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AMP – Conversion Killer oder Traffic Booster?

Accelerated Mobile Pages sollen die Performance von Websites verbessern und Inhalte im Web besonders schnell konsumierbar machen. Wie schnell AMP-Seiten sind, hat sicherlich jeder von uns schon einmal erlebt, als er mit dem Smartphone eine Nachrichtenseite geöffnet hat. Doch sind diese Websites auf Speed tatsächlich auch für E-Commerce geeignet?

Ein kurzer Überblick

Als die Google-AMP 2016 offiziell gestartet sind, erzeugten die neuen Webseiten mit dem Ladeturbo große Aufmerksamkeit. Verlage und News-Seiten weltweit spielen ihre Inhalte seither als AMP aus. Doch wer sich die aktuellen Statistiken zu AMP-Sites anschaut, sieht ein vergleichsweise ernüchterndes Bild. Weltweit soll es laut Zahlen von silimartech gerade einmal knapp 340.000 Websites geben, die AMP verwenden. In Deutschland liegt die Zahl bei rund 30.000. Angesichts von weltweit knapp einer Milliarde Websites beträgt der Anteil an AMP-Seiten gerade einmal bei knapp 0,03 Prozent.

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Abbildung 1: AMP-Websites weltweit laut similartech. Stand: 03/2019

Die Theorie

Es ist eine Tatsache, dass Internetnutzer schnelle Websites lieben. Ein schneller Webshop löst eine ganze Kettenreaktion aus, die in potenziell mehr Conversions mündet: Ein Nutzer kommt auf einen schnell ladenden Shop. Er schätzt die kurzen Ladezeiten und springt nicht ab. Dadurch besteht die Chance auf eine höhere Verweildauer, welche wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der Nutzer konvertiert.

Betrachtet man allein den Faktor Geschwindigkeit, dürften AMP-Seiten prädestiniert für eine perfekte Shopping-Experience sein.

Die Studien

In der Praxis existieren kaum Studien oder Tests, die belegen, ob das AMP-Framework für E-Commerce-Websites geeignet ist. Auf der Homepage des AMP-Projekts finden sich im Bereich „E-Commerce“ lediglich zwei „Success Stories“, die auf den Conversion-Zuwachs nach der Implementierung von AMP verweisen. Beide Case-Studys stammen jedoch aus 2017. Gleiches gilt für die Erfolgsstory von wego.com. Laut AMP-Projekt konnte der Flugvermittler aus den USA seine Conversion-Rates um 95 Prozent steigern, also seine Conversions durch den Einsatz von AMP nahezu verdoppeln. Eine umfangreiche, von Google initiierte Studie hat belegt, wie Unternehmen mit AMP Kosten senken und Umsätze bzw. Conversions erhöhen konnten. Doch seit fast zwei Jahren wurde auf der AMP-Website keine neue Case-Study zum Thema veröffentlicht.

Im Februar 2019 hat Eric Enge eine Studie von Perficient Digital (ehemals Stone Temple) präsentiert. Darin wurden 26 Domains mit über neun Millionen AMP-Pages 30 Tage vor und 30 Tage nach der Implementierung von AMP analysiert. Für die Datengewinnung arbeitete Perficient Digital mit WompMobile zusammen.

Laut Studie konnten die untersuchten Websites mit AMP insgesamt 27,1 Prozent mehr organischen Traffic generieren und 33,8 Prozent mehr Impressions in den SERPs erzielen. Auch die CTR erhöhte sich um 15,3 Prozent. Unter den 26 Domains befanden sich 19 E-Commerce-Websites. Die E-Commerce-Websites erzielten sogar 32,1 Prozent mehr organischen Traffic und konnten 42,16 Prozent mehr Impressions erzeugen.

Im weiteren Verlauf der Untersuchung konnte Eric Enge somit eine Zunahme der Sichtbarkeit in den SERPs feststellen, obwohl AMP nicht zu den Rankingfaktoren zählt. Allerdings können sich durch die Verwendung von AMP, Faktoren wie höhere CTR und eine geringere Bounce Rate positiv auf Rankings auswirken.

Interessant ist, dass nicht alle untersuchten Domains ihre Zahlen verbessern konnten. Mögliche Ursachen können sein, dass die Verwendung von AMP eine ohnehin schlecht performende Seite nicht verbessern kann. Eric Enge sieht außerdem in saisonalen Schwankungen sowie in der Dynamik der SERPs weitere Gründe dafür, dass manche Websites mit AMP nicht besser performen konnten.

Was die Studie allerdings schuldig bleibt, ist eine Auswertung, ob und in welchem Umfang AMP Conversions verbessert oder verschlechtert.

Deutlicher wird an dieser Stelle Nathan Kontny von Rockstar Coders. Er gibt an, dass Conversions seit der Einführung von AMP-Websites bei seinem Projekt um 70 Prozent gesunken seien. Er hebt zwar auch die hohe Geschwindigkeit der AMP-Seiten hervor, sieht aber vor allem im eingeschränkten Design ein großes Manko. Ebenso kritisiert er zum Beispiel, dass beim Aufruf von AMP-Seiten in der Adresszeile google.com steht und nicht die Adresse der Zielseite.

Zwischenfazit

Nicht nur Webmaster und SEOs, sondern auch Case-Studies über AMP scheinen gespalten zu sein, wenn es um das Thema AMP und Conversions geht. Die Bandbreite reicht von 94 Prozent mehr bis zu 70 Prozent weniger Conversions. Für alle Beteiligten ist es schwierig, angesichts dieser Daten eine Entscheidungsgrundlage für den eigenen Shop oder die eigene Website zu finden. Um letztlich herauszufinden, ob AMP-Seiten für Deine Seite zum Traffic-Booster werden können, bieten sich eigene Tests an.

Grundsätzlich gilt dabei natürlich:

Wenn Deine Website bisher nur mäßig performt hat, wird sie mit AMP nicht besser.

Wenn Du bei Deinen Webprojekten bisher hohe Designansprüche hattest, solltest Du Deine Ansprüche bei AMP etwas zurückstecken. Denn das Framework bietet aus Gründen der Vereinfachung und zugunsten einer kürzeren Ladezeit nur beschränkte Möglichkeiten für Webdesigner.

Auch auf AMP-Seiten wird exzellenter Content geschätzt. Es reicht nicht aus, nur eine superschnelle Website anzubieten. Ohne auf Deine Nutzer zugeschnittene Inhalte wird die beste Performance nicht zu mehr Conversions beitragen.

One more thing…

Wir würden Dich mit einem Artikel über die Vorzüge und Nachteile von AMP selbstverständlich nicht ohne Lösungsangebote alleine lassen. Deshalb versuchen wir Dir hier zu zeigen, in welchen konkreten Fällen AMP tatsächlich zum Traffic-Booster werden kann, wann AMP Conversions eher killt und wann Du (noch) auf andere Möglichkeiten setzen solltest.

• Ich betreibe einen Online-Shop mit verschiedenen Features wie individuellen Konfiguratoren oder anderen individuell programmierten Tools.

AMP-Seiten sind auf Geschwindigkeit und hohe Usability ausgelegte Internetseiten. Um diese hohe Geschwindigkeit sicherzustellen, werden AMP mit sehr schlankem HTML-Code ausgeliefert. Dabei bleiben große CSS-Dateien auf der Strecke. Auch JavaScript kann nur eingebunden werden, wenn es asynchron geladen wird. Anwendungen wie Filter oder Konfiguratoren, die auf JS basieren, werden dadurch kaum oder nur eingeschränkt nutzbar. Wenn Dein Online-Shop sich bisher vor allem durch diese Filter-Funktionen ausgezeichnet hat, kann AMP eher zum Conversion-Killer werden. Deine Nutzer profitieren dann zwar von einer hohen Ladegeschwindigkeit, müssen jedoch große Abstriche beim Nutzungskomfort machen.

Fazit: Denkbar sind AMP für E-Commerce-Websites deshalb nur, wenn Du Produkte ohne Zusatzoptionen in nur einer Variante anbietest. Diese werden angeklickt, in den Warenkorb gelegt und gekauft.

• Ich möchte mit meiner Website Leads über Anmeldeformulare erzielen.

Aufgrund der starken Reduktion des Quellcodes in Kombination mit beschränkten JS-Möglichkeiten sind längere und komplexe Formulare zum Ausfüllen eher eingeschränkt für AMP geeignet. Da AMP vorwiegend auf die mobile Internetnutzung ausgerichtet ist, solltest Du ohnehin sparsam mit Eingabeformularen sein und diese so einfach wie möglich halten.

Fazit: Gegen die Verwendung von schlichten Anmeldeformularen auf AMP-Seiten spricht nichts. Zum “Lead-Killer” werden AMP demnach eher nicht. Ob die Leads durch die hohe Ladegeschwindigkeit und die Reduktion auf das Wesentliche durch AMP begünstigt werden, müsstest Du selbst testen.

• Ich habe ein Affiliate-Projekt und möchte die Seite mit dem Einblenden von Google Ads monetarisieren.

Da Google maßgeblich an der Verbreitung von AMP beteiligt ist, liegt es nahe, dass die Technik auch sehr gut für die Einblendung von Werbeblöcken ausgelegt ist. Damit Du auf Deiner AMP auch Google AdSense einbinden kannst, musst Du jedoch darauf achten, dass die Anzeigenblöcke AMP-kompatibel sind. Google empfiehlt auf dieser Seite zum Beispiel, dass die Anzeigenblöcke responsive sein sollten. Darüber hinaus musst Du das spezielle AMP-Skript auf allen AMP-Seiten einbinden, wo Anzeigenblöcke mit Google Ads bestückt werden sollen. Für CMS wie WordPress gibt es für die Einbindung von AdSense auf AMP-Seiten bereits eigene Plugins. Wie bei WordPress-Seiten üblich, kann es sich lohnen, verschiedene Versionen einfach auszuprobieren.

Fazit: Gerade bei Ratgebern oder praktischen Anleitungen sowie Rezepten kann es sehr sinnvoll sein, mit AMP zu arbeiten. Nutzer möchten nämlich für diese Themen schnell eine Lösung erhalten. Die enorme Schnelligkeit der AMP kann dann Conversions durch den Klick auf Affiliate-Links begünstigen.

• Ich betreibe eine News-Website und möchte im News-Karussell in der Google-Suche erscheinen.

Wenn Du mit Deinen News auf mobilen Websites im News-Karussell der Google SERPs erscheinen willst, sind AMP eine der Voraussetzungen. Bereits 2016 hat Dave Brebis, Vice President of Engineering bei Google auf der SMX West angekündigt, dass nur AMP im mobilen News-Karussell erscheinen werden.

Fazit: Um in der mobilen Google News-Suche zu erscheinen, muss Deine Website natürlich noch weitere Voraussetzungen erfüllen als eine AMP-Version anzubieten. So musst Du Deine Website zum Beispiel an das Google News Publisher Center übermitteln. Erfüllt sie dann die technischen und die inhaltlichen News-Richtlinien für Google und ist sie AMP-optimiert, kann sie im News-Karussell auf Smartphones erscheinen.

• Ich habe eine eher langsame Website und möchte diese mit AMP schneller machen.

Bietest Du eine AMP-Version Deiner Website an, wird diese Version schon allein deshalb schneller sein, weil AMP immer auf dem gleichen Prinzip beruhen: Ihre Dateigrößen sind auf einen Maximalwert beschränkt, JavaScript wird asynchron geladen und HTML lädt über das Google Content Delivery Network. Wenn Deine Website aktuell sehr langsam ist, sind das jedoch meist strukturelle Probleme und/oder zu große Dateien. Deshalb solltest Du nicht allein auf AMP setzen, sondern allgemein Deine Ladezeit optimieren. Schließlich gibt es auch noch Nutzer, die per Desktop oder Tablet auf eine andere Version Deiner Website zugreifen. Und deren User Experience sollte ebenfalls hoch sein.

Fazit: Du kannst zumindest die mobile Version Deiner Website mit AMP schneller machen. Doch solltest Du AMP nicht verwenden, um grundsätzliche Performance-Schwächen zu überdecken.

• Mein Corporate Design setzt auf außergewöhnliche Farben und Formen, die sich auf meiner Website wiederfinden wollen.

AMP sind sehr schlicht gebaut. Du hast die Möglichkeit, die Farbe des Hintergrunds und Schriftarten zu verändern. Ein Logo kannst Du noch einbinden. Für aufwändiges Webdesign sind AMP nicht geschaffen. Möchtest Du mehr Kunden über Dein Corporate Design binden und hoffst Du mit der hohen Usability auf Branding-Effekte, sind diese aufgrund des eher schematischen Aufbaus der Seiten beschränkt.

Fazit: Für ein sehr spezifisches Webdesign sind AMP (noch) nicht geschaffen. In diesem Fall solltest Du eher versuchen, deine responsive Website weiter zu optimieren, damit diese ebenfalls schneller wird.

• Ich biete Online-Services wie ein Online-SEO-Tool oder andere Webdienste an.

Aufgrund der enormen Reduzierung von JS, HTML sind Online-Tools für AMP eher ungeeignet. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass JavaScript ohnehin asynchron geladen wird und die abrufbare Datenmenge aufgrund des Google CDN-Abrufs ohnehin eingeschränkt ist.

Fazit: Bietest Du ein Online-Tool an, ist AMP eher ein Conversion-Killer, denn mit einer AMP-Seite kannst Du das Tool nicht realisieren. Versuche stattdessen sinnvollere Alternativen wie Progressive Web Apps oder lass eine eigenständige mobile App entwickeln.

• Meine Website setzt vor allem auf User-Generated Content.

Lebt Deine Website von Kommentaren, hochgeladenen Nutzer-Beiträgen oder ausgiebigen Diskussionen unter Nutzern, ist AMP eher hinderlich. Durch die Einschränkung auf wenige Funktionen ist User-Generated-Content nicht möglich. Wenn Du bisher Social-Plugins verwendest, solltest Du ohnehin darauf achten, dass die Performance Deiner bisherigen Seite nicht darunter leidet.

Fazit: User-Generated-Content und AMP sind bis jetzt noch nicht wirklich Freunde. Prüfe in diesem Fall lieber, wie Du Deine mobile Website weiter im Sinne Deiner Nutzer optimieren kannst.

So, das waren unsere Anmerkungen zur Frage, wann AMP zum Booster oder Killer werden können. Wie sieht es bei Dir aus? Welche Erfahrungen hast Du mit AMP und Conversions gemacht? Würdest Du AMP für Deinen Online-Shop einsetzen? Wir freuen uns über Deinen Kommentar!

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Veröffentlicht am May 6, 2019 von Philipp Roos