Nudging ist eine Technik der Verhaltensbeeinflussung. Mit dieser Methode kann eine Entscheidung von anderen Menschen vorhersagbar beeinflusst werden kann. Für die Entscheidungsträger ist der sogenannte „Nudge“ (Deutsch: Schubs) meist nicht offensichtlich. Vielmehr nehmen sie die Beeinflussung unbewusst oder sogar positiv wahr, da sie nicht in Form von Verboten oder Geboten geäußert wird. Nudging findet sowohl in der Politik als auch im Online Marketing Anwendung. Nudges können sich dort auch im UX Design wiederfinden.
Der Begriff des „Nudge“ wurde erstmals ausführlich von Richard Thaler und Cass Sunstein im Jahr 2008 in ihrer Abhandlung „Decisions About Health, Wealth, and Happiness“ diskutiert. Der Rechtswissenschaftler Sunstein und der Wirtschaftswissenschaftler Thaler haben die Methode dabei vor allem aus der verhaltensökonomischen Sicht betrachtet. Sie haben direkt untersucht, wie das Verhalten von Verbrauchern mit Hilfe des Nudging so beeinflusst werden kann, dass es vorhersagbar wird. Die Beeinflussung geschieht ganz ohne Verbote oder Gebote. Der Mensch hat trotz dieser Beeinflussung außerdem jederzeit die Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden.
In ihrem Werk gehen die Forscher davon aus, dass Menschen nur in begrenztem Maße rationale Entscheidungen treffen können. Ein wichtiger Faktor für Entscheidungen ist vielmehr der Gesamtzusammenhang, in welchem sie gefällt werden. Ansatzpunkt für das Nudging ist somit genau dieser Kontext. Sunstein und Thaler bezogen diesen Kontext nun auf die Bürger eines Staates und stellten das Nudging in den Dienst des Gemeinwohls. Der Sinn dahinter: Wenn der Kontext für eine Entscheidung durch Anstupsen, also den Nudge, ins Bewusstsein der Verbraucher gehoben wird, lässt sich ihre Entscheidung positiv beeinflussen. Die Forscher haben verschiedene Beispiele für die positiven gesellschaftlichen Effekte des Nudgings geliefert. So gaben sie zum Beispiel an, dass eine in einem Urinal platzierte Fliege einen Großteil der Männer dazu bringt, das Urinal auch tatsächlich zu verwenden. Ein weiteres Beispiel aus ihrer Forschungsarbeit zeigte, dass sich Menschen in der Kantine eher für ein Obst entscheiden, wenn es anstelle von Donuts in Griffhöhe platziert wird.
Nudging wurde ursprünglich dafür konzipiert, die Entscheidungen von Verbrauchern so zu lenken, dass sie dem Gemeinwohl dienen. Mittlerweile gibt es verschiedene Anwendungsbereiche für diese Methode.
Beim Nudging wird ein Mensch bei der Entscheidungsfindung gelenkt. Diese „Entscheidungshilfe“ kann in Form verschiedener Medien und Kampagnen erfolgen. In der Regel wird einem Nutzer immer die Entscheidungsfreiheit zwischen zwei oder mehr Alternativen gelassen. Dabei ist jedoch relativ sicher, dass er sich für die gewünschte Alternative entscheidet.
Nudging kann auf Webseiten konkret in Form von grafischen Elementen oder anderem Content betrieben werden. Meist sind Nudges jedoch Teil einer umfassenden Kampagne.
Ein Beispiel: Beim Webdesign kann Nudging zum Beispiel bei der Preisgestaltung angewandt werden. Ein Dienstleister bietet drei verschiedene Servicepakete an. Diese haben unterschiedliche Leistungen und demnach unterschiedliche Preise. Möchte der Anbieter nun sein mittleres Paket verstärkt verkaufen, hat er verschiedene Möglichkeiten. Er kann das kleinste Paket mit deutlich weniger Leistung ausstatten und das große Paket zugleich sehr teuer machen. Der Verbraucher wird sich dann voraussichtlich für das mittlere Paket entscheiden, weil es für ihn das beste Verhältnis aus Preis und Leistung bietet, obwohl der den Leistungsumfang vielleicht gar nicht in vollem Maße benötigt.
Grundsätzlich wird jedoch immer davon ausgegangen, dass der Nutzer, der Bürger oder der Patient am Ende selbst entscheidet.
An der Methode des Nudgings gibt es verschiedene Kritikpunkte. Manche Wissenschaftler kritisieren zum Beispiel schon den Ansatz. Sie bezweifeln die Ansicht, dass Menschen sich bei Entscheidungen nicht rational verhalten. Andere wiederum bemängeln, dass Nudges nicht zu einem Fortschritt im Denken führen, weil den Beteiligten die eigene Entscheidungsbildung abgenommen wird.[2]
In gesellschaftlicher Hinsicht werden Nudges von Verfassungsrechtlern teilweise auch als Eingriff in die Grundrechte des Menschen betrachtet, weil der Mensch direkt in seiner Entscheidung beeinflusst wird.
Verbraucherschützer sehen in Nudging eine Technik, die den Verbraucher manipuliert. Er wird zum Beispiel in seiner Kaufentscheidung aktiv manipuliert, ohne dass es für ihn zum Beispiel als Werbung ersichtlich wird.
Der Nutzen von Nudging für das Online-Markting ist vielfältig. So können zum Beispiel Marketing-Kampagnen wie Content Marketing als Nudges dienen. Gleichzeitig wirken sich die „Anstupser“ auch konkret im Design von Webseiten, Bannern, Grafiken oder Content aus. Selbst die Wahl der Influencer kann unter dem Gesichtspunkt des Nudging erfolgen.
Dabei ist Nudging selbst noch keine konkrete Maßnahme. Vielmehr werden verschiedene Erkenntnisse zum Nutzerverhalten genutzt, um das Verhalten der User bei künftigen Kaufentscheidungen zu beeinflussen.