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UX Writing: So liefern Deine Texte eine positive Nutzererfahrung

Text ist gleich Text? Da kann doch nicht viel schiefgehen. Von wegen. Auf einer Website brauchst Du nicht irgendeinen Text, sondern UX Writing. Warum? Ganz einfach: Guter UX-Text nimmt uns an der Hand und lässt uns wiederkommen – kurz, die perfekte Nutzererfahrung. Wie Du UX Copywriting und Microcopy angehen kannst und was das überhaupt ist, erfährst Du hier!

Was ist UX Writing?

UX Writing ist die Kunst, Nutzer*innen vom ersten Moment an zu begleiten. Das Ziel ist es, ihnen jeden Schritt auf der Website so leicht wie nur möglich zu machen. Um es auf gut Deutsch zu sagen: UX Writing heißt, Inhalte nutzerfreundlich zu schreiben und zu gestalten.

UX Writing vs. Marketingtexte

Anders als bei reinen Marketingtexten geht es nicht primär um den Werbezweck und darum, potenzielle Kundschaft an Land zu ziehen. Nein, es geht um den Gesamteindruck. Deshalb schließt UX Writing neben dem Fließtext auch die sogenannte Microcopy ein: kleine Textschnipsel, wie Du sie etwa auf CTA- oder Navigationsbuttons siehst.

klassische-microcopy

Abbildung 1: Klassische Microcopy (Quelle: Evergreenmedia)

Aber warum all die Mühe? Das ist schnell erklärt:

  • Eine gute Nutzererfahrung (UX) hinterlässt einen positiven Eindruck, und sei es nur unbewusst.

  • Jemand, der sich auf der Website bestens zurechtfindet, bleibt länger dort.

  • Das ist wiederum ein positives Signal für den Suchmaschinen-Algorithmus. Der richtet sich nämlich auch nach Nutzersignalen.

UX Writing + Content Design = positive User Experience

Nutzerfreundlich ist ein Text nur in einer schönen äußeren Form, das sog. Content Design. Man kann es nicht oft genug betonen: Content Design und UX Writing gehen Hand in Hand. Eben deshalb profitiert jede Website davon, wenn zuerst der Text entsteht und danach das Design angepasst wird.

Denn je strikter das Layout schon vorgegeben ist, desto weniger kann der oder die Texter*in tatsächlich auf das Nutzerverhalten eingehen. Und dann sind wir sehr schnell zurück bei der klassischen Sales Copy – die leider oft nur eine schön verpackte Box ohne jeglichen Inhalt ist.

Das sieht dann zum Beispiel so aus:

negativbsp-ux2

Abbildung 2: Negativbsp. User-Experience Kategorieseite (Quelle: Plusservice)

Wo liegt hier das Problem? Nun ja: Das Titelbild dominiert die Seite und der Verweis zu den eigentlichen Leistungen geht (oben links) fast schon unter. Der Text zum Angebot ist zwar präsenter – aber liefert keinerlei relevante Information, ausgenommen vielleicht die rot markierten Stellen. Das Leistungsspektrum sehen wir erst, wenn wir nach unten scrollen.

Der restliche Text liefert mit klassischen Sales-Formulierungen durchweg Argumente, die eigentlich selbstverständlich sein sollten: geschultes Personal, zuverlässige Ergebnisse, Zufriedenheit etc. Viel fluff und (so gut wie) nichts dahinter.

Fazit: In die Seite ist zweifellos einiges an Überlegungen geflossen; spontan zusammengeschustert wirkt der Auftritt nicht. Dennoch kann die Website nicht überzeugen, denn Textelemente gehen erstens unter und verraten uns zweitens so gut wie nichts über das Angebot.

Du siehst: Was theoretisch logisch klingt, scheint praktisch für viele Websites eine unlösbare Aufgabe zu sein. Wenn Du es besser machen willst, lies weiter – denn jetzt gibt’s 6 Tipps für gelungenes UX Writing!

1. Die Texte sind leicht zu verarbeiten.

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen: Ein guter UX-Text ist schnell verständlich. Blocktexte, Schachtelsätze und verwegene Sprachkunst machen sich in Prosa gut – für Webtexte sind sie jedoch eine Katastrophe.

Erst recht vor dem Hintergrund, dass nach wie vor die wenigsten Leute Online-Content vollständig lesen. Stattdessen scannen viele Leser*innen einen Text, d. h. sie überfliegen ihn nur. In den letzten Jahren hat sich dabei das sogenannte Pinball-Muster herauskristallisiert: Der Blick springt (oft willkürlich) zwischen verschiedenen Elementen auf einer Seite hin und her. Das ergab 2019 eine Folgestudie der Nielsen Norman Group.

Der UX-Text muss also leicht zu scannen sein. Das funktioniert u. a. mit Elementen wie…

  • kurzen Absätzen (max. 5 Zeilen) mit jeweils einer Idee pro Absatz

  • mind. alle 150 Wörter eine Unterbrechung im Fließtext durch Aufzählungen, Grafiken, …

  • Zwischenüberschriften als „Gerüst“ für den Text

  • einem Inhaltsverzeichnis mit Sprungmarken

Die große Herausforderung bei UX Writing ist es, einen Text in genügend kleine (oder größere) Häppchen zu verpacken. So können User*innen den Inhalt überfliegen und trotzdem alles Wichtige daraus mitnehmen.

Noch ein Tipp: Verrate immer von vornherein, was auf die Leute zukommt. So können sie einschätzen, ob Dein Content ihre Zeit wert ist.

Und wo bleibt da der Spannungsfaktor? Nun ja, mit dem solltest Du lieber sparsam umgehen. Denn obwohl z. B. Si Quan Ong von Ahrefs empfiehlt, „open loops“ zu setzen und somit Fragestellungen eine ganze Weile offen zu lassen – ich würde mich nicht darauf verlassen, dass dieses Konzept aufgeht. Erwarte Dir nie, dass Dein Publikum großzügig mit seiner Zeit umgeht.

Wenn Du Dir eins merken musst, dann das: Bessere Texte zu verfassen heißt, auf jedes noch so kleine Detail zu achten.

Wann ein Text „leicht zu verarbeiten“ ist, hängt außerdem von der Zielgruppe ab. Die musst Du beim Texten in- und auswendig kennen und verstehen können. Stell Dir immer die Frage: Welche Person möchte was von mir, und warum?

2. Die Microcopy ist optimiert.

Wir erinnern uns: Microcopy sind all die kleinen Texte, die uns auf einer Webseite begegnen und nicht zu einem längeren Fließtext gehören. In der Regel bestehen solche Microcopy-Texte gerade einmal aus ein paar Wörtern – doch hier muss jeder Buchstabe sitzen!

Damit sind wir schon bei den goldenen Regeln für Microcopy:

  • Formuliere unmissverständlich.

  • Halte dich kurz.

  • Verwende Ziffern statt ausgeschriebene Zahlen, wo es sich anbietet. Ein Beispiel: „3 ungelesene Nachrichten“ ist besser als „Drei ungelesene Nachrichten“.

  • Hebe CTA-Buttons farbig hervor, sodass sie sich klar vom Fließtext absetzen.

Bei Ryte sieht Microcopy beispielsweise so aus:

microcopy-ryte

Abbildung 3: Microcopy muss auf den ersten Blick verständlich sein.

Die Nutzer*innen wissen hier sofort, was ihre Optionen sind. Schau Dir an, wie der erste Handlungsaufruf formuliert ist: Der Benefit („Monitore, analysiere, optimiere“) steht ganz am Anfang. Dieses Feld kann man beim besten Willen nicht missverstehen.

Das gleiche Prinzip entdecken wir beim CTA „Kostenlos registrieren“. Theoretisch könnte hier auch stehen „Registriere Dich kostenlos“. Dann käme allerdings das wichtigste Argument („kostenlos“) erst am Schluss – keine optimale Lösung.

3. Du kommst schnell auf den Punkt.

Verständlichkeit ist wichtig, soweit nichts Neues. Doch die einfachsten Formulierungen bringen wenig, wenn der Inhalt keinen roten Faden hat. Denk immer daran: Je leichter Du es Deinem Publikum machst, den Content durchzugehen oder Informationen zu finden, desto besser.

Deshalb: Verrate die wichtigsten Dinge zuerst. Auf Details kannst Du später jederzeit eingehen oder auf einen Deiner anderen Beiträge verweisen. Dieses Prinzip der umgekehrten Pyramide kennen wir aus dem Journalismus, wo die Hauptinformation ebenfalls am Anfang eines Beitrags steht.

„Das Wichtigste zuerst“ kannst Du sogar bis auf die Satzebene herunterbrechen. Das gilt besonders bei Microcopy:

  • So lieber nicht: „Klicke auf das Banner, um die Checkliste zu öffnen.“

  • Viel besser: „Öffne die Checkliste mit einem Klick auf das Banner.“

Die erste Variante fordert zuerst eine Handlung und verrät danach, was man davon hat. In Variante 2 wiederum steht der Benefit am Anfang. Im Zweifelsfall kannst Du aber mit einem A-B-Test jederzeit ausprobieren, welche Formulierung in solchen Fällen am besten funktioniert.

4. Das Frage-Antwort-Prinzip führt durch die Seite.

Unterm Strich ist Content Marketing (und damit UX Writing) stets ein Dialog aus Fragen und Antworten. Dein Job als UX-Texter*in ist es, all diese Fragen zu beantworten oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Die Frage, die Du Dir dabei selbst stellen musst, ändert sich nie: Ist in meinem Text wirklich alles klar? Solange Du darauf mit „Naja, ich glaube schon…“ antwortest, gibt es noch Verbesserungspotenzial.

Stell Dir bei komplexen Sachverhalten vor, Du gibst den Text Deinen Eltern oder Großeltern zu lesen. Würden sie sofort verstehen, was Du sagen willst? Kannst Du mit Begriffen wie UX Writing, Content oder Online Marketing um Dich werfen und müsstest nichts weiter erklären? Das ist natürlich überspitzt gesagt, aber der Punkt ist: Du willst mit Deinen Antworten weiterhelfen – nicht noch weiter Verwirrung stiften.

Ein wertvolles Indiz im Frage-Antwort-Spiel sind die Google-SERPs. Die Vorschläge aus dem „Nutzer fragen auch“-Feature kannst Du oft 1:1 so übernehmen. Für die Suchanfrage „usability“ etwa tauchen diese W-Fragen auf:

w-fragen-usability

Abbildung 4: Nutzerfragen verraten Dir, wonach Dein Publikum sucht (Screenshot: Google)

Das Problem: Nicht alle Fragen sind so eindeutig zu beantworten wie diese Beispiele. Sätze wie „Es kommt darauf an“ oder „Das kann man pauschal nicht sagen“ helfen Deiner Leserschaft allerdings nicht weiter.

Bleibe in so einem Fall bei der nächstmöglichen konkreten Information und relativiere sie im Anschluss.

Gehen wir mal davon aus, jemand sucht nach der optimalen Temperatur zum Brotbacken. Diese Person weiß längst, dass es „darauf ankommt“, um welchen Teig usw. es geht – das musst Du nicht extra sagen. Was Du stattdessen liefern kannst, ist eine Einschätzung: „220-225°C ist eine gängige Temperatur beim Brotbacken.“ Danach erklärst Du, welche Faktoren im Spiel sind.

5. Der Text ist sprachlich einwandfrei.

Jeder kleine Fehler steht dem Lesefluss im Weg. Es mag Deiner Zielgruppe nicht bewusst auffallen, aber trotzdem leidet die Verständlichkeit unter Interpunktions-, Tipp-, Rechtschreibfehlern etc.

Gleich wichtig wie das Schreiben an sich ist deshalb die Korrektur. Von einer gründlichen Qualitätsprüfung kann jeder Text nur profitieren! Genau hinschauen heißt es u. a. bezüglich…

  • Wortwiederholungen (klassisch sind auch, aber, wenn, …)

  • Zeichensetzung

  • Grammatikfehler

  • Aktiv- statt Passivformulierungen

  • der Satzlänge

  • Scan-Hilfen wie gefettete Begriffe oder Aufzählungen

Im besten Fall gilt das 4-Augen-Prinzip, d. h. jemand anderes korrigiert Deinen Text. Achtung: Lies ihn selbst auch noch einmal durch, sobald er fertig korrigiert ist. So kannst Du sichergehen, dass der Stil nach wie vor einheitlich ist und es keine Ergänzungen gibt, die so gar nicht zu Deinem bisherigen Text passen.

Noch eine Anmerkung zum Thema Verständlichkeit: Vielleicht hast Du in der Korrekturschleife schon das Argument gehört, Binnen-I und Co. würden die Lesbarkeit stören. Überlege Dir trotzdem, inwiefern Du geschlechtersensible Sprache einsetzen willst. Willst, nicht kannst, denn letztendlich bleibt es eine Frage des Wollens.

Es ist keineswegs unmöglich, einen Text gleichzeitig verständlich und inklusiv zu formulieren. Das generische Maskulin hinter sich zu lassen, ist reine Gewohnheitssache – und eine Gewohnheit, die durchaus angebracht ist. Denk daran, dass ein beträchtlicher Teil Deines Publikums eben nicht Leser sein werden, sondern Leserinnen. Ob die sich daran stören werden, dass Du sie aktiv mit ansprichst? Wohl kaum.

6. Es passiert nicht zu viel auf einmal.

Zu guter Letzt kommen wir noch einmal zur grafischen Ebene. Denn wie schon gesagt: UX Writing funktioniert nur dann gut, wenn Text und Design perfekt harmonieren. Wer’s nicht glaubt, möge sich diesen Beitrag über Lesbarkeit ansehen. Nützliche Informationen gibt es dort genug – allerdings vergraben in einer Textwand, die fast schon erdrückend wirkt.

Stell Dir vor, du müsstest diesen Text nun auf dem Smartphone lesen. Keine verlockende Aussicht, oder? Das ist ein Problem, denn viele Website-Zugriffe passieren heute über Mobilgeräte. Nicht umsonst hat Google längst den Mobile First Index eingeführt. Lass also nie, nie, nie die Mobile Usability aus den Augen!

Gute Usability heißt nicht zuletzt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. „Viel hilft viel“ ist ein Gedanke, den Du am besten gleich wieder vergisst. Denn je mehr Schriftarten, Farben, GROSSBUCHSTABEN etc. du verwendest, desto verwirrender wirkt das Gesamtbild.

Orientieren kannst Du Dich an diesen Empfehlungen:

  • Vorsicht mit riesigen Header-Bildern ohne Kontext

  • Überschriften ungefähr gleich lang und einzeilig halten

  • genug Weißraum

Der Weißraum kann einen großen Unterschied machen. Vor allem lange Texte wirken dadurch gleich deutlich entzerrt!

Fazit: UX Writing ist eine Frage der Empathie

Gutes UX Writing ist ein Text, der den Leser*innen nicht zu viel abverlangt und gleichzeitig alles liefert, was sie brauchen. Wirklich gutes UX Writing ist es, wenn dieser Text und die optische Gestaltung ein eingespieltes Team sind.

Das funktioniert nur, wenn bei der Content-Erstellung eine Menge Empathie im Spiel ist. Du als UX-Texter*in und auch alle anderen Beteiligten müssen sich in die Person hineinversetzen können, die euren Content ansieht. Aus welcher Situation heraus landet sie auf dieser Website? Was möchte sie dort finden – und wie könnt ihr dafür sorgen, dass sie es schnell findet?

All das kannst Du selbst für Deine Zielgruppe am besten einschätzen. Kombiniere dieses Wissen mit den Tipps, die Du hier gelesen hast, und Du kannst beim UX Writing nicht mehr viel falsch machen!

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Veröffentlicht am Jul 23, 2020 von Josefa Niedermaier