Gender Marketing

Gender Marketing basiert auf der Idee, dass das Konsum- und Kaufverhalten geschlechtsspezifischen Rollen folgt. Frauen und Männer unterscheiden sich erheblich beim Kauf eines Produktes, so die Annahme. Das Gender Marketing versucht, durch die Herstellung und die Vermarktung von Produkten für Frauen und/ oder Männer diese Annahme wirtschaftlich nutzbar zu machen. Frauen und Männer sind letztendlich eigene Zielgruppen und jegliche Marketing-Maßnahmen müssen sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen dieser Segmentierung orientieren.

Allgemeine Informationen zum Thema

Seit Ende der Neunziger wird Gender Marketing in den USA für eine abgestimmte Zielgruppenansprache verwendet. Die Unterschiede beider Zielgruppen reduzieren sich jedoch nicht auf das biologische Geschlecht, sondern erstrecken sich auf soziale Bedingungen, Wertvorstellungen und die Wahrnehmung der Lebenswelt. Wenn im Rahmen des Gender Marketings von Geschlechtern die Rede ist, sind damit keine banalen Stereotypen gemeint, sondern vielmehr Verhaltensweisen, zu denen Männer und Frauen in verschiedener Weise tendieren.

Von der Suche nach einem Produkt über das Vergleichen bis hin zur eigentlichen Kaufentscheidung finden bei Frauen und Männern ganz unterschiedliche Prozesse statt, die teilweise auch in der Gehirnforschung untersucht werden.[1] So kaufen nur 25 % der Frauen ein Produkt, das sie vorher anprobiert haben. Bei Männern liegt dieser Anteil bei 65 %. Während Männer eher lineare Entscheidungen beim Kauf eines Produktes treffen, sind bei Frauen mehrere Suchvorgänge und ein ausführlicher Vergleich anzutreffen – eine Art Kreislauf. Marti Belatta, eine Marketing-Spezialistin unterstreicht diesen Unterschied mit den Worten: "Men are buyers, Women Shoppers."

Die Erkenntnisse des Gender Marketings sollen letztendlich dazu führen, dass Kaufprozesse sowohl den Bedürfnissen von Männern als auch denen von Frauen gerecht werden. Dies kann zunächst durch eine gezielte Segmentierung erreicht werden, sodass Produktpräsentationen, Einkaufserlebnisse und Kundenansprachen sich inhaltlich am Gender Marketing orientieren.[2] Eine Segmentierung alleine reicht jedoch nicht aus.

Praxisbezug

In der Praxis beginnt Gender Marketing mit dem Herausarbeiten der Segmente. Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sollten nicht einfach angenommen, sondern durch aktuelle wissenschaftliche Forschung gestützt werden. Wie die Erkenntnisse umgesetzt werden, ist natürlich auch davon abhängig, in welcher Branche Firma XY welches Produkt absetzen möchte. Produkt und Vermarktung ergeben sich im Idealfall aus der Frage, wie eine Firma bei den unterschiedlichen Zielgruppen auftreten möchte.

McDonald's engagierte beispielsweise Heidi Klum und erweiterte das Portfolio um gesunde Ernährungsalternativen, um ernährungsbewusste Frauen zu erreichen und nicht nur auf eine männerdominierte Zielgruppe, die gerne Hamburger isst, beschränkt zu sein.[3]

Das bloße Angebot eines Produktes in zwei verschiedenen Varianten ist noch kein Gender Marketing. Marketing-Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von den vier P's: Product, People, Place und Promotion. Wichtige Faktoren, die dabei berücksichtigt werden können:

Product

Die Produktwelten von Frauen und Männern unterscheiden sich sehr stark. Die Entwicklung eines Produktes nur für Männer oder Frauen schränkt die Zielgruppe per se ein und sollte sich nach den Bedürfnissen der jeweiligen Gruppe richten. Für wen ist das Produkt gedacht? Welche speziellen Bedürfnisse haben diese unterschiedlichen Kundengruppen?

People

Nicht nur die Kunden sind Menschen, sondern auch die Mitarbeiter der Firma. Letztendlich geht es darum, langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Die Kundenzufriedenheit ist in erheblichem Maße davon abhängig, wie sich die Mitarbeiter gegenüber den Kunden verhalten – mit Berücksichtigung des Geschlechter-Unterschieds. Kommunikation, Wahrnehmung oder Entscheidungsfindung – all das sind Aspekte, die bei Frauen und Männern in Bezug auf die Produktauswahl verschieden gewichtige Rollen spielen können. Darauf sollten sich die Mitarbeiter ideal einstellen.

Place

Am Point of Sale ist das Gender Marketing nicht mehr wegzudenken. Die Umgebung wird auf verschiedenste Bedürfnisse hin gestaltet – auch im E-Commerce-Bereich. Frauen und Männer sehen, fühlen und bewerten Produkte ganz unterschiedlich. Das gilt es zu berücksichtigen. Zum Beispiel mit 3D-Produktbildern, einer farblich passenden Shopumgebung oder dem Bereitstellen von übersichtlichen Informationen, die auf den ersten Blick erfasst werden können. Beide Geschlechter haben auch hier unterschiedliche Präferenzen. Frauen haben zum Beispiel ein gesteigertes Kommunikationsbedürfnis, während Männer Informationen in kurzer, übersichtlicher Form bevorzugen.

Promotion

Die Vermarktung eines Produktes kann auf die jeweiligen Zielgruppen in verschiedenen Hinsichten optimiert werden. Das Gender Marketing versucht, offensichtliche Stereotypen zu vermeiden. Werbespots für Unterwäsche, die mit schlanken Models präsentiert werden, sind in der Regel weit entfernt von der tatsächlichen Lebenswelt der Frauen, die diese Unterwäsche kaufen würden. Form und Farbe eines Produktes, Kundenansprache und Firmenimage – all das sind Faktoren, die bei der Vermarktung nach Gender-Regeln zu beachten sind.

Bedeutung für das Online Marketing

Die Erkenntnisse des Gender Marketings können sich in erheblichem Maße auf das Online Marketing auswirken, betreffen aber ganz verschiedene Bereiche. Angefangen mit dem Design und der Optik eines Onlineshops über Funktionen im Warenkorb bis hin zum Customer-Relationship-Management lassen sich vielfältige Einsatzfelder für den sogenannten Gender-Commerce finden. Stichworte wie Customer Journey, Customer Experience, Corporate Identity oder Usability sind in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.

Marketer sollten dabei allerdings etwas Neugierde in Sachen Gender-Forschung an den Tag legen, denn banale Unterschiede wie die Farbpräferenzen von Frauen und Männern können auch dazu führen, dass die Vermarktung eines Produktes nicht gelingt. Insbesondere dann nicht, wenn die Werbung eher mit Klischees gefüllt ist als mit tatsächlichen Erkenntnissen des Gender Marketings.[4] Gender-Commerce kann zudem neue Märkte erschließen, wenn die Unterschiede zwischen Frauen und Männern ernst genommen werden. Letzteres kann bedeuten, diese Unterschiede zu betonen oder sie zu nivellieren und zu überwinden – je nach Produkte, Marke, Branche, Image und Zielgruppe.

Einzelnachweise

  1. Männer treffen Vertrauens-Entscheidungen anders als Frauen absatzwirtschaft.de. Abgerufen am 17.11.2014
  2. Webdesign und E-Commerce: Frauen shoppen anders, Männer auch (Gender Commerce) webmagazin.de. Abgerufen am 17.11.2014
  3. Gendermarketing: "Shrink it and pink it reicht heute nicht mehr" lead-digital.de. Abgerufen am 17.11.2014
  4. Mach es klein und mach es rosa handelsblatt.com. Abgerufen am 17.11.2014

Weblinks