Candystorm
Einen sogenannten Candystorm kann als das Gegenstück bzw. Antonym des Shitstorms betrachtet werden. Während es sich beim Shitstorm um einen Sturm der Entrüstung handelt, wird beim Candystorm der größtmögliche Zuspruch verbreitet.
Allgemeine Informationen zum Thema
Der Begriff Candystorm geht auf den Grünen-Politiker Volker Beck zurück, der diesen zunächst auf Twitter prägte. Hintergrund war die Wahl der Grünen-Politikerin Claudia Roth zur Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2013. Mit nur 26,6 Prozent belegte Roth im November 2012 lediglich den vierten Platz in ihrer Partei, woraufhin spekuliert wurde, ob Roth als Parteivorsitz noch haltbar sei. Es folgten zahlreiche Meldungen über soziale Medien, in denen Sympathisanten Roth offenen Zuspruch zutrugen. In dieser Phase sprach Beck erstmals vom Candystorm, nach und nach übernahmen Medien diesen in ihren Sprachgebrauch. Zuvor waren für den heute gängigen Begriff Candystorm Formulierungen wie „Flauschstorm“ oder „Lovestorm“ verwendet.[1].
Während Shitstorms in der Regel plötzlich und (scheinbar) unvorbereitet über die Betroffenen hereinbrechen, lässt sich der Candystorm bis zu einem gewissen Punkt steuern. Ob auf Twitter oder anderen sozialen Medien, entscheidend ist die Unternehmenskommunikation mit den Kunden, aber auch die Produktqualität, der Service und Werte, die als allgemein anerkannt vorausgesetzt werden. Wer etwas postet, auf Kommentare, Anregungen oder Kritik jedoch nicht eingeht, läuft Gefahr, Opfer eines Shitstorms zu werden. Die Interaktion mit den Usern und potenziellen Kunden ist also die Grundlage für einen Candystorm. Dabei gilt es, nicht nur individuell auf Kommentare und Anmerkungen einzugehen, sondern dabei authentisch vorzugehen. Im besten Fall entsteht aus Authentizität und verlässlicher Kommunikation der Candystorm dann von selbst, indem die Nutzer von sich aus Zuspruch verbreiten[2].
Wie aus einem Shitstorm ein Candystorm werden kann
Candystorms als Marketingstrategie sind das eine. Shitstorms dagegen in Candystorms umzuwandeln, ist das andere. Wer erst einmal in den Fokus massenhafter kritischer User geraten ist, wird nur schwer wieder aus dieser Situation herauskommen. Dennoch ist es möglich, mit heftig und zahlreich geäußerter Kritik so umzugehen, dass aus Ablehnung Zuwendung wird. Ein Beispiel dafür ist das Unternehmen Henkel, das für sein Produkt „Pril“ im Jahr 2011 eine groß angelegte Mitmach-Aktion kreiert hatte. Und damit zunächst in einer Sackgasse landete.
Zum Hintergrund: Auf Facebook ermunterte Pril die Nutzer, eigene Designs für die Pril-Flaschen zu entwickeln. Unter dem Motto „Mein Pril, mein Stil“ konnten User ihre eigenen Entwürfe einreichen. Doch dann kippte die Stimmung. Denn Pril änderte im Nachhinein die Wettbewerbsregeln und schloss auf diese Art Entwürfe aus, die bei der Community sehr gut angekommen waren. Für die Nutzer kam die Botschaft an, dass Henkel letztlich eben doch selbst entscheide, welche Design sich durchsetzen könne. Es folgte einer der größten Shitstorms, die deutsche Unternehmen bis dahin je erlebt hatten[3]. Zunächst wehrte Henkel sich gegen die Vorwürfe und verfiel in einen Rechtfertigungsmodus. Als das keine Besserung herbeiführte, änderte das Unternehmen die Strategie und gab sich kritikfähig und offen. Es folgt eine Sonderedition im 9Gag-Design speziell für die Facebook-Fans, die zahlreiche Nutzer nicht nur beschwichtigen, sondern in Begeisterung verfallen lassen konnte. So konnte Henkel das Pril-Desaster in eine gelungene Marketingmaßnahme umwandeln[4].
Beispiel für einen bewusst herbeigeführten Candystorm
Einen Candystorm der besonderen Art führte die Agentur „Caveman“ herbei. In diesem Fall wurden die Medien mit einbezogen und – ohne es zunächst zu wissen – vorgeführt. Caveman setzte bewusst das falsche Gerücht in die Welt, dass eine Agentur namens „Shitstormagentur“ (hinter der Caveman steckte) Obdachlose einsetzte, um hoch bezahlte Shitstorms zu organisieren. Nach und nach beschäftigen sich die Medien mit dieser Meldung und sprangen darauf an. Einige witterten Satire hinter der Sache, andere vermuteten eine geschickte PR-Aktion, wieder andere empörten sich, wie man Obdachlose derart missbrauchen könne.
Das Ziel von Caveman war letztlich, die Problematik der Obdachlosigkeit in Deutschland einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dem Plakat „580.000 Obdachlose in Deutschland sind eindeutig zu viel“ erreichte die Agentur Caveman eine deutlich größere Zahl von Menschen, als das durch eine Pressemitteilung oder ein Facebook-Posting je möglich gewesen wäre. Der Zuspruch war enorm, und für zumindest eine Weile war das Thema Obdachlosigkeit in Deutschland breit diskutiert[5].
Bedeutung für das Online Marketing
Nicht nur wenn man Opfer von Shitstorms wird ist der Versuch, die negative Aufmerksamkeit durch einen Candystorm in positive Beachtung umzulenken, lohnend. Auch um den Bekanntheitsgrad zu steigern oder schlicht Reichweite zu erzielen, bieten sich Candystorms an. Allerdings ist die Planung komplex, und die Sicherheit, dass am Ende der gewünschte Effekt erzielt wird, hat man nicht. Dazu sind die Reaktionen von vielen gleichzeitig agierenden Menschen zu schwer planbar. Hinzu kommt, dass die Botschaft des Candystorms sich abheben muss, wie das Beispiel im Zusammenhang mit Obdachlosigkeit zeigt. Wer entweder gewollt oder durch Zufall einen Candystorm erlebt, kann sich jedoch in jedem Fall glücklich schätzen.
Einzelnachweise
- ↑ Candystorm Definition de.wikipedia.org. Abgerufen am 05.07.2017
- ↑ Shitstorm vs. Candystorm zukunftsinstitut.de. Abgerufen am 05.07.2017
- ↑ Shitstorm - ein Negativ Beispiel crowdcreation1314.wordpress.com. Abgerufen am 05.07.2017
- ↑ Wie sich ein Shitstorm in einen Candystorm verwandeln lässt wuv.de. Abgerufen am 05.07.2017
- ↑ Candystorm – Lobhudelei auf Bestellung caveman-werbeagentur.de. Abgerufen am 05.07.2017
Weblinks