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Top-Rankings – ohne moderne SEO-Mythen

Früher war alles einfacher: Da konnte man in so genannten Rankingfaktoren-Studien herausfinden, dass Texte mit acht Prozent Keyword-Dichte bei Google besser ranken als mit 4,5 Prozent. Das war zwar damals schon falsch – doch wir waren noch nicht schlau genug, das herauszufinden. Heute ist das anders.

In fast jedem Seminar habe ich einen Teilnehmer (Frauen scheinen für Mythen weniger anfällig zu sein), der auf Keyword-Dichte und mindestens 1.000 Wörter pro Text besteht. Der schwört, dass ein Text nicht ranken kann, wenn die Headline nicht in einem H1-Tag steht. Und, ja: Das sind schöne einfache Regeln, die wir auch heute noch an vielen Stellen lesen. Und warum? Weil sie schön einfach sind. So was mag unser Gehirn.

In den Seminaren schauen mich dann alle erwartungsvoll an und wollen endlich wissen, wie man einen ansprechenden Text schreibt, der 1.000 Wörter lang ist und 81 Mal (wegen acht Prozent Density und der Headline) das Wort Asthma enthält. Weil ich darauf aber natürlich keine Antwort habe, mache ich etwas anderes in der Gruppe: Wir schauen uns die Top-10 für das Keyword an und fragen uns, warum die Seiten, die da stehen, dort stehen. Und siehe da: Das Thema Textlänge und Keyword-Dichte ist vom Tisch. Warum? Weil diese Regeln trotz (oder gerade wegen) ihrer Einfachheit falsch sind. Und weil man mit etwas Logik und einem Realitäts-Check fast immer Mythen von Wahrheit unterscheiden kann.

Genau das wollen wir jetzt machen. Die fünf häufigsten Mythen sind:

[1. SEO-Texte sollen lang sein](#Länge SEO-Texte)
[2. Haupt- und Nebenkeywords sorgen für Spitzenpositionen](#Keywords Spitzenpositionen)
3. Mache es wie die Konkurrenz
[4. SEO-Texte brauchen hohe Qualität](#hohe Qualität)
5. Neue Beiträge veröffentlichen, damit die Seite aktuell ist
Fazit: Die eine Regel, die immer hilft

Mythos 1: SEO-Texte sollen lang sein

Ob man sie Holistische Landingpages, Onepager oder Pillowpages nennt: Viele Content Marketer empfehlen umfassende und lange Texte. Warum? Manchmal denke ich, weil sie für lange Texte mehr Geld nehmen können als für kurze. Doch das ist natürlich eine fiese Unterstellung.

Wirklich hartnäckig ist dieser Bullshit, weil diese Regel nicht nur schön einfach ist, sondern auch logisch klingt: Wenn wir nicht genau wissen, was die Zielgruppe wirklich erwartet, schreiben wir halt einfach alles rein, was man etwa über „Atemschutzmasken“ wissen kann. Das dauert dann zwar 3.000 Wörter – aber es wird schon das drin stehen, was die Zielgruppe will. Richtig?

Falsch! Denn erstens gibt es nicht DIE eine Zielgruppe, sondern viele und noch mehr unterschiedliche User-Intentionen. Und zweitens hat niemand Spaß daran, in einem Textmeer nach einer kleinen Detailinformationen zu suchen. Zwar kann man über jedes Thema, also auch Atemschutzmasken, sehr viel schreiben. Da geht es um Tragekomfort für Brillenträger, Schnittmuster zum Selbstbauen, wie man sie wäscht oder ob es bei Aldi grad welche gibt. Doch: Wie sollte das in einen Text passen?

Also: Es geht selten um Länge. Und falls – möglicherweise testweise – doch ziemlich viel in einem Beitrag zusammengefasst werden soll, dann bitte sehr, sehr übersichtlich und mit Zwischenheadlines sowie einer Sprungmarkennavigation. 2.000-Wörter-Texte auf Produktkategorieseiten unter den Produkten und ohne Struktur machen im Jahr 2020 eigentlich nur Arbeit – aber keinen Sinn.

Praxistipp 1 Mach dir das Leben leichter und denke erst nach: Was ist wirklich sinnvoller Content für die Seite, an der du gerade arbeitest? Wer ist deine Zielgruppe, welche Bedürfnisse hat diese (und nicht DER Nutzer) und womit kannst du das wirklich beantworten? Das können auch Links zu anderen Seiten oder eine Infografik sein. Langer Text ist – nicht immer, aber häufig – einfach nur phantasielos.

Mythos 2: Haupt- und Nebenkeywords sorgen für Spitzenpositionen

Bitte genau lesen: Es geht um Spitzenpositionen, nicht um mittelmäßige Rankings zwischen Position 20 und 30. Und schauen wir uns mal die Rankings für "Asthma" an.

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Abbildung 1: Artikel zum Thema "Was ist Asthma?"

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Abbildung 2: Google Suchergebnisse zu "Asthma"

Auf Platz zwei sind die Lungenärzte im Netz – eine Seite die nicht nur sehr kurz, sondern auch überhaupt nicht „auf Keywords“ geschrieben ist. Das Hauptkeyword „Asthma“ ist dort ganz offensichtlich viel zu selten, „Behandlung“, „Symptome“, „Diagnose“ und „Patienten“ fehlen völlig. Auf Platz sechs und sieben sind zwei Seiten vom „Lungeninformationsdienst“, in denen eine ganze Menge Nebenkeywords fehlen! Und doch: Das sind Top-Rankings.

Was sagt uns das?

  • Erstens, dass man auch mit kurzen Texten super ranken kann (siehe oben).

  • Zweitens, dass man nicht versuchen muss, einen Text mit Keywords vollzu-stopfen.

Und doch: Würde keines der WDF-IDF Wörter in diesen Texten stecken, käme die Suchmaschine gar nicht auf die Idee, dass diese etwas mit dem Thema Asthma zu tun haben. Es gilt also: Wir brauchen Haupt- und Nebenkeywords dafür, der Suchmaschine und der Zielgruppe zu signalisieren, dass eine Seite in die engere Auswahl, auf eine Shortlist, gehört. Ob die Seite es dann aber auf eine Top-Position schafft, hängt offensichtlich von etwas anderem ab.

Praxistipp 2 Also ist eine WDF-IDF-Analyse als Trust-Signal wichtig, damit sie in die Shortlist kommt. Aber es geht nicht um den blauen Balken in den Keyword-Empfehlungen. Es geht um die Detail-Analyse. Bei Ryte findest du dort eine Spalte mit der Überschrift „Seiten“. Hier gilt: Ein Begriff, der gerade mal bei vier Seiten vermerkt ist, ist vermutlich nicht so nützlich für den Trust wie die Begriffe, bei denen hohe Zahlen wie „9“ oder „8“ stehen.

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Abbildung 3: Keywordempfehlungen aus Ryte's Content Success

Mythos 3: Mache es wie die Konkurrenz

Ich weiß, dass viele Agenturen viel Geld mit „Konkurrenzanalysen“ verdienen. Das mag auch durchaus sinnvoll sein. Aber häufig kommt dabei so etwas raus: „Wir haben gesehen, dass die Konkurrenz folgende Inhalte hat. Und weil die damit super ranken, solltest du das auch machen.“

Denken wir das in Zeitlupe durch: Da will jemand für, sagen wir mal, „Asthma“, eine Top-Position erlangen. Also schaut jemand in der Agentur in die Suchergebnisse, analysierst die Top-Seiten auf messbare Werte wie Textlänge, Ladezeiten, Keywords Backlinks und empfiehlt, all das auch zu machen.

Finde den Fehler! Der lautet: Wenn auf einer neuen Seite das steht, was die anderen auch schon über Asthma geschrieben haben, braucht Google keine neue Seite. Deshalb, ein bisschen mehr Komplexität bitte:

  • Natürlich ist es sinnvoll, eine das Thema inhaltlich semantisch (also über Nebenkeywords) zu umfassen. Das haben wir bei den Keywords schon besprochen. Um zu zeigen, worum es auf dieser Seite geht, kann man mit WDF-IDF (aber auch mit anderen Techniken, dazu gehört die gute alte Recherche) arbeiten.

  • Und natürlich muss die Webseite ordentlich gebaut sein. Dabei helfen messbare Faktoren wie Ladezeiten und eine gute Crawlability. Allerdings braucht man dafür keine Konkurrenz-Analyse.

  • Eine Konkurrenzanalyse braucht man eigentlich vor allem zur Beantwortung dieser Fragen: Was ist der spezielle Ansatz auf der Seite, der Scoop, der Mehrwert? Was bietet die Seite, was die anderen nicht können?

Es geht also gerade NICHT darum, das zu machen, was die Konkurrenz schon macht. Sondern eine Lücke zu finden, die noch nicht beantwortet wurde.

Praxistipp 3 Schau dir die „Ähnlichen Suchbegriffe“ an und formuliere daraus die weiterführenden Fragen der Nutzer.

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Abbildung 4: Ähnliche Suchanfragen zu "Asthma"

Da gibt es also Leute, die sich für Asthma-Arten interessieren, andere für die Ursachen. Was sind die Symptome? Was passiert bei einem Asthma Anfall? Und gibt es einen Test dafür? So lernen wir die Fragen und vielleicht auch ein wenig die Zielgruppen kennen.

Diese Fragen werden verglichen mit dem, was die Seiten bieten, die schon top ranken: Werden dort alle Fragen ordentlich beantwortet? Meiner Erfahrung nach ist das meist nicht der Fall. Und genau das ist dann die Lücke, mit der sich eine neue Seite interessant bei Google und den Menschen machen kann. Denn das ist der Inhalt, der bislang gefehlt hat.

Und, nochmal zur Sicherheit: Es ist weder notwendig noch sinnvoll ALLE Fragen in einem Text zu beantworten. Denn Google setzt zunehmend auf „Diversity“, also Vielseitigkeit. Die schlauen Leute in Mountain View wissen sicher, dass nicht jeder alles gleichermaßen gut kann. Deshalb ist Spezialisierung vermutlich nicht nur in Ordnung, sondern sogar hilfreich.

Mythos 4: SEO-Texte brauchen Qualität

Es ist als Content Marketer mittlerweile wohlfeil zu behaupten, dass es um Qualität – auch im SEO – geht. Das ist schnell gesagt, doch: Was ist denn überhaupt „Qualität“ von Texten? Wer zehn Menschen dazu befragt, bekommt mindestens zehn Meinungen zu hören. Deshalb ist „Qualität“ als Messkriterium totaler Murks.

Mein Vorschlag für die Definition von Text-Qualität ist: Die Summe aller (guten) Eigenschaften, die vom Rezipient bei der Beantwortung seiner Frage bewusst und unbewusst wahrgenommen werden.

Das ist wiederum sehr zielgruppenspezifisch und schon allein deshalb schwer zu messen für eine Suchmaschine. Das kann sie letztlich nur anhand der Nutzersignale, die ihr zeigen, ob eine Webseite gut ankommt.

Ist „Qualität“ also aus den messbaren Kriterien vollständig raus? Nicht unbedingt. Hier einige Vorschläge, was Google bewerten könnte:

  • Rechtschreibung und Grammatik: Ich bin mir sicher, dass korrekte Schreibweise eine Rolle spielt. Warum dann SEO-Plugins wie Yoast das nicht messen? Weil das viel schwieriger ist, als die Keyword-Density zu berechnen.

  • Textniveau: Es gibt Indizes wie die Wiener Sachtextformel oder den Flesch Reading Ease. Diese messen im Allgemeinen die Länge von Wörtern und Texten und schlagen vor, dass dies ein Wert für die „Lesbarkeit“ ist. Das ist zwar auch unterkomplex gedacht, aber es ist immerhin ein kleiner Hinweise auf die Verständlichkeit des Textes. Wobei eher komplexe Themen auch gerne von eher komplexeren Texten beschrieben werden können.

  • Sprachwortschatz: Eine gute, bunte Sprache hat einen großen Wortschatz. Auch das kann Google messen. Shakespeare verfügte über einen Wortschatz von 17.750 Wörtern, ein deutscher Erwachsener verwendet im Alltag meist zwischen 400 und 800 Wörter. Also: Der Einsatz von Tools wie Openthesaurus ist vermutlich echte SEO-Arbeit.

  • Weitere Scores sollten mit Vorsicht genossen werden. In meinen Seminaren erlebe ich immer wieder eine starke Fixierung auf die Ampel-Regelung in Yoast. Dieses WordPress-Plugin ist mittlerweile zum Graf Zahl der SEO-Branche geworden und nennt auch die Zahl der Bindewörter in einem Text. Es ist allerdings eine absurde Idee, die Qualität oder gar die SEO-Qualität eines Textes von Bindewörtern abhängig zu machen.
    Das weiß auch jeder, und trotzdem fällt es schwer, die Ampel NICHT auf „grün“ zu schreiben. Warum? Weil es wieder eine einfache Regel ist (siehe weiter oben).
    Mehr halte ich übrigens vom Tool der Wortliga mit einer weitaus höheren inhaltlichen Komplexität und bei dem Verbesserungs-Ideen farblich ge-kennzeichnet werden. Das ist für eine Verbesserung der eigenen Sprache auf jeden Fall hilfreich.

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Abbildung 5: Textanalyse mit dem Tool "Wortliga"

Merke: Guter Sprachstil ist von Maschinen schlicht nicht messbar. Zumal in einem Shop für Skateboards „guter Sprachstil“ sicher anders definiert werden muss als in dem Gesundheitsmagazin einer Krankenkasse. Deshalb frage dafür einen Profi, davon gibt es sehr viele.
Vielleicht ist es auch an der Zeit, im Unternehmen endlich eine „Brand Voice“ zu formulieren. Dieser Prozess beinhaltet immer auch eine ausführliche Diskussion zu Qualität und Sprachstil. Ich halte das für schlauer, als die Zeit mit dem detaillierten Herausarbeiten von Personas zu verschwenden.

Praxistipp 4 Ich verwende für meine Textereien in Browsern – also wenn ich in einem CMS wie WordPress schreibe – die Pro-Version der Language-Tools. Dort finde ich seit kurzem sogar sehr hilfreiche Synonym-Vorschläge. Seit ich die Language-Tools verwende, mache ich weniger Fehler und formuliere auch etwas treffender. Das ist aber vermutlich nicht der einzige Effekt: Wichtig daran ist, dass man sich mit der eigenen Sprache beschäftigt. Und wer beruflich schreibt, wird daran – hoffentlich – auch seinen Spaß haben.

Mythos 5: Neue Beiträge veröffentlichen, damit die Seite aktuell ist

Auch so etwas: Irgendwann hat sich herumgesprochen, dass es aktuelle Webseiten leichter bei Google haben als alte. Also empfehlen viele Berater und Agenturen ihren Kunden, regelmäßig neue Artikel zu schreiben. Zum Beispiel im Blog oder in einem Magazin. „Damit sich auf der Seite etwas bewegt.“ Leider orientiert sich diese Idee mehr am Geschäftsmodell der Content Marketing Agenturen als am eigentlichen Bedürfnis.

Denn falls zum Beispiel ein DAM-System das Produkt ist: Macht es dann Sinn, sich jede Woche einen Beitrag über irgendein Detail-Thema aus der Digital-Asset-Management-Welt aus den Fingern zu saugen? Wer soll das lesen?

Also wieder in Zeitlupe: Wer ist die Zielgruppe für eine solche Software? Vermutlich Unternehmen, die ihre digitalen Assets in vielen Datenbanken verteilt haben und in einer umfassenden Lösung einen Vorteil etwa beim Vermarkten der Daten sehen. Oder Technikleitungen, die auf einer Konferenz waren und endlich Ordnung in die Datenstruktur bringen wollen. Aber ganz sicher sind all das keine Menschen, die für einen detailreichen Beitrag über die Entwicklung der Metadaten-Standards ihre Mittagspause vergessen.

Wie aber regelmäßig Aktualität und damit Expertentum und Kompetenz beweisen? Die Antwort lautet: Indem die wichtigen Seiten immer besser gemacht werden. Etwa die Produktseite, die Anwender FAQ oder die Anwendungsbeispiele für die entsprechenden Branchen. Diese Seiten sollten wirklich gut aktuell sein. Leider werden sie aber – nach langem Ringen zwischen Geschäftsführung, Marketing-Abteilung und Produktmanagement – einmal geschrieben und dann nie wieder verändert. Das kann nicht funktionieren.

Die bessere Regel ist also: Das, was ranken soll, muss aktuell sein.

Praxistipp 5 Jede Unterseite ständig aktuell halten? Nein, das muss nicht sein: Eine Analyse in der Google Search Console (oder natürlich im Bereich „Search Success“ von Ryte) fördert schnell die Seiten mit dem meisten Traffic von Google zutage. Und es sind oft nur zehn oder zwanzig Seiten, die für mehr als 80 Prozent des ganzen Traffics verantwortlich sind. Diese müssen immer aktuell gehalten werden. Wenn eine von denen an Klicks verliert, ist es höchste Zeit für eine Aktualisierung.
Auch der Vergleich, welche Seiten in der vergangenen Woche deutlich verloren hat (siehe Bild, die markierte URL ist mein Beitrag zur Rechtschreibung auf dem Contentman) zeigt sehr deutlich, was dringend aktualisiert werden muss.

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Abbildung 7: Trafficanalyse über Ryte's SES

Die eine Regel, die immer hilft

Das waren fünf moderne SEO-Mythen für Content. Wie alle Mythen hatten auch diese irgendwann einen wahren Kern und haben meistens sogar funktioniert. Das Problem ist aber: In einer Welt, in der die Suchmaschine dank KI für jedes Keyword einen eigenen Algorithmus heranziehen kann, sind allgemeine Regeln wenig hilfreich. Das gilt übrigens auch für die Tipps in diesem Beitrag.

Deshalb gibt es eigentlich nur eine Regel, die immer hilft: Verlasse dich niemals auf Regeln sondern hinterfrage immer, was wirklich Sinn macht.

Und ja, das macht eine Menge Arbeit. Ende. Keine Pointe.

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