Zugegeben, diese Headline klingt wie schlimmstes Online-Marketing Bullshit Bingo. An „semantisch“ haben wir uns ja schon gewöhnt, aber jetzt auch noch „holistisch“? Und doch: So sieht die Zukunft des Online Marketings aus. Zumindest eine Zukunft.
„Semantik“ ist die Bedeutungslehre. Wörter bestehen nicht nur aus Buchstaben - sondern auch aus Sinn. Zwischen ihnen gibt es Beziehungen, Verflechtungen - das ist es, wonach die Leute suchen. Wer „BMW Motorrad“ bei Google eingibt, verbindet damit eine konkrete Frage, vielleicht sogar ein Lebensgefühl. Dem sollten wir gerecht werden.
„Holistisch“ ist ein moderner Begriff für „umfassend“. Meint: Die Fragen der User umfassend zu beantworten. Ich hätte also auch „5 Schritte zu sinnvollem, umfassenden Inhalt“ schreiben können. Aber das klingt lahm und so sind wir Online Marketer nun mal nicht...
Was soll der ganze Aufwand eigentlich? Die meisten Besucher kommen schließlich von Google - und die Suchmaschine bewertet neben den Backlinks doch nur Technik, Title-Tag und Textlänge, womöglich noch das Benutzerverhalten. Wie soll sie denn entscheiden, ob ein Inhalt semantisch und holistisch ist?
Nun, genau das ist ein Trugschluss: Natürlich kann Google mittlerweile die Semantik und die Holistik von Inhalten bewerten. Und selbst, wenn das noch an manchen Stellen etwas grobmotorisch erfolgt, arbeiten in Mountain View die klügsten Köpfe der Welt daran, dies zu perfektionieren. Denn es macht Sinn. Google möchte in den Suchergebnissen nicht Seiten mit möglichst langem Text sondern treffgenaue und umfassende Antworten auf die gestellten Fragen.
Keine Sorge übrigens vor zu viel Arbeit: Es geht hier nicht um alle Deine Seiten. Es geht um die zentralen, sinntragenden Seiten Deines Projekts. Wie Du Deine Produktseiten konfigurierst, besprichst Du ohnehin besser mit einem Conversion Optimierer. Hier brauchen wir nicht lange über Semantik zu reden. Und auch News und viele andere Standard-Beiträge brauchen den gesamten Content-Prozess nicht. Doch dort, wo Du Dich wirklich präsentierst, wo es darum geht, den User (evtl. als Kunden) zu gewinnen, da empfehle ich Dir diese fünf Schritte, mit denen Dein Inhalt semantisch und holistisch wird. Versprochen!
Das ist der wichtigste Schritt und der sollte am Anfang geschehen. Was willst Du eigentlich?
Willst Du mit Deiner Webseite Bleistifte verkaufen?
Geht es darum, aktuelle Informationen zu publizieren?
Hast Du ein Tool, bei dem sich möglichst viele User anmelden sollen?
Fein! Egal, was Dein wirtschaftliches oder inhaltliches Ziel ist: DAS ist es, was Du verfolgen solltest. In keinem ernst zu nehmenden Geschäftsmodell geht es aber um die Sichtbarkeit in den Suchergebnissen. Auch die Zahl der Besucher ist meistens nicht relevant. Beides sind mehr oder weniger gute Zwischenwerte auf der Zielerreichung. Aber sie sind nicht das Ziel.
Ein Beispiel: Wenn Du Bleistifte verkaufen willst, dann stiere nicht auf das Keyword „Bleistift“ weil das den größten Suchtraffic hat - denn dieses bietet zu viele Streuverluste. Was ist mit „Bleistifte bedrucken“, „Bleistifte online kaufen“ u.s.w.? Vielleicht kannst Du Dir dann auch den großen Bleistift-Ratgeber sparen. Vielleicht. Wir werden sehen. Überhaupt ist es größtenteils keine sehr gute Idee (mehr), sich auf Keywords zu fixieren. Denn wenn Du Bleistifte verkaufen willst, gibt es vermutlich 10.000 verschiedene Suchphrasen, die Menschen dafür eingeben könnten. Du brauchst nicht jede zu kennen - und schon gar nicht im Text zu verbauen. Aber die Antwort solltest Du liefern können.
Also: Schreibe das, was Du sein willst und was Du der Welt anzubieten hast, in möglichst wenigen Sätzen auf ein Stück Papier und hänge es über Deinen Schreibtisch. Glaube mir: Das wird Dir helfen auf Deiner eigenen Spur zu bleiben.
Das sagt sich immer so leicht. Aber in der realen Welt ist es gar nicht so einfach, zu erkennen, was die Leute da draußen eigentlich wollen. Es sei denn, Du betreibst Deinen Shop schon eine ganze Weile und schaust genau genug hin. Aber spätestens mit einem neuen Business tut man sich schwer, die Bedürfnisse der Zielgruppe zu erforschen. Hier einige Tipps:
Treibe Dich in Foren zum Thema herum
Lies Bücher und Zeitschriften (ja, die gibt es noch…)
Erstelle Umfragen. Das geht mit SurveyMonkey nun wirklich einfach und passende Adressen können meist sogar gekauft werden.
Verwende ein W-Fragen-Tool. Das ist die vermutlich einfachste und schnellste Möglichkeit, die Fragen der User zu einem Thema kennen zu lernen.
Natürlich sind alle diese Recherchequellen mit Schwierigkeiten, Fehlern oder gar mit Kosten behaftet. Aber wir kennen ja unser Ziel und möchten es ernsthaft erreichen. Da sollten uns ein paar Euro im Monat nicht zu viel sein.
Natürlich meine ich mit dieser Überschrift auch einen Wettbewerbsvergleich. Mit „Schau, was die anderen machen“ meine ich den mittlerweile so geschätzten WDF*IDF-Blick auf ein Keyword. Und in WDF*IDF sehe ich nicht die 08/15-Recherche nach Wörtern, die ich dann im Text verbaue. Das ist meiner Ansicht ein bisschen zu einfach gedacht. Ich empfehle, die WDF*IDF-Analyse so ernst zu nehmen, dass Du Dir über die dahinter stehenden Themen Gedanken machst.
Ein Beispiel: Mit meinem recht frühen Text über WDF*IDF stand ich monatelang auf Top-Positionen im Ranking für das Keyword „WDF*IDF“. Doch nach und nach schmierte der Beitrag ab. Als ich das eines Tages merkte, machte ich mir den Spaß und checkte den Beitrag mit einem der neuen Tools auf seine WDF*IDF-Optimierung.
Und siehe da: Ich fand eine Menge Proof-Keywords rund um das Unterthema „Tools“. In der Zwischenzeit waren nämlich einige Tool-Anbieter auf den Markt gekommen und alle neueren Seiten zum Thema „WDF*IDF“ berichteten darüber. Ich nicht, dafür war mein Beitrag zu früh entstanden. Also habe ich einen neuen Absatz über Tool-Anbieter eingefügt - und war kurz danach wieder auf einer Top-Position.
Merke: Es ging mir nicht darum, das Wort „Tool“ im Text zu ergänzen, sondern darum mit dem Sub-Thema „Tools“ meinen Beitrag zu vervollständigen.
Abbildung 1: Oooops: Da ging es ordentlich den Berg runter. Vielleicht lag es daran, dass wir einige Aspekte für den „Canonical Tag“ nicht zeitgemäß beschrieben haben. Jedenfalls hat eine Aktualisierung des Beitrags Wunder bewirkt.
Es gibt so verdammt schlechte, billige Webseiten. Doch wenn man deren Besitzer in ihrem Ladengeschäft besucht, findet man goldene Türklinken. Wieso glauben denn so viele Unternehmer, dass im Web alles kostenlos oder zumindest spottbillig sein muss? Bitte: Wenn Du Geschäft im Web machen möchtest, musst Du auch investieren.
Bist Du eher „professionell & clean“ oder „cosy & verspielt“? Eine wichtige Entscheidung. Naja, meist liegt ja schon ein Seiten-Design vor und Du musst damit umgehen. Aber vielleicht gibt es auch Freiräume, die Du nutzen kannst. Denke zumindest über die Strukturierung Deiner Beiträge mit ordentlichen Zwischenüberschriften und Aufzählunglisten nach. Oder besser: Denke nicht nur darüber nach sondern tue es. Das ist der Moment, an dem Du auch den einen oder anderen Test durchführen solltest. Dafür bin ich kein Spezialist, aber Dein Conversion-Optimierer ist Dir dabei sicher eine Hilfe.
Achte auch auf Deine Mobile Strategie: Wie wichtig sind Dir die Handy-Sucher? In einigen Shops spielen diese vielleicht noch eine kleine Rolle. Aber in den meisten Fällen sollte man sich damit beschäftigen. Ist vielleicht sogar „Mobile first“ Dein Ansatz? Oder, das ist dann die große Kunst, möglicherweise willst Du dem mobilen User einen anderen Content zeigen als einem Desktop-User? Bitte denk zumindest drüber nach.
Überhaupt: Man hört ja vermehrt von Inhalten, die je Marketing-Kanal unterschiedlich bestückt werden. Dort erhalten Besucher mit Google-Referrer dann einen anderen Content als Besucher, die über einen internen Klick oder einen Newsletter auf eine Unterseite kommen. Das macht natürlich Sinn, die Ansprache und das Wissensbedürfnis dieser Gruppen werden sich unterscheiden.
Dir kommt das übertrieben vor? Verwechsle nicht "großen Aufwand" mit "nicht vorhandenem Nutzen". Und vergiss nicht, wie ausgefuchst Supermärkte heute eingerichtet sind, damit Kunden für ein paar Euro mehr einkaufen, als ursprünglich geplant. Warum ist Online-Aufwand so viel schlechter als Offline-Aufwand?
Abbildung 2: Karl Kratz (https://www.online-marketing.net/karlscore-public/) jedenfalls liebt so etwas: Bedarfsgerechte Inhalte für jede Zielgruppe, vielleicht für jeden Benutzer. Nun, sieht nicht einfach aus und ist es auch nicht. Aber vielleicht sehr sinnvoll für Dich.
Kurz: Implementiere, Teste, Optimiere. Dein Kunde erwartet von Dir den besten Inhalt - und hat ihn auch verdient.
Wenn Du nun glaubst, fertig zu sein, kommt hier die große Enttäuschung: Die Welt dreht sich weiter. Selbst, wenn Du zum Marktführer wirst, wird es nicht lange dauern, bis Deine Kunden andere, vielleicht detaillierte Fragen an Deine Produkte und damit an Dich stellen. Deshalb: Die Schritte zwei und drei solltest Du immer wieder durchlaufen. Und Deine technische Implementierung solltest Du auch regelmäßig in Frage stellen.
Wie gesagt, das gilt nicht zwingend für jede Deiner Unterseiten. Aber wenn Du für ein wichtiges Suchthema in den Rankings abschmierst, ist es höchste Zeit mal wieder das W-Fragen-Tool und die WDF*IDF-Analyse anzuschmeißen. Schaue spätestens dann, wohin sich die Welt gedreht hat. Dabei wirst Du feststellen, dass Dein Inhalt von mal zu mal semantischer und holistischer wird. Und darum geht es hier ja.
Bei aller Begeisterung für Einfachheit, schnellem Geldverdienen und Skalierbarkeit: Wir können nicht ignorieren, dass der Weg hin zu semantischem und holistischem Inhalt der einzige nachhaltige Weg ist. Nur dann haben wir die Kollegen von Google auf unserer Seite, die die Suchergebnisse noch besser machen wollen. Und Du wirst merken, dass es sich großartig anfühlt, das gleiche Ziel zu haben wie die wertvollste Web-Company im Universum.
Veröffentlicht am Sep 8, 2015 von Eric Kubitz