Auch 2015 sind die Conversion Rates von Besuchern, die mit dem Smartphone im Internet surfen, noch immer sehr gering.
Um mobile Besucher so anzusprechen, dass ein messbarer Erfolg dahinter steht, ist es wichtig, die eigene Zielgruppe zu kennen, deren Wünsche abzudecken und diese auch technisch sauber abzubilden. Mit welchen Maßnahmen Du gezielt die Conversion Rates Deiner mobilen Besucher steigern kannst, erfährst Du in diesem Artikel.
Viele Webseitenbetreiber beobachteten in den letzten Wochen, dass der mobile Traffic auf ihrer Seite den Desktoptraffic überholt hat. Vor allem diejenigen, die ihre Seite auf „Responsive Design“ umgestellt haben. Der Grund für die Umstellung auf Mobilegeräte lag bei vielen Entscheidern in der von Google angekündigten Berücksichtigung der Mobilfreundlichkeit von Webseiten als offizieller Rankingfaktor. Aber steigt mit wachsender Zugriffszahl auch die Mobile Conversion Rate?
Mit der Umstellung soll die User Experience für die mobilen Surfer verbessert werden. Folgt man den gültigen Gesetzen des Interfacedesigns, so müsste auch die Conversion Rate steigen.
Der reine Abverkauf von Waren im mobilen Segment schwächelt. Nur knapp ein Drittel der Verkäufe, die über den Desktop getätigt werden, werden auch am Smartphone abgeschlossen. Das zeigt zumindest die Studie von Monetate über einen Branchenschnitt. Aktuelle Zahlen aus einem meiner Shops zeigen eine rund 50% schwächere Leistung bei Smartphones.
Abbildung 1: Die Anzahl der Sitzungen ist hoch. Die der Verkäufe jedoch nicht.
Abbildung 2: Die aktuellen Conversion Rates bezüglich des Verkaufs im Vergleich der Devices aus einem meiner Shops. (Stand: August 2015)
Wichtig ist, dass in der strategischen Planung festgehalten wird, welche mobilen Interaktionen und Aktionen als konkrete Conversion gemessen werden sollen. Muss ein Kunde tatsächlich kaufen oder zählt auch als Conversion, wenn er das Produkt gesucht, angesehen, verglichen und dann die Details für 45 Sekunden “abgescrollt” und gelesen hat?
Es kann sein, dass diese Interaktion wertvolle Hinweise für den Anbieter beinhaltet. In einem der folgenden Abschnitte, der „Attribution“ wird das eine wichtige Rolle spielen.
Die drei Einflussfaktoren der Conversion Optimierung lauten bekanntermaßen wiefolgt:
1. Betriebswirtschaft: Markt & Zielgruppen
2. Technologie
3. Design & Psychologie
Auch bei der Optimierung im mobilen Bereich spielen diese Komponenten eine wichtige Rolle und geben die Richtung bei der Implementierung vor.
Betrachten wir zuerst die betriebswirtschaftliche Komponente und dabei die Investition sowie den Markt (respektive die Zielgruppe und deren Verhalten):
Um die eigenen Erwartungen an eine mobile Seite auch als messbare Ziele festmachen zu können, macht es Sinn, die eigene mobile Zielgruppe genau zu analysieren.
Eine gute Grundlage zum Verständnis der Device Nutzung bietet unter anderem die von Google beauftragte Studie Multi Screen World. Auch wenn diese schon 2012 erstellt wurde, und der Markt sich in den letzten 3 Jahren weiter verändert hat, so zeigt sie doch in den Grundmustern interessante Erkenntnisse. Vor allem, dass „mobil“ nicht zwingend „unterwegs“ bedeutet. Denn viele User nutzen Smartphone und Tablet zu Hause im Wohnzimmer und Schlafzimmer.
Abbildung 3: Multi Screen World Studie (Forrester)
Um nun herauszufinden, wie groß die Masse an mobilen Käufern ist, die unterwegs oder zu Hause sind, gehst Du am besten wie folgt vor: Du verknüpfst die Anzahl der mobilen Besucher mit den Tageszeiten (Stunden) des Besuchs oder der Conversion.
Je nach Intention der Website kannst Du daraus Deine Schlüsse ziehen – zwar etwas unscharf, aber hinreichend genau.
Praxistipp: Wer Google Analytics nutzt, hat mehrere Möglichkeiten die mobilen User und die Stunden darzustellen. Entweder Du erstellst Segmente, oder Du betrachtest die mobilen User und deren Betriebssysteme. Jede Methode hat gewisse Vor- und auch Nachteile, die zu unscharfen Daten führen. Da Du für diese Analyse jedoch eine gewisse Ungenauigkeit hinnehmen kannst, führt jede Variante zum Ziel.
Abbildung 4: Auswertung Google Analystics
Wie im Screenshot zu sehen ist, shoppen die umsatzstarken mobilen Surfer vor allem zwischen 19:00 und 22:00. Da es sich in diesem Beispiel um einen Shop für Naturkosmetik handelt, liegt die Annahme nahe, dass die mobilen User von zu Hause aus zugreifen. Die mobilen Maßnahmen für diesen Onlineshop sind also eher auf den Kauf und die Kaufunterstützung, als auf Customer Care oder mobile Services wie Filialfinder auszurichten.
Welche Maßnahmen für Deine Webseite richtig und Gewinn versprechend sind, lässt sich durch die Fragestellungen des nächsten Punktes, dem Multi Channel Marketing beantworten.
Im Bereich des Multi Channel Marketings (oder auch Omni-Channel Marketings) werden mobile Anwendungen je nach Einsatzort und Einsatzzweck unterschieden. So gibt es Nutzungsszenarien, die direkt am Point of Sale eintreten oder aus der Entfernung. Beispielsweise wenn der User im Laden ist und dort mit dem Smartphone zusätzliche Informationen zu Produkten abfragen möchte oder aus einer Entfernung von 5 Kilometern mit verschiedenen Maßnahmen zum gesuchten Laden gelockt wird. Verknappungsangebote oder Promotions sind hierfür gut funktionierende Maßnahmen aus der Werbepsychologie. Mobile Anwender, die weiter als 5 km vom Laden entfernt sind, erhalten andere Primärinhalte. So wird zumindest im Multi Channel Marketing geplant.
Diese Vorgehensweise ist ein guter Anhaltspunkt für gewinnbringende Features bei der Planung der eigenen Webanwendung oder mobilen Website. Es ist folglich wichtig, den korrekten Nutzungskontext der eigenen Zielgruppe zu kennen und daraus die gewinnbringendste Maßnahme abzuleiten.
Die richtige Verteilung des Marketing- und Entwicklungsbudgets beschäftigt Marketer seit vielen Jahren. Schon Henry Ford soll gesagt haben: „ Ich weiß, 50% des Marketingbudgets sind hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche Hälfte!“
Der Vorteil des digitalen Marketings ist, dass die Bewegungen der Kunden besser messbar geworden sind. Durch die Attributionsmodellierung wird nun versucht, jeden Marketingkanal monetär zu bewerten und dessen Beitrag zur Conversion festzulegen.
Um die Zielgruppenidentifikation und das Verhalten genauer erheben zu können, wird Google laut Insideraussagen in den nächsten Monaten verstärkt Attributionmodelle und die dazugehörigen Algorithmen in ihre Webanalyticsprodukte implementieren und Vorhandene ausbauen. Es macht also Sinn, sich als Webseitenbetreiber den Bereich Conversions > Attribution in Google Analytics genauer anzusehen, um auch in Zukunft das Modell der Attribution besser zu versehen und so die eigene mobile Zielgruppe passgenau über die entsprechenden Kanäle und Devices anzusprechen.
Abbildung 5: Ansicht aus dem Google Analytics Report “Modellvergleichstool”
Welche Werbemittel nun welchen Beitrag leisten, muss man sich zuerst überlegen. Das funktioniert ähnlich wie bei einer Fußballmannschaft. Nicht nur der Torschütze ist für den Sieg und die Tore verantwortlich, auch andere Spieler sind aktiv beteiligt. Sie geben “Assists” und bereiten die Tore vor. Das Management eines Fußballvereins hingegen überlegt, welche Spieler sie kaufen werden und was diese ihnen wert sind.
Übertragen auf die Media Einkäufer bedeutet dies: Auch wenn eine Bannerkampagne keine direkten messbaren Conversions erzielt, so hat sie doch einen Wertbeitrag und leistet eine unterstützende Funktion zum Endergebnis.
Durch die verschiedenen Modelle der Attribution kann erhoben werden, wie hoch der Beitrag ist und ob sich die Investition gelohnt hat und weiterhin lohnen wird.
First Click Counts
Beim Modell First Click Counts wird der erste Berührungspunkt des Kunden als alleinverantwortlich gemessen. Das macht Sinn, wenn der “Lead” und die Brandawareness eine wichtige Rolle für das Unternehmen und in der Marktkommunikation spielen.
Last Click Counts
Dieses Modell wird vor allem dann eingesetzt, wenn Marken eine hohe Bekanntheit haben und parallel über viele Kampagnen und Kanäle kommunizieren. So kann gesehen werden, welche Maßnahmen unmittelbar vor dem Kauf den entscheidenden Impuls gegeben haben.
Eine Gleichverteilung aller Touchpoints ist vor allem für Unternehmen interessant, deren Marketingbudgets zentral verwaltet werden und eine “Vollkostenrechnung” aus Marketingsicht reicht. Eine kleine Abwandlung dieser Messmethode ist die zeitlich ansteigende Bewertung. Je näher der Abschluss rückt desto höher wird die Wirksamkeit eingestuft. Marketingverantwortliche die Freunde des RFM- Modells (R = Recency, F = Frequency, MR = Monetary Ratio) sind, finden hiermit zusätzliche Messwerte.
Besser ist es jedoch wenn das Attributionsmodell benutzerdefiniert, also auf den eigenen Marketingmix, die Marketingmaßnahmen und die damit verbundenen Unternehmensziele angepasst wird.
Die positionsbasierte Bewertung, die sogenannte “Badewanne” sieht vor allem den Erstkontakt sowie den Abschluss als hohen Einflussfaktor. Verkaufspsychologisch betrachtet ist das auch die relevanteste Methode - dafür aber auch die aufwändigste. Jeder Kanal wird monetär bewertet, was anfangs schwierig und auch nicht immer genau ist. Jedoch passt sich das nach einiger Zeit an, weil vor allem interne Erfahrungswerte aufgebaut werden und diese zur Aussteuerung der Kampagnen und Bewertung herangezogen werden können.
Abbildung 6: Attributionsmodel in Analytics erstellen
Google Analytics bietet zur positionsbasierten Attributierung (spitzen Buzzword, gleich merken!) relativ gute Einstellungsmöglichkeiten:
Die Verteilung der Werte kann über den ersten, die mittleren und den letzten Touchpoint erfolgen. Die mittleren werden gleichbehandelt. Das ist zur Zeit noch etwas unglücklich, aber fürs erste hinreichend. Google verspricht hier jedoch in den kommenden Monaten massive Updates bzw. Umbauten.
Durch Responsive Webdesign soll ein altes Problem der Webdeveloper gelöst werden: Es muss nicht mehr für jedes Endgerät, für jede Auflösung und Browserversion eine eigene Website erstellt werden. Das war und ist sehr aufwendig. Vor allem wenn neue Geräte auf den Markt kommen, kann es passieren dass die Darstellung suboptimal war.
Für die mobile Webseitenprogrammierung gibt es zwei Ansätze: Responsive Webdesign (RWD) und Adaptive Design. Beim Responsive Design entscheidet das Endgerät, wie die Seite dargestellt wird, beim Adaptive Design der Server, welche Version der Seite ausgeliefert wird.
Wer schon Responsive Webdesign Projekte umgesetzt hat, weiß dass die Entwicklung aufwendiger ist als ursprünglich angenommen. Zumindest, wenn die User Experience auch auf Smartphones einigermaßen gegeben sein soll.
Ein neuer Trend (bereits 2011 entwickelt, aber das dauert eben bei uns Informatikern) zeigt sich als Silberstreif am Horizont der mobilen Developer: RESS (Responsive Serverside Servlets). Diese Methode ist einen Kombination aus RWD und Adaptive Design und vereint sozusagen das Beste aus zwei Welten. Einerseits den Vorteil von RWD, nicht für alle Browserauflösungen eigenen Interfaces designen zu müssen und andererseits den Vorteil von Adaptive Design, nur jene Dateien zB groß auflösende Bilder zu übertragen, die auch für die Darstellung benötigt werden oder überhaupt angezeigt werden können.
Abbildung 7: So wirbt RESS
Da wiederkehrende Besucher oftmals zwischen den Geräten wechseln, macht es Sinn in den Smartphone-Ansichten einen Link „Switch to Desktop Version“ anzubieten. Vor allem dann, wenn auf der mobilen Version Inhalte verändert dargestellt oder ausgeblendet werden. Der Vorteil daran ist, dass jede Zielgruppe bzw. deren Intention zufrieden gestellt wird.
Abbildung 8: Zara linkt zur „klassischen Version“. „Desktop Version“ wäre sicherlich aussagekräftiger.
Schwankende Bandbreiten sind starke Conversion Killer. Daher ist es wichtig, bei mobilen Webseiten ein browserseitiges Caching sowie die Browserdatenbank zu nutzen. Bei schlechten Verbindungen muss dann nur der relevante, sich wechselnde Content nachgeladen werden. Bei komplettem Verbindungsabbruch kann auf die lokal gespeicherten Inhalte zurückgegriffen werden z. B. wenn der User den Back Button nutzt.
Die aktuelle Entwicklung von SPAs, sogenannten Single Page Applications gibt einen Trend vor, der auf die technischen Probleme mobiler Nutzung eingeht. Google geht mit dem Framework AngularJs Ende des Jahres in die 2. Version. Der Vorteil der Anwendungen liegt darin, dass nun mehr relevante Teile nach- oder vorausgeladen werden, der User also eine durchgängige Nutzererfahrung ohne Nachladezeiten erlebt.
Seit der Einführung von HTML5 ist es jedem Entwickler möglich, Formularfelder semantisch auszuzeichnen. Das bedeutet, dass Felder, in denen beispielsweise eine Email-Adresse eingefügt werden soll, als Type=“email“ markiert werden können. Der Sinn dahinter liegt in der Interpretationsfähigkeit des Browsers. Der Browser ist in der Lage zu erkennen welche Eingabe erwartet wird und kann diese einfacher validieren. Besonders vorteilhaft ist das bei mobilen Browsern, die dann eine entsprechende Tastatur einblenden, die z. B. auch gleich das @-Zeichen für die schnelle Eingabe von Emailadressen anzeigt. Der User muss also nicht mehr auf die Sonderzeichen umschalten. Die Eingabe wird beschleunigt.
Abbildung 9: Je nach Eingabefeld ändert sich das Tastaturlayout.
Ein häufiger Fehler bei mobilen Seiten ist das Ausspielen von Sekundärzielen auf Startseiten oder Landingpages. Damit sind Umfragen, Anmeldungen zu Newslettern, Aktionen oder Bestätigungen für das Setzen von Cookies gemeint, die als Overlay, Interstitial oder PopUp eingeblendet werden.
Der Lesefluss wird unterbrochen und in vielen Fällen ist der „Schließen“-Button außerhalb des sichtbaren Bereichs. Um das Problem zu lösen, müssen mobile Seiten von den PopUps ausgenommen werden oder die Funktion der Popups Responsive gemacht werden.
Abbildung 10: Ein dunkler Screen, der nicht bewegt werden kann, empfängt die Besucher auf expert.de. Erst nach dem Swipen wird klar: Ein PopUp hat sich geöffnet und blockiert den Interaktionsprozess.
Da die meisten Webseiten Auflösungen von 960 oder 1200 Pixel nutzen, ist bei Bildschirmen von 1280 Pixel Breite immer noch Platz an den Rändern. Dieser Platz wird liebend gerne für Social Media Bars oder drängelnde Newsletteranmeldungen genutzt.
Leider vergessen viele Designer, dieses Feature in den MediaQueires von Smartphones und Tablets auszublenden. Dies führt zu leidigen Nebeneffekt, beispielsweise dass die Sidebars sich nicht mitverkleinern und folglich wichtige Inhalte der Website abdecken.
Abbildung 11: Der Werbebanner überlagert wichtige Inhalte des Teasers und das Gewinnspiel ist nicht auf Anhieb zu verstehen.
Es gibt viele Usability Patterns zur Lösung von Problemen auf mobilen Endgeräten. Viele sind auch in Design Pattern Datenbanken abgelegt. Welche Lösung für Deine eigene Webseite passend ist, kannst Du nur herausfinden, wenn Du Deine Conversion Ziele festlegst und Deine mobilen Zielgruppen und deren Verhalten identifiziert hast. Das beliebige Einfügen mobiler Conversion Patterns führt selten zu einem messbaren Erfolg.
Die Conversion Ziele legst Du idealerweise unternehmensintern bei der Beurteilung der Projektaufgaben und Prioritäten fest. Um die Zielgruppenidentifikation und das Verhalten zu erheben, wird Google laut Insideraussagen in den nächsten Monaten verstärkt Attributionmodelle und die dazugehörigen Algorithmen in ihre Webanalyticsprodukte implementieren. Es macht also Sinn, sich den Bereich Attribution genauer anzusehen, um auch in Zukunft das Modell der Attribution besser zu verstehen und so Deine mobile Zielgruppe passgenau anzusprechen.
Veröffentlicht am Aug 25, 2015 von Kai Radanitsch