Wenn sich Gerichte mit Google AdWords beschäftigten, ging es in der Vergangenheit fast immer um Brandbidding.
Auch wenn sich in vielen Konstellationen noch immer nicht sicher sagen lässt, ob die Buchung auf eine fremde Marke zulässig ist, so nehmen die Entscheidungen zum Keyword-Advertising doch ab. Immer mehr Urteile beschäftigen sich dagegen mit der Ausgestaltung der Anzeigen selbst. Dabei lassen sich die häufig begangenen Fehler relativ einfach vermeiden. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass auch AdWords-Anzeigen Werbeanzeigen sind, bei denen eben die rechtlichen Regeln zu beachten sind.
Im Folgenden haben wir die häufigsten Fehler dargestellt und die einfachsten Strategien, wie diese zu vermeiden sind, für Dich erläutert.
Auch kleine Textanzeigen sind Werbeanzeigen, für die das Wettbewerbsrecht gilt. Werbung darf nicht irreführend sein. Wird in einer Anzeige eine kostenlose Leistung angeboten, muss sich auf der Landingpage auch ein kostenfreies Angebot finden. Das gilt für AdWords-Anzeigen genauso wie für Banner und Plakatwerbung. Auch die Claims dürfen nicht unzutreffend oder fehlerhaft sein und den durchschnittlichen Adressaten nicht in die Irre führen.
Entscheidend für die Beurteilung, ob eine Irreführung vorliegt, ist der Moment, in dem die Anzeige eingeblendet wird. Achte daher stets auf die Aktualität und Richtigkeit der Angaben in Deinen Werbeaussagen und denke daran: Der Werbende ist für die Anzeigen stets selbst verantwortlich!
Bei einer Angabe von Lieferfristen, sollten diese auch einhalten werden. Wer also “Same-Day-Delivery” in der Anzeige schreibt, muss auch eine taggleiche Lieferung anbieten und umsetzen können.
Einschränkungen auf der Landingpage sind nur insoweit zulässig, wie der durchschnittliche Nutzer damit rechnen kann. So sollte zum Beispiel jedem Nutzer klar sein, dass an einem Sonntag nicht geliefert wird, sodass es in diesem Fall genügt, die Beschränkung auf der Landingpage transparent zu machen.
Abbildung 1: Lieferung innerhalb von 24 Stunden
Gilt die Werbung nur unter bestimmten Einschränkungen, ist der Werbende dazu verpflichtet dies in der Anzeige deutlich zu machen. Nur wenn der durchschnittliche Nutzer, der nach dem jeweiligen Keyword sucht, mit den Beschränkungen rechnen wird, genügt es, diese in der Landingpage zu integrieren. Dort sollten etwaige Beschränkungen dann aber unmittelbar sichtbar sein.
Abbildung 2: Beschränkung der Gültigkeit des Preises auf 100 Stück
Zur unlauteren Werbung gehören auch falsche Angaben in den Anzeigen. Vorsicht ist insbesondere bei Werbung mit lokaler Produktverfügbarkeit geboten. Die beworbene Ware muss dabei für einen angemessenen Zeitraum zu dem beworbenen Preis verfügbar sein. Die Anzeige darf daher nur solange ausgeliefert werden, wie ein potenzieller Kunde, wenn er sich am gleichen oder am Folgetag in das Ladengeschäft begibt, die Ware auch noch kaufen kann und zwar zu dem in der Anzeige beworbenen Preis. Bei den gesetzten Links in den Shop des Werbenden sind die Regeln noch strenger. Ist das beworbene Produkt nicht mehr verfügbar, muss die Werbung dafür abgeschaltet werden.
Letztlich gilt das auch für Preisangaben im Moment der Anzeigeneinblendung. Der Wettbewerbszentrale waren etwa die Angaben von verfügbaren Hotels bei Anzeigen von Trivago ein Dorn im Auge. Wer mit 190 Hotels wirbt, sollte auch 190 Hotels in der entsprechenden Region im Angebot haben. Trivago hat daraufhin die Praxis geändert, booking.com noch nicht.
Abbildung 3: Werbung mit Anzahl der zur Verfügung stehenden Hotels und einem Ab-Preis.
In vielen Branchen verlangen Spezialgesetze, dass jede Werbung aufklärende Hinweise enthält. Der wohl bekannteste Hinweis ist der auf den Arzt oder Apotheker. Doch auch in der Automobilindustrie und vielen anderen Bereichen gibt es Pflichtangaben, die in jede Werbung zu integrieren sind.
In der Regel genügt es, wenn der Nutzer über einen Link zu dem Pflichttext gelangen kann. Allerdings ist eindeutig und in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass er über den Link zu den Pflichtangaben gelangen kann. Zudem muss der Link auf eine Internetseite führen, auf der der Nutzer ohne weitere Zwischenschritte den Pflichttext lesen kann.
Abbildung 4: Hinweis auf den Pflichttext auf der Landingpage
Die Werbung mit Preisen in AdWords-Anzeigen ist mit Risiken verbunden. Primär sollte dabei der Preis auf der Zielseite unmittelbar erreichbar sein. Es ist zum Beispiel irreführend, wenn mit Preisen geworben wird, die nicht oder nur unter vollständig unrealistischen Bedingungen erreichbar sind. Dies gilt jeweils im Moment der Einblendung der Anzeige.
Während ein Vorbehalt „Solange der Vorrat reicht!“ in der Printwerbung zulässig sein kann, gilt das online nicht, weil die Werbung ohne Weiteres kurzfristig abgeschaltet werden kann und Nutzer mit der Verfügbarkeit von Produkt und Preisen rechnen.
Spezialfall “Ab-Preise”: In Google Anzeigen ist die Angabe von Ab-Preisen zulässig, dies ist jedoch kein Freifahrtschein für irreführende Werbung. Wirbt etwa ein Hotel mit „DZ ab 89,- Euro“, muss sich dieser Preis für ein Doppelzimmer auf der Landingpage auch realisieren lassen – und zwar nicht nur an einem Montag in acht Wochen.
Abbildung 5: Ab-Preise müssen unter normalen Umständen erreichbar sein.
Grundsätzlich besteht keine Pflicht zur Angabe von Preisen in AdWords-Anzeigen. Wenn man jedoch einen Preis gegenüber dem Verbraucher angibt, sollte es sich dabei um den Gesamtpreis handeln, der alle Steuern und zusätzlichen Kosten beinhaltet. Eine Ausnahme besteht nur, wenn es sich um ein klar erkennbares B2B Angebot handelt (zum Beispiel Werbung für eine Lohnsteuersoftware, nicht aber Anzeigen im Gastronomiebereich, wenn die beworbenen Artikel auch durch Privatleute genutzt werden können).
Bei der B2C-Werbung ist der Werbetreibende verpflichtet anzugeben, ob Versandkosten anfallen und wie hoch diese sind. Hier kann es genügen, dies transparent auf der Landingpage zu tun.
Der beworbene Preis enthält dabei alle fixen Bestandteile. Auch wenn noch eine einmalige Zahlung für ein bestimmtes Produkt entrichtet werden muss, zum Beispiel für eine SIM-Karte in der Mobilfunkwerbung, ist diese Information trotz geringem Platz in einer AdWords-Anzeige zu integrieren.
Abbildung 6: Zusätzliche Einmalzahlungen sind in der Anzeige anzugeben.
Wird in AdWords-Anzeigen mit Preisreduktionen geworben, sollte auf der Zielseite deutlich gemacht werden, für welche Produkte der Nachlass genau gilt und unter welchen Voraussetzungen der Rabatt in Anspruch genommen werden kann.
Einer Angabe der Einzelheiten in der Google-Anzeige selbst ist nicht erforderlich. Eine Werbung mit einem Rabatt ist also bei Kampagnen denkbar, wenn der Preisnachlass auch auf der Zielseite entsprechend beworben wird. Ist im Shop von einem Rabatt nicht mehr die Rede, ist die Anzeige wettbewerbswidrig.
Insbesondere bei der Buchung von Konkurrenz-Keywords stellt sich auch die Frage, ob die Google-Nutzer eine Rabattangabe nicht als Vergleich mit den Preisen des Wettbewerbers verstehen. Eine Kombination aus Brandbidding und Preisnachlässen ist daher häufig riskant.
Abbildung 7: Zum Zeitpunkt der Einblendung dieser Anzeige müssen Flüge mit 70 % Rabatt auf einen Normalpreis buchbar sein.
Während die Buchung fremder Marken durch einen Konkurrenten im Zweifel zulässig ist (Achtung: Es gibt viele Ausnahmen), ist es bei der Verwendung von Marken im Anzeigentext selbst genau umgekehrt.
Die Verwendung einer Marke in der Anzeige ist gleichzusetzen mit der Nutzung der Marke, die eine Rechtfertigung voraussetzt. Zulässig ist eine solche Nutzung zum Beispiel, wenn der Werbende Reseller der Marke ist. Wer als Händler berechtigt ist, die Marke zur Bewerbung der Produkte zu verwenden, darf das auch in AdWords-Anzeigen tun. Weniger eindeutig ist der Fall, wenn die Nutzung der fremden Marke zur Abgrenzung der eigenen Leistungen dient. Auch hier ist aber eine zulässige Ausgestaltung denkbar.
Abbildung 8: Die Verwendung von Produktmarken in der Anzeige selbst ist Resellern gestattet
Für Ärger sorgen bisweilen die Anzeigenerweiterungen.
Anruferweiterungen
Bei Anruferweiterungen ist insbesondere die Kostentransparenz zu beachten. Handelt es sich um kostenpflichtige Mehrwertrufnummern, müssen die entstehenden Kosten angegeben werden. Dabei reicht der oft genutzte Hinweis, dass Mobilfunkgebühren abweichen können, nicht aus. Vielmehr soll ein Höchstbetrag pro Minute angeben werden. Da dafür meist zu wenig Platz bestehen wird, bietet es sich an, lediglich kostenfreie oder Ortsrufnummern zu integrieren.
Abbildung 9: Bei kostenpflichtigen Rufnummern muss der Preis für den Anruf angegeben sein.
Standorterweiterungen
Werden Standorterweiterungen verwendet, dürfen die Angaben keine Fehler enthalten. Wird eine falsche Zuordnung vorgenommen, kann das wettbewerbswidrig sein. Weil die Werbenden für die Anzeigen nach außen verantwortlich sind, gilt hier wie auch sonst, dass die Anzeigen jeweils getestet werden sollten.
Abbildung 10: Eingefügte Orte können problematisch sein, wenn an der angegebenen Adresse kein Ladengeschäft existiert
Bewertungserweiterungen
Insbesondere wenn Bewertungen unmittelbar in die Anzeigen eingebunden sind, liegt es nahe für einen besseren Gesamteindruck zu sorgen. Fake-Bewertungen sind jedoch unzulässig! Außerdem kommt solcherlei Schleichwerbung öfter ans Tageslicht als vermutet. Daher sollte man dies genauso vermeiden, wie Schlechtbewertungen der Konkurrenz.
Abbildung 11: Nur echte Kundenmeinungen! Selbstbewertungen sind Schleichwerbung
Die lange Liste möglicher Fehler bei der Gestaltung von AdWords-Anzeigen vermittelt vielleicht den Eindruck erheblicher Risiken. Wenn man sich bewusst macht, dass Google-Anzeigen eben (auch) Werbeanzeigen sind, relativiert sich dieser Eindruck aber. Letztlich müssen die rechtlichen Anforderungen auch bei kontextbasierten Anzeigen bedacht werden.
Für Agenturen heißt das, die Kunden auf entsprechende Risiken hinzuweisen und nicht blind nach den Vorgaben des Käufers zu buchen. Noch gefährlicher - und potenziell haftungsträchtig - ist es, wenn die SEA-Agentur selbst die Anzeigen gestaltet und Rechtsprobleme übersieht. Hier muss die Agentur nötigenfalls für Aufklärung sorgen. Dies gilt insbesondere bei der Werbung mit Preisen, bei der es eine enge Abstimmung mit dem E-Commerce-Team des Kunden braucht.
Auch die Kunden sind potenziell in der Haftung und können sich dem auch nicht durch ein pauschalen Verweis auf beauftragte Agenturen entziehen. Im Gegenteil: der Kunde haftet für etwaige Wettbewerbsverstöße und ist dafür verantwortlich, dass die Agentur alle notwendigen Informationen hat.
Veröffentlicht am Sep 20, 2017 von Martin Schirmbacher