Ja, ja: Der Keyword-Planer von Google liefert nur noch ungenaue Zahlen für die Keyword-Recherche. Aber brauchen wir diese Daten überhaupt noch? Oder sind andere Fakten nicht viel wichtiger?
Schauen wir uns doch mal an, wie eine ideale Keyword-Recherche für einen neuen Beitrag aussieht. Und weil wir nicht viel Zeit haben, geben wir gleich Vollgas:
Da wir meist schon viel Erfahrung mit dem Thema haben, über das wir schreiben, kann man auf die erste Annahme meist schon eine gute Wette abschließen. Allerdings nur, wenn der Autor nicht klüger sein möchte als Google. Das heißt: Wenn Du das Gefühl hast, dass Du den neuen Artikel auf das Keyword "Bartpflege", "Sonnensegel" oder "Lamzac Anleitung" optimieren möchtest, dann solltest Du vor allem eines tun: Deinen Keyword-Kandidaten bei Google eingeben.
Abbildung 1: Wer über Bartpflege schreiben will, sollte die Suchergebnisse gut kennen.
Und schon bist Du noch viel klüger:
An den Suchergebnissen sehen wir, dass das ein einträgliches Thema zu sein scheint, mehr Anzeigen gehen nicht.
Die Ergebnisse sind sehr gemischt. Da gibt es mehrere Onlineshops, eine Affiliate-Seite, mit Men’s Health ein redaktionelles Portal, L’Oreals Content Markting Seite dazu u.s.w.. Also eine lockere Mischung aus Information und Kommerz.
Ob Du nun also einen Blogbeitrag oder eine Produkt-Kategorie zu texten hast: Beides würde passen. Das ist nicht immer so. Für das Keyword „Sonnensegel“ wirst Du kaum mit einem Ratgeber-Beitrag auf eine gute Position kommen. Für dieses „transactional“ Keyword erwartet Google Shops. Ebenso hast Du es für „Lamzac Anleitung“ mit einer Shop-Seite sehr, sehr schwer – da erwartet Google eher Videos oder textliche Anleitungen.
Für welche Seite textest Du? Hast Du das Gefühl, dass Dein Beitrag in diesem Fall zwischen L’Oreal und Men’s Health passt? Beantworte Dir diese Frage so ehrlich wie möglich. Zum Beispiel sollten sich ein junger Blog oder die Produktseite eines allgemeinen Haarpflege-Shops wohl andere Konkurrenz suchen.
Weiter unten in den Suchergebnissen finden wir eine Bilder-OneBox – also eine kleine Foto-Leiste. Nimm das zum Anlass, über die Bebilderung nachzudenken. Fotos scheinen zu diesem Thema oft geklickt zu werden. Also gibt Dir Mühe damit…
Es gibt bei anderen Keywords andere Erkenntnisse. Wichtig ist an diesem Punkt vor allem, dass Du Dir die Ergebnisse wirklich anschaust und überlegst, warum Google gerade diese dort platziert und ob Du dazu gehörst.
Falls Du nun das Gefühl hast, in diesem Suchumfeld gut aufgehoben zu sein, scrollst Du noch weiter nach unten:
Abbildung 2: Wie haben die Leute ihre Sucheingabe verfeinert? Was sagt mir das?
Denn unter den Suchergebnissen findest Du die "Verwandten Suchanfragen", die zur Verfeinerung des eben eingegebenen an Google gestellt wurden. Also nach dem Motto "Das mit der ‚Bartpflege‘ war mir etwas zu allgemein, ich denke, ich muss etwas genauer nachfragen."
Hier wird es also detaillierter und fokussierter. Wenn Du für einen Shop schreibst, wird Dir der Begriff "bartpflege produkte" gut gefallen, oder "barttrimmer", "bartpflege set", "bartpflege ratgeber". Für einen Blog bietet sich wohl eher "bartpflege vollbart", "bartpflege tipps" oder "bartpflege ratgeber" an. Du brauchst nicht alle Aspekte abzudecken. Aber wenn Du etwas ganz anderes schreiben wolltest ("Die Geschichte der Bartpflege im Orient"), solltest Du noch einmal darüber nachdenken, ob das hier das richtige Suchergebnis für Dich ist.
Übrigens: Klicke ruhig ein wenig in diesen Verwandten Suchanfragen herum. Denn jede dieser Suchen hat auch wieder Suchergebnisse (siehe 1.) und eigene "Verwandte Suchanfragen". Will sagen: Du groovst Dich damit entspannt auf den zu schreibenden Beitrag ein.
Denn fest steht: Wenn die Leute erst nach "Bartpflege" und dann nach "Barttrimmer" und "Bartpflege Set" suchen, sind das offenbar attraktive Produkte rund ums Thema. Und für einen beratenden Beitrag solltest Du wohl ein paar "Tipps" unter anderem auch für einen "Vollbart" auf dem Kasten haben. Siehe diese "Verwandten Suchanfragen" bitte als inhaltliche Empfehlung.
Und natürlich sind diese Zusatz-Begriffe ("Vollbart", "Ratgeber" u.s.w.) prima "Nebenkeywords". Begriffe also, die auch im Text zu finden sein sollten. Denn wer sich etwa die aktuellste Ranking-Faktoren Studie von Searchmetrics anschaut, wird feststellen, dass die Häufigkeit, ja sogar das Vorhandensein des Hauptkeywords (in diesem Fall "Bartpflege") nicht so stark mit guten Suchergebnissen korreliert, wie die "Relevant Terms" - also Begriffe aus dem Themenumfeld des Suchbegriffs. Und laut unseren "Verwandten Suchanfragen" sind "Vollbart", "Set", "Ratgeber" u.s.w. Begriffe aus dem Themenumfeld unseres Keywords.
Es gibt natürlich noch die andere, viel üblichere Methode, solche Nebenkeywords, oder gar "Proof Keywords" zu recherchieren: Die WDF*IDF-Analyse.
Das funktioniert auch ganz einfach mit dem Content Report von Ryte.
Abbildung 3: Content Report von Ryte
Ach, schau: „Bartöl“ ist für „Bartpflege“ sehr wichtig. Und man macht das am besten mit einer „Bartbürste“ und „Bartwichse“. Sagt jedenfalls die WDF*IDF-Analyse von Ryte.
Wie funktioniert das? Ryte ruft zum fraglichen Keyword die 15 bestplatzierten Suchergebnisse ab und analysiert diese hinsichtlich der verwendeten Wörter und der Häufigkeit ihrer Nennung. Wobei allgemein eher seltene Begriffe für eine solche Auswertung höher gewertet werden, als häufige Begriffe. Das Ergebnis ist also so etwas wie die Text-DNA der am besten platzierten Seiten (also die, zu denen Google schon Vertrauen hat). Ein guter Grund, es diesen Top-Ergebnissen nachzumachen und die gleichen Wörter zu verwenden.
Zu unserem Hauptkeyword, für das wir eine Top-Position besetzen möchten, haben wir deshalb zwei Arten von Nebenkeywords auf unserem digitalen Zettel stehen:
Nachfrage-orientierte Begriffe aus den „Verwandten Suchbegriffen“ oder auch aus W-Fragen-Tools.
Anbieter-orientierte Begriffe aus den best-platzierten Suchergebnissen.
Merke: Neben dem Hauptkeyword gehören diese Begriffe auch in den Text. Jetzt könnte doch eigentlich schon die Schreiberei losgehen. Oder? Nicht ganz…
Bevor wir nun aus unserer Wörter-Sammlung einen lesenswerten Beitrag schreiben, sollten wir uns noch einmal ernsthaft darüber Gedanken machen, ob wir diesen Beitrag überhaupt schreiben wollen. Denn wenn wir - vielleicht vor einigen Monaten - schon einen tollen Beitrag zur "Bartpflege" geliefert haben, würden wir uns mit einem neuen Beitrag dazu selbst Konkurrenz machen. Das wäre mindestens pure Energieverschwendung.
Also: Wir sollten schauen, ob wir für dieses Keyword nicht schon einen Artikel veröffentlicht haben, der bei Google schon funktioniert.
Hier kommt der Such-Operator "site" ins Spiel. Wenn Du etwa bei Men’s Health arbeitest und in den Google Suchschlitz "site:menshealth.de bartpflege" eingibst, dann zeigt Dir Google alle Seiten Deiner Domain, die für "Bartpflege" potentiell ranken könnten - und zwar nach Relevanz sortiert. Die erste Seite also, wäre Deine beste Seite für das Keyword:
Abbildung 4: Deine Unterseiten sortiert nach Deinem Keyword: der Site-Befehl
Gibt es schon einen aktuellen Beitrag mit ordentlichen Bartpflege-Tipps, wäre dieser schneller und einfacher republished als ein neuer geschrieben. Also: Wenn Du unbedingt einen neuen Artikel schreiben willst, solltest Du wohl Dein Keyword (und damit den Inhalt) ein wenig ändern - sonst kommen sich beide Artikel gegenseitig in die Quere und Du rankst mit zwei Beiträgen schlechter als einer alleine ranken könnte. Vielleicht konzentrierst Du Dich in diesem Fall eher aufs Trimmen des Barts? Oder um - ach, das weißt Du selbst viel besser.
Wie auch immer: Du weißt nun, was Du rund um das Keyword schon veröffentlicht hast. Notiere Dir die gefunden URLs vielleicht sogar. Diese können wir später noch einmal brauchen…
Wir sind fast am Ende. Fast! Denn auf dem Weg hierher haben wir einige Entscheidungen einfach nur "geschätzt". Und es stehen sicherlich eine Menge Begriffe und Fragen auf Deinem digitalen Zettel, die noch beantwortet werden müssen. Das könnte sein:
Soll ich mein Keyword in Einzahl oder in Mehrzahl verwenden?
Gibt es Synonyme, die sich aufdrängen? Und damit sind nicht nur echte, strikte Synonyme (Orange = Apfelsine) gemeint, sondern auch ähnliche Begriffe, partielle Synonyme („Tee aus Asien“ vs. „asiatischer Tee“) oder regional bzw. fachliche unterschiedliche Begriffe („Semmel“, „Weckle“, „Brötchen“).
Oder es handelt sich bei Deinem Keyword um ein Homonym. Damit bezeichnet man Wörter, die mehrere Bedeutungen haben können. („Mutter“ eines Kindes vs. Schrauben-„Mutter“).
Erst jetzt kommt der Keyword-Planer im AdWords-Account ins Spiel - oder ein ihn ersetzendes Tool. Warum erst jetzt? Hätte man nicht schon vorher auf volumenstarke Keywords achten können? Das schon, wenn SEO der Grund für Deine Webseite ist, wenn es also ausschließlich darum geht, viele Besucher auf die Seite zu bekommen. Da Du aber bestimmte Produkte zu verkaufen hast, Du Deinen Lesern die Welt erklären möchtest oder Dich in gutem Licht darstellen willst: SEO nicht der Grund Deiner Seite sondern ein Mittel, um Deine Inhalte möglichst weit zu publizieren.
Mit anderen Worten: Am Anfang steht das Wort - und dann erst das Traffic-Volumen. Für diese drei Punkte oben bedeutet das also:
Oft sind Einzahl und Mehrzahl sinnhaft nicht identisch (weil man eher „Schrauben kaufen“ und nicht „Schraube kaufen“ will, oder?). Ist dies aber der Fall (das erkennst Du daran, dass die Suchergebnisse für beide Begriffe sehr, sehr ähnlich sind) – kannst Du Dich natürlich an dem Begriff orientieren, der häufiger gesucht wird.
Das gleiche gilt für Synonyme. Hier lohnt es sich, etwa per Google Trends die regionale Verteilung zu checken. In dem Bild unten sind „Semmel“ rot, „Wecke“ gelb und „Schrippen“ blau. Und nur, wenn diese regionalen oder thematischen Unterschiede keine Rollen spielen, lohnt sich natürlich auch die Nachfrage nach dem Traffic-Volumen.
Etwas schräg ist die Detail-Arbeit, wenn es sich um ein Homonym handelt. Hier hast Du hoffentlich schon unter Punkt 1 geschaut, ob die Suchergebnisse zu Dir passen. Denn, wenn Du etwa Muttern für Schrauben verkaufst, ist „Mutter“ sehr sicher NICHT Dein Keyword. Hier liegt Deine Chance dann wieder in der Mehrzahl. Auf jeden Fall solltest Du Dir darüber im Klaren sein, dass beim Abruf des Suchvolumens mögliche andere Deutungen („Bank“ = „Bank“ – „Parkbank“) zumindest grob heraus gerechnet werden.
Abbildung 5: Sagt denn nicht mal der Berliner "Schrippen"? Und der Schwabe ist auch bei "Semmel"? So sieht die regionale Brötchen-Sprache aus (rot = Semmel, gelb = Wecke und blau = Schrippe)
Und was ist mit dem Wettbewerb? Spielt der keine Rolle? Offen gestanden nur selten. Denn im Keyword Planer wird - wie folglich auch in allen anderen Tools - der Wettbewerb zwischen den AdWords-Anzeigen dargestellt. Und das ist sehr oft eine ganz andere Sache als der Wettbewerb in den organischen Suchergebnissen.
Aber: Natürlich bekommst Du über die Keyword-Tools noch weitere Ideen für gute Begriffe, zu denen man einen Beitrag schreiben könnte. Allerdings ist das ist schon wieder eine andere Geschichte für einen neuen Artikel.
Da Du Dir unter 4. schon die Seiten notiert hast, die für das Keyword (oder ein ähnliches) bei Google Relevanz aufgebaut haben, kennst Du dadurch die Seiten, die mit einer internen Verlinkung auf die neue Seite ordentlich Schubkraft für die Rankings entwickeln können.
Also: Achte darauf, dass nach Veröffentlichung auf diesen Seiten das Keyword ("Bartpflege") mit dem neuen Artikel verlinkt wird.
Der große Nachteil von Keyword-Tools ist, dass diese im Grunde nur Buchstaben miteinander vergleichen. So funktioniert Sprache aber nun mal nicht. In Texten verwenden wir Wörter, weil sie einen Sinn haben und gerade in diesen Satz gehören - nicht wegen ihrer Buchstaben. Und das weiß auch Google. Deshalb versucht die Suchmaschine mit Künstlicher Intelligenz zunehmend erfolgreich dem Wortsinn und Textsinn so nahe wie möglich zu kommen. Und mit dieser hier genannten Keyword-Recherche bildest Du ihre Arbeit nach: Alles dreht sich um den eigentlichen Sinn Deiner zu produzierenden Seite. Und am Ende prüfst Du mit einem Tool, dass Du Dich dabei eher an der Masse, als an einer Minderheiten-Meinung orientierst.
Die Belohnung für die ordentliche Arbeit mit dem Content ist, dass eine funktionierende Seite für viele verschiedene (wenn auch ähnliche) Keywords ranken kann. Das lässt sich später in der Search Console ablesen:
Abbildung 6: Eine URL, viele verschiedene Keywords. Wenn eine Unterseite gut bei Google funktioniert, kommt der Traffic von teilweise recht verschiedenen Suchanfragen - egal, worauf optimiert wurde. Hier unsere Seite für "Keyword Recherche" im SEO-Book.
Deshalb: Sei sehr genau, wenn es um den Sinn geht - und lässig bei der Formulierung.
Und wie viel Aufwand ist das? Viele Autoren klagen ja darüber, dass sie jetzt auch noch für "dieses SEO" verantwortlich sein sollen und dass dies so viel Arbeit macht. Doch mit ein bisschen Übung, mit dem Ablauf und den Tools, dauert diese Keyword-Recherche gerade mal drei Minuten. Und angesichts der inkludierten Inhalts-Recherche sind das nicht nur für SEO, sondern auch für den Inhalt des Beitrags sehr, sehr wertvolle Minuten.
Also: Probier es mal aus!
Veröffentlicht am Sep 5, 2016 von Eric Kubitz