Mass Customization

Mass Customization ist ein Produktionskonzept, das die kundenindividuelle Erstellung von Gütern und Leistungen mit den monetären Vorteilen der Massenproduktion kombiniert. Der Begriff "Mass Customization" verbindet zwei Gegensätze: Die serielle Massenproduktion steht für vorteilhafte Kostenstrukturen, dagegen beinhaltet die Individualisierung einen Kundendialog, der dem Unternehmen als Informationsquelle über die sehr differenten Wünsche und Bedürfnisse der Kunden dient. Dies können individuelle Produkte, Serviceleistungen oder andere Merkmale wie Qualität sein. Das Ziel des Konzeptes besteht darin, Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

Geschichte

Am Konsumgütermarkt nach dem zweiten Weltkrieg war ersichtlich, dass die Massenproduktion das bestimmende Produktionskonzept war. Es wurde versucht, den Markt mit Produkten zu sättigen, die am Fließband hergestellt wurden. Gegen Ende der Sechziger Jahre führte dies zu einer Sättigung des Marktes. Wissenschaftler sehen darin die Geburtsstunde der Mass Customization. Denn auf die Sättigung folgte eine Segmentierung bis hin zu Nischenmärkten. Angetrieben wurde diese Entwicklung durch soziologische Faktoren: Menschen sehnten sich nach Individualität und somit auch nach individuelleren Produkten.

Es entstanden neue Wertehaltungen, die sich auch im Konsumverhalten niederschlugen. Eine serielle Massenproduktion konnte diese Bedürfnisse nicht bedienen, da die Kostenvorteile schnell verschwanden, sobald verschiedene Varianten von Produkten nachgefragt wurden. Der Markt reagierte mit individuellen Produkten, die mit möglichst großer Effizienz hergestellt wurden, um einerseits Kundenbedürfnisse zu befriedigen und andererseits die vorteilhaften Kostenstrukturen des Produktionskonzeptes zu nutzen.

Möglich wurde dies unter anderem auch durch Entwicklungen in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien. Der Wandel von einer Industrie- zu einer Informationsgesellschaft vollzog sich bereits. Durch ausgefeilte Automation und moderne Steuerungstechnik konnte die Personalisierung von Produkten nun auch maschinell erfolgen.[1]

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Funktionsweise

Die gesamte Wertschöpfungskette wird bei der Mass Customization anders definiert. Der Kunde ist Teil des Herstellungsprozesses, indem er seine Vorstellungen eines Wunschproduktes mit dem Unternehmen teilt. Er trägt aktiv zur Differenzierung des Produktes bei; er ist Prosument. Dadurch, dass ihn das Unternehmen miteinbezieht, bildet er den Anfang der Wertschöpfungskette und nicht das Ende – wie es bei der traditionellen Massenproduktion der Fall ist.

Unternehmen und Kunden bestreiten den Weg zu einem maßgeschneiderten Produkt gemeinsam, obgleich die Umsetzung der Kundenwünsche in der Praxis nicht immer zu 100% erfolgen kann. Die Differenzierungsvorteile, wie der Input der Kunden und die Ausbildung des Portfolios, sind gegen die Kostenvorteile der Massenproduktion abzuwägen. Customization ist hier ein Organisationsprinzip, die Massenproduktion eher ein Produktionsprinzip. Die Frage ist, wie Organisation und Produktion eine Synthese bilden können.

Arten von Mass Customization

Zwei grundlegende Arten von Mass Customization sind:[2]

  • Soft Customization: Die Individualisierung wird nicht im Unternehmen realisiert, sondern außerhalb. Eine Personalisierung erfolgt direkt durch den Kunden oder unter Umständen auch am Ende der Wertschöpfungskette beim Vertrieb. Auch Serviceleistungen können personalisiert werden.
  • Hard Customization: Die Individualisierung erfolgt im Unternehmen. Beispielsweise durch Vorproduktion, Modularisierung wie bei vielen Autoherstellern oder aber durch eine kundenindividuelle Produktion, die die Vorteile der Automation nutzt.

Diese beiden Arten können weiter differenziert werden:

  • Self Customization: Die Individualisierung des Produktes geschieht durch den Kunden. Mithilfe von Apps, Websites und weiteren Software-Anwendungen wählt er bevorzugte Produktmerkmale oder Varianten aus.
  • Point of Sale Customization: Am Punkt des Verkaufes können Kunden und Anbieter gemeinsam ein Produkt personalisieren. Zum Beispiel beim Autokauf, wo der Kunde anhand eines Kataloges Produkteigenschaften wählen kann.
  • Modularisierung: Eine Annäherung an die differenten Kundenbedürfnisse findet durch vorgefertigte Module statt, die der Kunde auswählen und sich zusammenstellen kann. Baukasten-Systeme für Websites sind ein Beispiel dafür.
  • Time based Customization: Der Anbieter fertigt bestimmte Produkte vor und nutzt diesen Zeitvorteil, um dem Kunden ein Produkt anzubieten, das er sich schnell und einfach selbst konfigurieren kann.

Bedeutung für das Online Marketing

Mass Customization ist nicht nur ein Trend in der Industrie – wo auch von der Industrie 4.0 die Rede ist. Das Konzept ist auch und gerade im Internet ein tragfähiges Geschäftsmodell, das die Bedürfnisse der Kunden antizipieren kann und gleichzeitig effiziente Kostenstrukturen nutzt. Der E-Commerce bietet sich dafür an: Mithilfe von Schnittstellen sind Produktpersonalisierungen technisch leicht möglich. Das Internet bietet viele Möglichkeiten zur Differenzierung von Produkten. Dafür sind entsprechende Schnittstellen (Apps, Websites und Programme) sowie ein hohes Maß an Interaktion notwendig.[3]

Wenn diese Art der Kundenorientierung jedoch gut umgesetzt wird, sind Parallelen zum Customer Empowerment erkennbar. Der Kunde bekommt ein Teil der Macht über die Wertschöpfungskette, deren Kontrolle stets der Industrie vorbehalten war. Für diesen Verantwortungsgewinn zahlt der Kunde sogar bereitwillig mehr und lässt sich das personalisierte Produkt nach Hause liefern. Es ist aber nicht nur das individuelle Produkt als solches, das seine Kaufentscheidung beeinflusst. Vielmehr sind es sehr spezielle Wünsche und Bedürfnisse, Wertehaltungen und soziodemografische Faktoren, die den Anbieter als Vertragspartner auszeichnen und spezielle Kundengruppen mit Nischenmärkten zusammenbringen.

Das Internet als Absatzmarkt macht Nischen relativ leicht zugänglich. Individuelle Kundenwünsche sind gewissermaßen der Bedarf, der durch Anbieter gedeckt werden kann. Er stellt die Schnittstellen bereit und erhält im Gegenzug Informationen darüber, was von Kunden gewünscht ist und was nicht. Diese Daten erlauben es dem Anbieter, die Investitionen zu skalieren und noch effektiver auszurichten. Der Kundendialog dient als Input für unternehmerische Entscheidungen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass Möglichkeiten für ein Kundendialog auf Augenhöhe vorhanden sein müssen. Die Art, wie Unternehmen im E-Commerce agieren, hat einen starken Einfluss auf die Wahrnehmung der Kunden. Personalisierungsoptionen sollten zugänglich gemacht und durch Qualität, Service oder andere Merkmale unterstützt werden. Das bedeutet aber auch, dass sich die Integration der Mass Customization auf verschiedene Ebenen der Infrastruktur auswirken muss – Fertigung, Design, Marketing und die Gestaltung der Kundenbeziehungen – und idealerweise Bestandteil eines Change Managements ist.

Einzelnachweise

  1. Mass Customization tu-braunschweig.de. Abgerufen am 16.07.2015
  2. Mythos Mass Customization: Buzzword oder praxisrelevante Wettbewerbsstrategie? aib.wiso.tu-muenchen.de. Abgerufen am 16.07.2015
  3. Mass Customization und Electronic Commerce downloads.mass-customization.de . Abgerufen am 16.07.2015

Weblinks