Schon Leonardo da Vinci, der italienische Maler, Bildhauer, Baumeister, Zeichner und Naturforscher brachte es treffend auf den Punkt: “Der Mensch, das Augenwesen, braucht das Bild.”
Da Vinci hatte früh erkannt, was später Neurologen bestätigten: der Mensch nimmt die Mehrzahl aller Informationen (75%) aus seiner Umwelt durch visuelle Signale wahr. Auch im Internet sind heute schon über 80% des gesamten Datenverkehrs auf visuelle Kommunikationselemente wie Videos oder Fotos zurückzuführen. Dies bedeutet auch, dass jede Möglichkeit visueller Kommunikation willkommener Ansatzpunkt für Online Marketer ist. Umso erstaunlicher, dass animierte GIFs, obwohl schon 30 Jahre bekannt, erst zuletzt verstärkt als Werkzeug im Online-Marketing eingesetzt werden.
Abbildung 1: Animierte GIFs erzeugen den Eindruck von Bewegtbild.
Ein animiertes GIF (die drei Buchstaben stehen für Graphic Interchange Format; Grafik-Austauschformat) bietet die Möglichkeit, mehrere Bilder in einer einzelnen Datei zu speichern und diese dann nacheinander anzeigen zu lassen. So entsteht der Eindruck eines Bewegtbildes. Die erzeugten Mini-Filme können dabei nicht nur einmalig angezeigt sondern so animiert werden, dass sie sich unendlich oft wiederholen. Laut Alex Chung, dem CEO des GIF-Marktführers giphy.com, besteht ein animiertes GIF aus durchschnittlich 60 Einzelbildern und kann in seiner Botschaft 60.000 Wörter ersetzen.
Es können fünf verschiedene Basistypen von animierten GIFs unterschieden werden:
GIF Typ 1: Klassische GIFs. Diese GIFs waren und sind die Ursprünge der animierten GIFs. Klein und aus nur wenigen Bildern komponiert stehen sie meist stellvertretend für nur ein einzelnes Wort.
Abbildung 2: Beispiel für ein klassisches GIF
GIF Typ 2: Frame Captures. Diese GIFs greifen berühmte oder witzige Szenen aus der modernen Popkultur auf, insbesondere aus bekannten Fernsehserien und Filmen.
Abbildung 3: Beispiel für ein Frame Capture
GIF Typ 3: Kunst. Diese GIFs sind oft in höherer Auflösung erstellt und werden oft Kinofilmen oder hochwertigen TV-Serien entnommen. Ziel ist hier die Vermittlung und Illustration anspruchsvollerer Botschaften. Seltener geht es um humorige Darstellungen.
Abbildung 4: Beispiel für ein Kunst GIF
GIF Typ 4: Glitch GIFs. Diese GIFs sind oft das Ergebnis schlecht kodierter oder komprimierter GIFs oder anders gesagt mehr oder weniger Zufallsergebnisse.
Abbildung 5: Beispiel für ein Glitch-GIF
GIF Typ 5: Mash-Ups. Diese GIFs werden aus den vorherigen GIFs komponiert.
Eine Übersicht über einfach nutzbare Tools um animierte GIFs zu erstellen findet sich hier.
Eine der großen Herausforderungen im Online-Marketing heute ist es, Emotionen und Gefühle in den Fokus zu rücken, ja regelrecht zu befeuern. Online-Marketing ist kein „seelenloser Stahlbolzen“, sondern wichtiges Instrument, um positive Emotionen und Gefühle für Produkte, Services oder Marken zu erzeugen.
Aber Obacht! Wenn es um die Beurteilung von Produkten, Services oder Marken geht sind Emotionen wahlweise mächtige Verbündete oder erbitterte Gegner. Emotionen können erheblichen positiven wie auch negativen Einfluss haben. Deswegen ist eine der Fragen, die Online-Marketer interessiert: Welche GIFs transportieren welche Emotionen besonders gut?
Abbildung 6: Animierte GIFs + Online-Marketing = Bromance
Damit haben sich Brendan Jou, Subhabrata Bhattacharya und Shih-Fu Chang in ihrer Arbeit “Predicting Viewer Perceived Emotions in Animated GIFs” beschäftigt (erschienen im Konferenzband der 22nd ACM International Conference on Multimedia auf den Seiten 213-216). Die Autoren untersuchten über 3.800 verschiedene animierte GIFs in über 2,5 Millionen Postings und ordneten diese dann 17 standardisierbaren Emotionen zu.
Das interessante Fazit: Gesichtsausdrücke erzeugen grundsätzlich die größte Resonanz, vermitteln also Emotionen besonders gut. Gefühle wie "Glück" (englisch: happiness) oder "Amüsiertheit" (englisch: amusement) lassen sich dabei durch animierte GIFs besonders gut positiv verstärken. Aber auch die Emotion "Peinlichkeit" (englisch: embarrassment) lässt sich besonders gut durch animierte GIFs verstärken. Ganz besonders stark wirken dabei peinlich berührte Gesichtsausdrücke von Menschen, die hinter Händen oder anderen Gegenständen versteckt werden und nur angedeutet zu erkennen sind.
Abbildung 7: Auch animierte GIFs mit Tieren erzeugen echte Resonanz.
Aber nicht nur menschliche Regungen funktionieren gut. In ihrer Arbeit “Analyzing and Predicting GIF Interestingness” (erschienen im Konferenzband der 24th ACM International Conference on Multimedia auf den Seiten 122-126) zeigen Michael Gygli und Mohammad Soleymani, dass Tierdarstellungen in animierten GIFs ebenfalls hervorragende Resonanz erzeugen, teils sogar bessere Resonanz als animierte GIFs mit Menschen.
Insbesondere im Kontext der Nutzeraktivierung (auf Neudeutsch: user engagement) wird animierten GIFs mittlerweile eine wahre Wunderwirkung zugeschrieben. In ihrer Arbeit “Fast, Cheap, and Good: Why Animated GIFs Engage Us” (erschienen im Konferenzband der 2016 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems auf den Seiten 575-586) zeigen Saeideh Bakhshi und seine Co-Autoren, dass animierte GIFs zu einer signifikant höheren Nutzeraktivierung führen. Basis der Analyse sind fast vier Millionen Postings und über 100.000 animierte GIFs.
Auch zu den Gründen nehmen die Autoren Stellung:
"We found that the animation, lack of sound, immediacy of consumption, low bandwidth and minimal time demands, the storytelling capabilities and utility for expressing emotions were significant factors in making GIFs the most engaging content [...].”
Konkret können animierte GIFs in mehreren Bereichen genutzt werden:
Animierte GIFs können im Kontext eines emotional anregenden Storytellings auf Websites und Landing Pages Botschaften transportieren, die Text nicht bzw. nur mit vielen Wörtern zu transportieren im Stande ist. Das bestätigt auch Joe Puglisi, Senior Creative Strategist bei Buzzfeed: “Wenn ein Bild 1.000 Wörter wert ist, dann ist ein animiertes GIF 10.000 Wörter wert.” Wunderbare Beispiele von GIFs, die echte Geschichten erzählen finden sich hier und hier.
Im Kontext Social Media werden animierte GIFs eingesetzt, um Posting anzureichern. Der Effekt überzeugt! So zeigen Experimente, dass Postings mit animierten GIFs häufiger geteilt werden als Postings ohne entsprechende Elemente. Da ist es nur logisch, dass auch Facebook Online-Marketern mittlerweile anbietet, animierte GIFs in Werbeanzeigen einzubinden.
Ein weiteres Einsatzgebiet ist das E-Mail-Marketing. So berichtete Dell Computer schon in 2014 über den durchschlagenden Erfolg der Nutzung von animierten GIFs bei Mail-Kampagnen. So führte die Verwendung von animierten GIFs zu einer 6% höhere Öffnungsrate, einer 42% höhere Klickrate, einer 103% höheren Konversionsrate und einem um 109% höheren Umsatz. An anderer Stelle wird berichtet, dass E-Mail-Kampagnen mit animierten GIFs in beeindruckenden 72% aller Fälle zu höheren Klickraten und Konversionsraten führen.
Sie sind für Nutzer besonders einfach zu konsumieren.
Sie sind cooler als Bilder, aber nicht so teuer wie Videos.
Sie sind besonders gut geeignet, Botschaften zu transportieren.
Sie funktionieren rund um den Globus – in allen Kulturkreisen.
Sie funktionieren auf allen Mobilgeräten, sind also „mobile-firendly“.
Sie erzeugen starke Emotionen und können Emotionen verstärken.
Sie können auf allen relevanten Plattformen genutzt werden.
Sie können eine Geschichte erzählen, ersetzen also viel Text.
Sie bekommen mehr Aufmerksamkeit als herkömmliche Werbeelemente.
Es gibt unendlich viele GIFs für alle Gelegenheiten.
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Auch bei animierten GIFs sind natürlich rechtliche Aspekte relevant. Ich habe dazu mal bei Marcus Dury, Fachanwalt für IT-Recht aus Saarbrücken, angefragt. Hier sein Statement:
“Das Posten / Verwenden eines animierten GIFs stellt eine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung dar. Wenn ein GIF also urheberrechtlich geschützt sein sollte, könnte der Rechteinhaber also urheberrechtliche Geschütze auffahren, zum Beispiel eine Abmahnung aussprechen. Letztlich unterscheidet sich die Rechtslage in Bezug auf GIFs nicht von der Nutzung von unbewegten Lichtbildern, wie z.B. .jpg-Dateien, wie sie oft als sogenannte “Stock-Fotos” zur Illustration von Blogbeiträgen genutzt werden. Insbesondere die großen Bildagenturen, lassen die Nutzung von "Stock-Fotos" flächendeckend automatisiert überwachen, animierte GIFs haben die meisten Bildagenturen hingegen wohl nicht in relevantem Umfang im Portfolio.
In der Praxis ist die Wahrscheinlichkeit einer Abmahnung in Bezug auf animierte GIFs daher recht gering, aber nicht ausgeschlossen. Vor allem bei im Internet weit verbreiteten Memes können weitgehend risikofrei genutzt werden, auch wenn die Rechtslage und die Herkunftsquelle unklar sind. Die Wahrscheinlichkeit, eine Abmahnung zu erhalten, ist einfach sehr gering. Man sollte allerdings die Nutzung von GIFs vermeiden, die aus einer nachvollziehbaren Quelle in Deutschland stammen. Je weniger man in der Masse untergehen kann, desto höher ist die Gefahr, wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen zu werden. Wenn man das GIF eines identifizierbaren Urhebers aus Deutschland unbedingt verwenden möchte, rate ich dazu, zuvor zumindest per E-Mail anzufragen, um dann zumindest einen Nachweis in der Hand zu halten, dass man ein bestimmtes GIF nutzen darf.”
Vermeide eine zu intensive Nutzung von GIFs.
Kommuniziere nicht nur über GIFs.
Versuche immer die Quelle anzugeben.
Verwende GIFs immer im passenden Kontext.
Verwende GIFs mit Menschen oder Tieren.
Versuche nicht zu cool rüberzukommen.
Der Mensch nimmt die Mehrheit aller Informationen aus seiner Umwelt durch visuelle Signale wahr. Kaum verwunderlich, dass animierte GIFs in den letzten Jahren Einzug in den Werkzeugkasten von Online-Marketern gefunden haben. Wie Emojis sind animierte GIFs ein Ansatzpunkt für Online Marketer zur visuellen Kommunikation. Insbesondere im Kontext der Nutzeraktivierung im Social Media Bereich, aber auch auf Websites und Landing Pages und im E-Mail-Marketing kommen animierte GIFs mittlerweile häufig zum Einsatz - und das, wie erste Studien zeigen, völlig berechtigt! In diesem Sinne:
Veröffentlicht am Feb 5, 2018 von Bela Mutschler