allerdings einen wichtigen Punkt außer Acht. Was auch immer der Grund für weniger gute Rankings in Suchmaschinen sein mag – es ist letztendlich mit ziemlicher Sicherheit der Fehler des Website-Betreibers. Website-Rankings werden nicht gewürfelt – sie sind die direkte Folge von On- und Off-Page-Signalen, die Suchmaschinen beim Crawlen auswerten. Es liegt in der Verantwortung eines jeden Website-Betreibers, die Signale seiner Website so konsistent wie möglich zu gestalten. Misserfolge im Suchmaschinen-Ranking können vermieden werden. Und können in Ranking-Erfolge umgewandelt werden.
Suchmaschinen hegen keinen Groll gegen einzelne Websites oder deren Betreiber. Ihr einziges Ziel ist, ihre Nutzer zufrieden zu stellen. Für Suchmaschinen ist es unerheblich, welche Website oder Landingpage für eine bestimmte Suchanfrage an erster Stelle steht, solange die Nutzer mit den Ergebnissen zufrieden sind. Suchmaschinen-Rankings sind vollständig abhängig von Signalen. Was großartig für alle Website-Betreiber ist – einschließlich derer, die glauben, ihre Websites sollten in der Suche besser abschneiden – denn für diese relevanten SEO-Rankingsignale kann gezielt optimiert werden. Und darum geht es bei datengetriebener Suchmaschinen-Optimierung.
Es fällt nicht schwer, sich in frustrierte Website-Betreiber hineinzuversetzen. Die Öffentlichkeit, die ihren Problematiken Luft macht, ist jedoch oft fehlgeleitet. Um einen Vergleich zu ziehen: Die meisten Autofahrer würden keinem anderen die Schuld geben, wenn sie ihr Auto beim Ausparken beschädigen. Oder wenn sie falsch abbiegen und mit ihrem Auto im Graben landen. Schließlich sitzen sie hinter dem Steuer und haben somit die Verantwortung. Natürlich kann auch einmal etwas bei der Fahrzeugwartung schief laufen oder Verschleißteile kaputt gehen, aber der Fahrer ist dennoch in der Pflicht, sicherzustellen, dass das Auto fahrtüchtig ist, bevor er den Motor startet. Während die meisten Menschen dieser Sichtweise zustimmen werden, scheint in Sachen Website Performance oftmals das Gespür für Eigentum und Verantwortung zu fehlen. Eigentlich seltsam, wenn man doch bedenkt, dass viele der Websites, die in den Suchergebnissen sichtbar sein sollen, kommerziell und umsatzorientiert sind.
Die überdramatisierten Zeilen zu Beginn dieses Artikels spiegeln unzählige Diskussionen aus dem wirklichen Leben wider, die sich um das Thema drehen und oft eine egozentrische Perspektive teilen. Selten werden jedoch die User oder eine spezifische Zielgruppe als die von Ranking-Fehlern primär betroffene Gruppe identifiziert und vielmehr Ansprüche gestellt. Sichtbarkeit in den Suchmaschinen und der daraus resultierende, kostenlose Traffic wird als selbstverständlich angesehen. Traffic-Anstiege scheinen völlig legitim zu sein. Im Gegensatz dazu sorgen Traffic-Einbrüche – egal wie saisonal oder temporär – für Entsetzen. Die Realität könnte sich jedoch nicht extremer unterscheiden. Die Ergebnisse in Suchmaschinen verändern sich kontinuierlich. Statische Rankings gibt es nicht. Jede Position ist lediglich eine sekundenschnelle Momentaufnahme. Auch ohne Änderungen der On- oder Off-Page-Signale einer Website gibt es unzählige Gründe, warum die SERPs natürlichen Schwankungen unterliegen. Es gibt natürlich Live-Tests, die von den Suchmaschinen mit einer limitierten Anzahl von Suchanfragen durchgeführt werden, um neue Hypothesen zu verifizieren. Neue Algorithmus-Releases und Updates bestehender Algorithmen können ebenso Einfluss ausüben. Einige dieser Änderungen funktionieren möglicherweise nicht wie gewünscht und werden zeitnah wieder zurückgenommen, was zu noch mehr Aufruhr in den SERPs führt. Prosaischer und weniger dramatisch ist, dass sowohl neue Konkurrenz-Websites als auch auf SEO-Signale optimierte Websites bestehender Mitbewerber genau den gleichen Effekt haben. Es ist daher sinnvoll, auf eine hohe Sichtbarkeit für relevante Suchanfragen hinzuarbeiten, ihre Schwankungen zu akzeptieren und den Erfolg zu genießen, wenn es an der Zeit ist.
Die Indikatoren sind eindeutig: Suchmaschinen sind einzelnen Websites gegenüber tendenziell völlig objektiv. Diese leidenschaftslose Haltung ist verständlich. Schließlich gibt es für jede Nutzeranfrage nur einen Top-Spot, der alle noch nie gestellten Fragen beinhaltet. Wenn also die eine Website nicht liefert, gibt es meist unzählige Alternativen. Abgesehen davon sind Sichtbarkeitseinbußen von Websites – selbst wenn sie durch tatsächliche Abstrafungen verursacht werden – nie durch Vorurteile oder Voreingenommenheit ausgelöst. Die Chancen stehen gut, dass alle zugehörigen Websites immer noch gut indiziert sind und sogar für die relevanten Suchanfragen ranken. Gleichzeitig ist es genau diese unparteiische Gleichgültigkeit, die mit der Annahme aufräumt, Suchmaschinen und Website-Betreiber seien gleichberechtigte Partner im Online-Geschäft. Das sind sie nicht. Suchmaschinen werden immer geeignete Website-Alternativen für Nutzeranfragen finden, während hingegen all die Websites vom organischen Traffic einer einzigen Suchmaschine abhängig sind.
Während kein Unternehmen es für akzeptabel hält, in beängstigender Weise von den Launen einer unberechenbaren dritten Partei abhängig zu sein, die weder Kunde noch Auftraggeber ist, verlassen sich viele Online-Unternehmen in hohem Maße ausschließlich auf organischen Suchmaschinen-Traffic. Ein gefährliches Gefühl des Anspruchs scheint sich einzuschleichen, wenn ohne große Anstrengung Traffic über Suchmaschinen generiert wird. Eine leichtsinnige Einstellung, die schon nach kurzer Zeit katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen kann, wenn der Strom des kostenlosen Suchmaschinen-Traffics über Nacht zu einem Bruchteil reduziert wird. Auch sollte kein Unternehmen maßgeblich von nur einer Lead- oder Traffic-Quelle abhängig sein. Vielfalt ist ein wichtiger Überlebensfaktor. Die Frage, wie der Geschäftsbetrieb ohne hohes Aufkommen von organischem Google-Traffic weitergeführt werden kann, sollte am besten schon gestellt werden, bevor diese Situation Realität wird. Neben der Vielfalt der Traffic-Quellen ist auch die Unabhängigkeit der Traffic-Quellen, d.h. der Type-In Traffic, essentiell. Das letztgenannte Ziel ist nicht nur machbar, sondern die Belohnung für einen hervorragenden, überlegenen Service. Wer sich fragt, wie dieses Ziel zu erreichen ist, sollte überlegen, wie er/sie selbst Flüge oder Hotels bucht oder online shoppt. Die meisten Nutzer steuern ihre bevorzugten, bewährten Websites direkt an. Und das aus gutem Grund.
Der Schlüssel für dauerhaften Online-Erfolg liegt nicht nur darin, einmal gute Rankings zu erzielen. Das übergreifende Ziel sollte sein, eine hohe Sichtbarkeit für relevante Suchanfragen zu erreichen. Doch Rankings sind und bleiben temporär. Deshalb sollten sie als geschäftsfördernder Faktor, aber niemals als Geschäftsgrundlage gesehen werden. Die eigentliche Geschäftsgrundlage stellt in erster Linie das Alleinstellungsmerkmal dar.
Organischer Traffic und in diesem Sinne Suchmaschinenoptimierung haben das Potenzial, Conversions und Umsatz voranzutreiben. Daher sollten sie immer unter genauer Beobachtung stehen. Allerdings ist qualifizierte Verantwortung – nicht enthusiastische Eigenverantwortung – das Leitmotiv. Denn der verantwortungsbewusste Autofahrer, der kein gelernter Mechaniker ist, wechselt vielleicht einen platten Reifen, scheut sich aber sehr wahrscheinlich vor dem Wechsel eines defekten Auto-Getriebes. In letzterem Fall sind besondere Kenntnisse, Spezialwerkzeug und Erfahrung erforderlich. Ähnlich verhält es sich mit einer Website: Keine noch so großer Arbeitsaufwand kann die Anwendung veralteter oder nur vermeintlich bewährter Praktiken kompensieren. Ohne das nötige Know-how werden die Nettoergebnisse belanglos oder sogar negativ ausfallen. Dieser Vergleich zeigt auch ein weiteres wichtiges Merkmal der Suche: Optimierung ist ein kontinuierlicher Prozess.
Abhängig von den technischen Kompetenzen des Website-Betreibers sowie der Größe und Komplexität der Website gibt es einige Maßnahmen, die vermeidbare Einbrüche in der organischen Suche verhindern können – jedoch ohne Ranking-Garantie. Eine solche Garantie ist illusorisch. Am ehesten lässt sich ein gewisses Maß an Sicherheit durch jährlich schützende SEO-Audits erreichen, die ähnlich wie die Wartungszyklen von Autos durchgeführt werden. Es gibt jedoch sowohl einmalige als auch fortlaufende Maßnahmen, die das Potenzial haben, gesunde Website-Rankings zu erhalten oder sogar zu steigern:
1. Die Google Search Console gibt einen Einblick in die Signale, die Google auf Websites erkennt. Deshalb ist das Hinzufügen der Domain-Property und des URL-Präfixes aller primären Subdomains und der blanken Domain, sowohl für http als auch für https, von entscheidender Bedeutung, um so viele dieser Erkenntnisse wie nur möglich zu sammeln. So werden Vermutungen oder Zweifel oft durch verifizierte Insights ersetzt.
2. Jeder, der eine Website betreibt, die aus Hunderten oder noch mehr Landing Pages besteht, ist gut beraten, rohe Webserver-Logs zu sammeln und aufzubewahren. Diese Daten können nie wiederhergestellt werden, wenn sie nicht aufgezeichnet werden. Und sie können äußerst relevante Erkenntnisse liefern, wenn sie ausgewertet werden. Durch das Wachstum von Websites wird das Management des Crawling-Budgets noch wichtiger und somit historische Server-Log-Daten immens wertvoll.
3. Backlinks sind das Grundgerüst des World Wide Web. Lange bevor PageRank ein Ranking-Faktor von Google wurde, halfen Backlinks den Crawlern, neue Inhalte zu entdecken. Heute dient der Aufbau von Backlinks vor allem dazu, Inhalte zu finden, das Suchmaschinen-Crawling zu priorisieren, Nutzer zu navigieren und Traffic zu konvertieren und ist nach wie vor ein sehr wichtiger Schritt zum Online-Erfolg. Im Gegensatz zum Aufbau von Backlinks zur Verbesserung des PageRanks ist dies auch konform mit den Google Webmaster-Richtlinien.
4. Alle anderen Faktoren gleichen in etwa den Maßnahmen für schneller ladende Websites. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass Nutzer schneller ladende Websites gegenüber langsameren bevorzugen. Geschwindigkeit ist ein Erfolgsfaktor, weshalb Schritte wie Bildoptimierung, Browser-Caching, Minifying von CSS, JS und HTML, Komprimierung und eine geringe Anzahl an Weiterleitungen zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren gehören.
5. Google mag Websites, die auch bei den Usern beliebt sind. Die Zielgruppe in den Fokus zu rücken, ist eine der effektivsten Optimierungstechniken. Deshalb sollten die Erwartungen der User während ihrer gesamten Experience mit der Website erfüllt werden – angefangen bei der Snippet-Darstellung. Eine beliebte Website hat auch in einem hart umkämpften Markt immer eine Chance, sich durchzusetzen.
Die Umsetzung dieser fünf Best Practices kann dabei helfen, schlechte Rankings zu verhindern. Und auch wenn sie auf jede Website anwendbar sind, sind damit bei Weitem noch lange nicht alle Möglichkeiten zur Verbesserung der SEO-Signale einer Website ausgeschöpft. Sie geben nur Anhaltspunkte, um mit den ersten Schritten zur Steigerung der organischen Sichtbarkeit zu starten. Es gibt natürlich noch weit fortschrittlichere Methoden und Techniken, um immer wieder an der Konkurrenz vorbei zu ziehen. Darum geht es bei SEO. Ein nie endender Wettbewerb um die Aufmerksamkeit und Bestätigung der User, die schnellsten Ladezeiten, Erwähnungen und konvertierende Links. Wenn alles richtig gemacht wird, sind die Ergebnisse nicht nur erfreulich, sondern haben sich auch extrem gelohnt.
Veröffentlicht am Apr 7, 2021 von Kaspar Szymanski