Im Webmaster Hangout am 24.08.2017 nannte John Müller Voice Interactions einen wichtigen Trend. Wir haben uns ausführlich mit dem Thema befasst.
Am Ende des deutschen Webmaster Hangouts am 24.08. empfahl John Müller (Google) den Zuschauern, sie sollten sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen verstärkt mit dem Thema Voice beschäftigen. Es sei empfehlenswert, sich zu überlegen, was man in Bezug auf Voice Search und Voice Assistants wie Alexa und Google Home mit der eigenen Website oder Kunden-Websites machen könnte, damit diese für Voice Interactions relevant sind. Mit Diensten wie api.ai könne man experimentieren und sich überlegen, welche Voice Interactions man abfangen könnte.
Abbildung 1: John Müller im Webmaster Central Sprechstunden-Hangout
Da John Müller in seinen Ausführungen - wie üblich - sehr unkonkret blieb, haben wir uns ausführlich mit dem Thema Voice Interactions beschäftigt und sind der Frage auf den Grund gegangen, welche Möglichkeiten der Nutzung von Voice Interactions es gibt und wie man davon profitieren kann.
Aktuell gibt es die folgenden drei Möglichkeiten:
Optimierung des Website-Contents um von Voice-Suchanfragen zu profitieren.
Erweiterung der eigenen Website durch Voice Interactions um die User Experience zu verbessern.
Erstellen von Skills um die eigenen Produkte und Dienstleistungen über Voice Assistants zugänglich zu machen.
Für viele Website-Betreiber ist diese Maßnahme schon längst in der Umsetzung - wenn auch vielleicht nicht mit dem Ziel, den Content für Voice Search zu optimieren. Denn die Optimierung für Voice Search überschneidet sich mit einem weit verbreiteten SEO-Ziel: als Featured Snippet angezeigt zu werden.
Abbildung 2: Ein Wikipedia-Artikel rankt als Featured Snippet
Ob man von Suchmaschinen in einem Featured Snippet angezeigt wird, ist nur indirekt beeinflussbar. MOZ hat in einem ausführlichen Blogartikel erklärt, dass zwei wesentliche Bedingungen erfüllt sein müssen: Zum einen muss die Seite, die als Featured Snippet erscheinen soll, auf Seite 1 der Google SERPs ranken. Zum anderen muss der Content der Seite die gestellte Frage optimal beantworten.
Zur Optimierung auf Fragen ist es also wichtig, sich zu überlegen, welche Fragen gestellt werden könnten und wie diese ideal beantwortet werden können. Dabei können so genannte W-Fragen-Tools behilflich sein, die zu einem Begriff mögliche Fragen wie beispielsweise “Was ist [Begriff]” oder “Wie mache ich [Begriff]”. Beantwortet man mit seinem Content diese Fragen besser als alle anderen Ergebnisse für das Wunsch-Keyword, so stehen die Chancen gut, als Featured Snippet angezeigt zu werden.
Abbildung 3: Ein Artikel aus dem Ryte Wiki wird als Featured Snippet angezeigt, obwohl er nur auf Platz 3 rankt.
Wird eine URL von Google als Featured Snippet präsentiert, so rankt sie vor allen anderen Ergebnissen und wird besonders hervorgehoben. Deswegen wird diese Snippet-Art auch als Position 0 bezeichnet. Was in der klassischen Web-Suche eine deutlich höhere Klickrate zur Folge haben kann, gewinnt im Kontext von Voice Search noch größere Bedeutung: Voice Assistants lesen den Inhalt des Featured Snippets laut vor.
Zwar erreicht man damit wohl keine direkte Steigerung des Website-Traffics, jedoch kann die Vorlesefunktion als effektives Branding-Instrument genutzt werden. Im Unterschied zur Web-Suche ist das Featured Snippet bei der Voice Search nämlich nicht nur das erste, sondern auch das einzige Ergebnis. Und da die Voice Assistants das Vorlesen stets mit “Laut [Domain]...” beginnen, bieten Featured Snippets in Bezug auf Voice Search die Möglichkeit, sich für relevante Suchanfragen als Experten zu positionieren und einen wichtigen Branding-Effekt zu erzielen.
Nachteile hat man als Website-Betreiber nicht, wenn die eigenen Seiten als Featured Snippets angezeigt werden. Jedoch ist es wichtig, dass bei einer eventuellen Optimierung des Contents auf Featured Snippets nicht versehentlich die Begriffe, für die die Seite ursprünglich gut rankte zu stark zu verändern. Sonst kann es passieren, dass wichtige Rankings und somit Traffic verloren gehen. Vor einer Content-Anpassung sollten also die Begriffe, für die die Seite auf welchen Positionen rankt, dokumentiert und nach der Optimierung geprüft werden.
Ebenfalls kein Nachteil, sondern eher ein Umstand, ist die Tatsache, dass Googles Voice Assistant der einzige der Big Player ist, der die Google Suche nutzt. Alexa, Cortana und Siri nutzen die Bing-Suche. Somit sollte bei der Optimierung auf Voice Search die Microsoft-Suchmaschine berücksichtigt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Bing im deutschsprachigen Raum zurzeit keine Featured Snippets anzeigt - zumindest konnten wir in unseren Tests kein einziges Featured Snippet in Bing finden. Anders sieht es in bing.co.uk und bing.ca aus - dort gibt es für fast jede W-Frage ein Featured Snippet.
Abbildung 4: Featured Snippet in bing.co.uk (links), keines in bing.de (rechts)
Dies führt dazu, dass die Voice Assistants mit Bing-Suche in Deutschland keine Featured Snippets haben, aus denen sie vorlesen können. So gesehen lohnt sich die Optimierung für Featured Snippets im Kontext der Optimierung für Voice Search im deutschsprachigen Raum aktuell nur bei Google.
Durch die Erweiterung einer Website um Voice Interactions können Website-Betreiber beispielsweise ihre Site Search per Voice zugänglich machen, so dass Nutzer ihren Suchbegriff nicht eintippen müssen, sondern einfach aussprechen können. Über HTML5 lässt sich dies sehr einfach umsetzen.
Ebenso lassen sich auch neue und erweiterte Funktionen über Voice Interactions umsetzen. Die Sprachlernsoftware Duolingo verwendet Voice Interactions beispielsweise innerhalb von Sprachkursen (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5: Voice Interactions auf duolingo.com
Grundvoraussetzung für die Implementierung von Voice Interactions auf einer Website ist die Verwendung einer eigenen Spracherkennungssoftware oder einer entsprechenden API. Google bietet beispielsweise mit api.ai eine Möglichkeit, sprachbasierte Anwendungen zu erstellen und auf einer Website zu implementieren. Damit lässt sich beispielsweise ein sprachbasierter Chatbot für einen Onlineshop erstellen. Dieser kann vorgegebene Fragen, wie beispielsweise nach Lieferzeiten oder -kosten beantworten und somit wertvolle menschliche Ressourcen schonen. Denkbar wäre beispielsweise auch, einen FAQ-Chatbot anzubieten. Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass es auch tatsächlich oft gestellte Fragen gibt.
Die Voice Interactions auf Websites bieten zwei mögliche Vorteile: die Vereinfachung und die Erweiterung der Bedienbarkeit. Zu ersterem gehört beispielsweise das Ausfüllen von Formularen oder die Verwendung der Site Search mittels Spracheingabe. Ein gutes Beispiel für die Erweiterung der Bedienbarkeit ist Duolingo, wo Voice Interactions genutzt werden, um die Aussprache von Vokabeln und Sätzen zu üben.
Beide Optionen führen im Idealfall zu einer besseren Usability und somit zu einer besseren User Experience. Dies kann positive Auswirkungen auf die Markenwahrnehmung, Weiterempfehlungsrate und generelle Zufriedenheit mit dem Anbieter haben.
Wichtig ist jedoch, dass die Implementierung von Voice Interactions auf einer Website die Bedienung tatsächlich vereinfacht. Ist der Nutzer mit der klassischen Bedienung über Maus und Tastatur schneller als durch die Sprachsteuerung, so wird sich diese wohl eher nicht durchsetzen.
Wie auch die Optimierung für Featured Snippets hat auch die Implementierung von Voice Interactions an sich keine wesentlichen Nachteile. Es muss jedoch darauf geachtet werden, dass bestehende Funktionen nicht ersetzt, sondern allenfalls ergänzt werden. Website-Nutzer sind es in der Regel gewohnt, Websites und Chats per Maus und Tastatur zu bedienen. Wird diese Option auf einmal durch eine ungewohnte Bedienvariante wie Sprachsteuerung ersetzt, so ist davon auszugehen, dass viele Besucher den Service weniger nutzen werden. Im Fokus sollte stets der Nutzer selbst stehen, und erst an zweiter Stelle Faktoren wie beispielsweise mögliche Einsparpotentiale.
“Skills” sind Fähigkeiten der Voice Assistants, die man ihnen beibringen kann. Hierfür stellen die Betreiber der Voice Assistants APIs bereit, über die neue Skills entwickelt und implementiert werden können. So können Voice Assistants geschult werden, wie mit den eigenen Dienstleistungen zu interagieren ist. So kann zum Beispiel ein E-Commerce-Shop einen Skill für Voice Assistants entwickeln, der es den Voice Assistants ermöglicht, mit dem Shop zu interagieren. So können Nutzer direkt über ihren Voice Assistant im Shop einkaufen. Dies wird bereits in der Praxis umgesetzt, gute Beispiele hierfür sind Domino’s, Kayak und natürlich Amazon.
Der Voice Assistant ruft selbstverständlich nicht wie ein menschlicher Nutzer die Website mit einem Browser auf, klickt sich durch die Seiten und schließlich auf den den Bestell-Button. Stattdessen wird dem Voice Assistant über die Skills beigebracht, was der User fragen kann und wie darauf reagiert werden soll. Der Voice Assistant kann dann aus der Anfrage des Users eine GET-Abfrage erstellen, die der mit dem Skill verknüpfte Server interpretieren, bearbeiten und beantworten kann. So können beispielsweise Fragen des Nutzers beantwortet oder Aufgaben, wie beispielsweise das Bestellen einer Pizza, erledigt werden.
Abbildung 6: Der User Interaction Flow bei Alexa-Skills (Quelle: Amazon)
Voice Assistants sind zwar kein neuer Trend, da das Thema schon seit langer Zeit vorangetrieben wird. Jedoch steigt die Bedeutung von Voice Search mehr und mehr an. Dies liegt an zwei wesentlichen Faktoren: Zum einen wird die Spracherkennung der Voice Assistants immer besser. Vor wenigen Tagen gab Microsoft bekannt, dass die Fehlerquote der Microsoft Spracherkennungs-Systeme bei der Erkennung von Spracheingaben nun bei 5,1% liegt. Somit können die Microsoft-Systeme gesprochene Sprache genau so gut verstehen wie ein Mensch. Zum anderen steigt die Verbreitung massiv an. Zuletzt natürlich Alexa durch Amazon Echo, aber auch Google Home und Microsofts Voice Assistant Cortana sind inzwischen stark verbreitet. Durch die steigende Verbreitung von Voice Assistants und die damit verbundene stärkere Nutzung vergrößert sich auch die Reichweite über diesen Kanal. Deshalb bietet es sich mehr und mehr an, darauf zu reagieren wie es auch Domino’s, Amazon und Kayak schon getan haben.
Richtig eingesetzt, können Skills die Customer Journey massiv vereinfachen. So ist es zum Beispiel wesentlich einfacher, zu Alexa “Bestell mir eine Pepperoni-Pizza bei Domino’s” zu sagen, als die Pizza selbst über Smartphone-App oder den Browser zu bestellen.
Der größte Nachteil bei den Skills ist, dass die Nutzer den Skill bewusst aktivieren müssen. Neben dem Entwicklungsaufwand entsteht also auch noch der Vermarktungsaufwand für den Skill. Darüber hinaus müssen die Skills den Nutzern einen so großen Mehrwert bieten, dass sie den Skill regelmäßig nutzen. Andernfalls würden sich Entwicklungs- und Vermarktungsaufwand wohl kaum rentieren.
Skills, die alltägliche Aufgaben vereinfachen, bieten dafür die besseren Voraussetzungen. Bestellt ein Nutzer beispielsweise regelmäßig bei einem Lebensmittel-Lieferservice, so ist dieser Nutzer eher dafür geeignet, einen entsprechenden Skill für seinen Voice Assistant zu aktivieren. Aufgaben, die eher selten erledigt werden, oder bei denen es um hohe Geldbeträge geht, wie beispielsweise Flugbuchungen oder Möbelkäufe, bieten sich entsprechend weniger für einen Skill an.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie man den wachsenden Trend der Voice Interactions für sich nutzen kann, sei es die Optimierung einer Website für Voice Search, die Erweiterung um Sprachsteuerung oder das Entwickeln eines Voice Assistant-Skills. Durch die steigende Verbreitung von Systemen wie Amazon Echo und Google Home und die damit verbundene steigende Nutzung von Voice Assistants lohnt es sich auf jeden Fall, sich Gedanken darüber zu machen, wie man von dem Trend profitieren kann. Jedoch sollte in jedem Fall gut abgewägt werden, ob eine Idee wirklich Potential hat. Ansonsten kann es, wie bei anderen Trends auch, schnell passieren, dass viel Zeit und Geld verloren gehen.
Veröffentlicht am Sep 11, 2017 von Editorial Team