Behavioral Pricing


Das Behavioral Pricing (deutsch: verhaltensbezogene Preisgestaltung) ist ein relativ neuer Ansatz bei der Preisbildung von Handelsgütern. Aufgrund des Verhaltens der potenziellen Kunden wird ein Preis für ein Produkt festgelegt. Verhalten kann dabei vielfältig bestimmt werden: Durch den Suchverlauf im Browser, Klickpfade beim Onlineshopping, demografische Daten sowie Profile in sozialen Netzwerken.[1] Diese Daten über das Verhalten der Kunden bilden die Grundlage für eine Preisgestaltung, die somit psychologische, emotionale und behavioristische Aspekte miteinbezieht.

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Allgemeine Informationen zum Thema

Die klassische Preistheorie geht, vereinfacht gesagt, davon aus, dass rationale Faktoren das Verhalten der Kunden bestimmen. Dass die Kunden über vollkommene Informationen über die Preise verfügen und dass alle Präferenzen der Kunden vollkommen klar sind. Der Kunde wählt einen Preis (ein Produkt) aus und nimmt an, dass der Nutzen des Produktes durch den Kauf maximiert wird.

Solche Nutzen-Kosten-Modelle ziehen jedoch nicht in Betracht, dass Kunden sich nicht immer rational verhalten. Sie weichen in ihrem Verhalten von den Annahmen der klassischen Preistheorie ab; sie bewerten einen Preis im Hinblick auf verschiedenste Bezugsgrößen, wie zum Beispiel die Reputation des Herstellers oder das eigene Kapital. Zudem verhalten sie sich nicht linear: Sie brechen die Produktsuche ab und kehren später wieder. Sie können sich an Preise nicht erinnern und nehmen nicht immer konkrete Vergleiche zur Hilfe.

Entscheidungen für Preise fallen also offenbar aufgrund verschiedener Aspekte – rationale Erwägungen sind nur eine Facette bei der Preisbildung. Emotionale, psychologische und vor allem kognitive Aspekte spielen bei der klassischen Theorie nur am Rande eine Rolle. Das Behavioral Pricing rückt subjektive Faktoren ins Zentrum und versucht zu verstehen, wie Konsumenten sich für einen Preis und somit für ein Produkt entscheiden.[2]

Funktionsweise

Bei der verhaltensbezogenen Preisbildung wird angenommen, dass die Wahrnehmung eines Preises aus Sicht der potenziellen Kunden wesentlich komplexer ist. Das Behaveioral Pricing will den klassischen Ansatz jedoch nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen. Im Zentrum stehen Fragen wie:

  • Wie nehmen Kunden Preisinformationen auf und verarbeiten diese?
  • Wie reagieren sie auf Preisangebote?
  • Wie nutzen Kunden diese Preisinformationen für ihre Urteile und Entscheidungen?

Die Grundlage für diese kognitiven Prozesse bildet ein Reiz-Reaktionsschema, das die Vorgänge des Kunden erklären soll: Die Ausgangslage ist der Stimulus oder Reiz. Dieser wird durch den Konsumenten aufgenommen und führt zu einer subjektiven Beurteilung seinerseits. Das Ergebnis ist ein individuelles Verhalten, das auch als Reaktion bezeichnet wird.

Beispiel

Angenommen ein Konsument befindet sich auf der Suche nach einer Winterjacke. Er nutzt die Google-Suche und besucht verschiedene Onlineshops oder Händlerplattformen. Einer dieser Händler nutzt das Behavioral Pricing und registriert seinen Besuch. Der Händler kann unter Umständen auch damit zusammenhängende Daten auslesen, wie den Suchverlauf im Browser oder den Navigationspfad oder Klickpfad auf der Website. Der Konsument verlässt zunächst die Plattform wieder und entscheidet sich erst zwei Wochen später für einen erneuten Besuch der Produktseite. Dadurch dass er die Produktseite schon Mal angesehen hat, weiß der Händler, dass der Konsument ein Interesse an dem Produkt hat.

Besucht der Konsument nun ein weiteres Mal die Produktseite, könnte der Händler diese Informationen nutzen, um den Preis der Winterjacke zu erhöhen. Tatsächlich kommt dies in der Praxis vor. Wenn Konsumenten bestimmte Shops und Produktseiten mehrmals besuchen, werden die Preise der entsprechenden Produkte marginal verändert – zum Beispiel um 5%. Für den Konsumenten ist dies ein Signal, dass er zuschlagen muss. Er geht davon aus, dass sich der Preis weiter erhöhen könnte. Er nimmt die Preisinformation auf. Er verarbeitet und beurteilt die Information der Preisänderung so, dass sie eine Reaktion, eine Handlung nach sich zieht. Dabei erinnert er sich an den Preis bei seinem ersten Besuch der Produktseite.

Struktur des Behavioral Pricing

Demgemäß kann eine grobe Struktur beim Behavioral Pricing folgendermaßen aussehen:

  • Preisinformationsaufnahme: Faktische Informationen wie Angebot, Beratung und transparente Beschreibungen des Gutes bilden die objektive Ausgangslage.
  • Preisinformationsbeurteilung: Die Einstellung des Konsumenten, seine Wahrnehmung und die Interpretation der faktischen Informationen führen zu einer Beurteilung. Mitunter kommen andere Informationen hinzu, die nichts mit dem Gut zu tun haben – wie zum Beispiel eine Veränderung der finanziellen Ausgangslage.
  • Preisinformationsreaktion: Das Verhalten kann ein Kauf, ein Nicht-Kauf oder ein Aufschub sein. Bei einem Aufschub fängt der Prozess von Neuem an und der Konsument erinnert sich unter Umständen an die ersten Preisinformationen.

Bedeutung für die Suchmaschinenoptimierung

Jegliche Daten, die Onlineshops und Händler über ihre Kunden sammeln, kommen beim Behavioral Pricing zur Anwendung. Behavioral Pricing kann als Cognitive Computing betrachtet werden, da ein System durch das Verhalten seiner Nutzer dazulernt. Für den E-Commerce kann dies eine Chance sein, größere Margen zu erzielen oder eine größere Basis an Kunden zu gewinnen. Mit einem solchen Ansatz gehen jedoch auch verschiedene Aspekte von Big Data, Tracking und der Webanalyse einher.

Da das verhaltensbezogene Ändern der Preise noch ein relativ junges Thema ist, gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse über langfristige Folgen für den Markt und die Konsumenten. Die Nutzer könnten ebensogut einen anderen Händler präferieren, wenn der Preis eines Produktes erhöht wird. Für die Konsumenten bedeuten verhaltensbezogene Preisänderungen zunächst also nichts Gutes. Jedoch können Preisveränderungen in beide Richtungen gedacht werden: Wenn ein Konkurrent die Preise eines Marktbegleiters beobachtet, kann er seine Preisbildung neugestalten und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Der Konsument wird trotz des behavioristischen Ansatzes auch rationale Aspekte mit in seine Kaufentscheidung einbeziehen. Er könnte sich für den niedrigsten Preis entscheiden oder seinen Kauf aufgrund des Preisimages tätigen. Es sind vielfältige Aspekte, die bei Kaufentscheidungen zum Tragen kommen. Die gesammelten Daten müssen also nicht unbedingt dazu verwendet werden, den besten Preis zu definieren. Sie können auch eine optimale Preispolitik kennzeichnen.[3]

Einzelnachweise

  1. Behavioral Pricing: A consumer’s worst nightmare, a merchant’s dream thenextweb.com. Abgerufen am 18.05.2015
  2. Behavioral Pricing und Preiswissen marke41.de. Abgerufen am 18.05.2015
  3. Behavioral Pricing vocatus.de. Abgerufen am 18.05.2015

Weblinks