Kohortenanalyse


Die Kohortenanalyse ist ein Verfahren, das ursprünglich aus der Bevölkerungswissenschaft stammt. Damit kann die Verhaltensänderung einer Gruppe mit einem gemeinsamen demographischen Merkmal in einem bestimmten Zeitraum analysiert und ausgewertet werden. Heute werden Kohortenanalysen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Bereichen angewandt, so auch in der Wirtschaftssoziologie. Je nach Definition wird die Kohortenanalyse auch als Longitudinalstudie bezeichnet.

Geschichte und Hintergrund

Die Kohortenanalyse bzw. die Längsschnittbetrachtung wurde unter diesem Namen erstmals im Jahr 1949 von dem Bevölkerungswissenschaftler Whelpton durchgeführt. Sein Ziel war es, mit dieser Methode den Anstieg der Geburtenrate in den Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zu analysieren. Zuvor wurde das Verfahren auch von NS-Forschern dazu genutzt, um die Effizienz der Bevölkerungspolitik des Regimes einzustufen. Das Ziel dieser Studien war es, den Zusammenhang zwischen steigenden Geburtenzahlen und dem Abstand zwischen den einzelnen Geburten zu ermitteln.

Heute wird das Verfahren sowohl bei medizinischen Forschungen, unter anderem in der Pharmakogenetik angewandt, als auch für wirtschaftswissenschaftliche Zwecke zur Marktforschung genutzt, zum Beispiel um Verhaltensunterschiede zu analysieren.

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Kohorte

Die ursprüngliche Definition einer Kohorte (Englisch:cohort) ist eine Gruppe von Personen, die über ein gleiches demographisches Merkmal verfügt. Dies kann zum Beispiel das Geburtsjahr, das Geburtsjahrzehnt oder auch der Zeitpunkt der Einschulung eines bestimmten Jahrgangs sein. Im Rahmen einer Kohortenanalyse können auch mehrere Kohorten miteinander vergleichend untersucht werden.

Typen

Grundsätzlich lassen sich Kohortenanalysen- bzw. –studien in drei verschiedene Typen einteilen. Denn eine einheitliche Definition des Verfahrens gibt es nicht.

  • In einem ersten Schritt wird eine Untersuchung eine Kohortenstudie genannt, wenn eine Kohorte mehr als einmal innerhalb eines längeren Zeitraums analysiert wird. In diesem Fall kann man auch von Longitudinalstudie sprechen.
  • In einem zweiten Fall bezeichnet die Kohortenstudie eine Analyse, die auf unabhängig voneinander durchgeführten Stichproben aus einer Kohorte zu unterschiedlichen Zeitpunkten basiert.
  • Der dritte Typ bezieht sich auf Studien an mehreren Kohorten zu verschiedenen Zeitpunkten.

In der Wirtschaft wird häufig der zweite Typ angewandt. Dann werden zunächst Altersgruppen segmentiert, welche für die Nachfrage an einem bestimmten Produkt oder einer Marke stehen. Diese Gruppen werden schließlich in unterschiedlichen Zeitabständen untersucht.

Mögliche Untersuchungsschwerpunkte

Man spricht von sogenannten „Kohorteneffekten“, wenn sich eine Kohorte durch ein bestimmtes Verhalten auszeichnet. So kann es zum Beispiel einen Unterschied bedeuten, wenn eine Konsumentengruppe mit gleichem Alter in unterschiedlichen Jahren analysiert wird. In dem Fall haben die einzelnen Kohorten für ihre Gruppe spezifische Kaufstile entwickelt. Solche Unterschiede lassen sich mit Hilfe der Kohortenanalyse identifizieren.

Alterseffekt

Im Rahmen einer Kohortenanalyse lassen sich häufig auch Alterseffekte ausmachen. Hierbei handelt es sich um Veränderungen der Gewohnheiten, die sich auf das höhere Alter der Konsumenten und den damit verbundenen Lebenseinstellungen zurückführen lassen. So können zum Beispiel eigene Kinder, eine Hochzeit oder den Erwerb von Wohneigentum das Konsumverhalten einer Kohorte nachhaltig verändern.

Periodeneffekt

Von sogenannten „Periodeneffekten“ wird gesprochen, wenn es sich um Einflüsse handelt, die generationsunabhängig und unabhängig von soziodemographischen Faktoren entwickeln. Dabei kann es sich zum Beispiel um die Einführung neuer technischer Geräte wie Smartphones oder Technologien wie dem Internet handeln.

Nutzen für das Online Marketing

Kohortenanalysen liefern die Grundlage für Marktentscheidungen im Marketing allgemein oder im Online Marketing im Besonderen. So lassen sich einige Analysen anhand gängiger Tools wie Google Analytics problemlos erstellen. Ein Ziel dieser Untersuchungen kann es sein, mehr über die Nutzerbindung herauszufinden.

Die vorhandenen Daten zu Websites können aufgrund der eingestellten Segmentierung auch über längere Zeiträume untersucht werden. So ist es beispielsweise möglich, sofern vorhanden, Aussagen über das Kaufverhalten von Besuchern aus einer bestimmten geographischen Region zu treffen. Zudem kann auch das Kaufverhalten während Marketingmaßnahmen analysiert werden. Beispielsweise ist es möglich, herauszufinden, ob in einem Online-Shop häufiger wiederkehrende Besucher oder neue Besucher einkaufen. Für größer angelegte Kohortenanalysen im Online Marketing können die Daten mehrerer Quellen zu Big Data zusammengeführt werden, um noch relevantere Ergebnisse zu erzielen.

Beispiel

Online-Shops können mit Hilfe einer Kohortenanalyse feststellen, wie häufig Bestandskunden eines gewissen Alters oder einer bestimmen Region Angebote des Online-Händlers wahrgenommen haben.

Nach der Auswertung der Daten kann der Online-Shop zum Beispiel seine Marketingmaßnahmen anpassen, indem gezielt die Stammkunden angesprochen werden, die im untersuchten Zeitraum nur ein Mal im Shop eingekauft haben.

Alternativ können diese Gruppen auch im Rahmen einer Kundenumfrage angesprochen werden, um die genauen Gründe für den Kaufabstinenz zu erfahren.

Der Vorteil der Kohortenanalyse im Online-Marketing besteht darin, dass viele Daten bereits vorhanden sind und mit Hilfe von Kohorten segmentiert werden können. Durch die digitale Ausrichtung kann jede Zugriffsquelle oder jeder Touch-Point erfasst und ausgewertet werden. So hilft schon ein einfaches Logfile dabei, Kohorten aus Besuchern zu erstellen, die innerhalb eines definierten Zeitraums mit einem bestimmten Browser auf das Webangebot zugegriffen haben. Zugleich lassen sich Kohortenanalysen auch auf Keyword-Rankings oder Sichtbarkeitsentwicklungen anwenden. Über die gängigen Webanalyse-Tools hinaus kann die Kohortenanalyse auch dabei helfen, verschiedene Datensätze miteinander zu verknüpfen und zu analysieren. So können neue Kunden- oder Zielgruppen für Targeting- oder Retargeting-Kampagnen erstellt werden. Wichtig bei allen Analysen ist jedoch, dass der Datenschutz jederzeit eingehalten wird und sensible Daten beim Zusammenführen anonymisiert werden.

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