User Expectations


User Expectations (deutsch: Nutzererwartungen) können als Erwartungen an ein Produkt, Service oder ein digitales Asset definiert werden. Wenn Nutzer Apps, Websites oder Software verwenden, haben sie verschiedene Erwartungen an das Produkt selbst und die damit verknüpfte Benutzung, die sich in der Dialoggestaltung, Benutzerführung und dem Erreichen von Zielen niederschlägt. Nutzer haben ganz verschiedene Erwartungen: Angefangen beim Klicken eines Buttons über das Informationsbedürfnis bis hin zu einem ästhetisch-konsistenten Design, das auch auf mobilen Endgeräten aufrufbar ist.

Nutzer haben Ansprüche an die Nutzung, Nutzerführung, Interaktion, Navigation und die Informationsarchitektur – selbst wenn ihnen das nicht bewusst ist. Der Umgang mit den Nutzererwartungen ist deshalb ein kritischer Faktor im Webdesign, der Entwicklung von Software, Apps und Schnittstellen sowie dem Aufsetzen einer Informations- und Server-Client-Architektur. Mit dem Begriff User Expectations sind weitere Begriffe wie Erwartungskonformität, Usability, Usability Engineering und insbesondere das User Experience Design verknüpft.

Allgemeine Informationen zum Thema

Bereits zu Beginn der Softwareentwicklung in der Mitte des 20. Jahrhunderts machten Entwickler sich Gedanken zu den Eigenschaften, die ein digitales Produkt besitzen muss, damit die Benutzung möglichst einfach und frustfrei abläuft. Die einfache und effektive Nutzung einer Software war schon immer das Ziel: Software sollte spezielle Probleme lösen, Arbeit schneller erledigen oder exakter Kalkulationen durchführen. Die Benutzung durch den Endanwender musste demnach berücksichtigt werden – auch wenn dies zu Beginn auf Wissenschaft und Militär beschränkt war.[1] Zwar ging man zu dieser Zeit noch vom Produkt aus, jedoch waren die Erwartungen an die Software meist hinreichend klar und durch zu lösende Probleme bestimmt.

Mit dem Einzug digitaler Produkte in den Bereich der Endanwender und der Erfindung von Terminals änderten sich die Anforderungen und der Nutzer geriet ins Zentrum der Überlegungen zur Gebrauchstauglichkeit, die vormals noch auf das Produkt beschränkt war. Die Pointe: Bevor Nutzerewartungen erfüllt werden können, müssen Entwickler und Designer wissen, was die Nutzer erwarten. Aus dem Thema Usability entwickelten sich teils eigene Fachdisziplinen, die heute mit Usability, User Experience oder schlicht gutem Design zu tun haben. Werkzeuge wie Anforderungsanalysen, User Experience Design und das Management der Nutzererwartungen entstanden aus den anfänglichen Überlegungen zur Usability. Mit der Entwicklung mobiler Endgeräte und weiteren disruptiven Technologien änderten sich diese Erwartungen erneut und der Fokus auf die Usability wurde immer präsenter.[2] Das User Centered Design ist Beispiel für diese Entwicklung.

Arten von User Expectations

Wie Nutzer die Verwendung einer Website oder App wahrnehmen ist von drei unterschiedlichen Ebenen der User Expectations abhängig:[3]

  • Verborgene Erwartungen (engl.: entrenched expectations): Verborgene Erwartungen sind meist unbewusst und resultieren aus er Benutzung von vielen Websites oder Apps über einen längeren Zeitraum. Nutzer sind an bestimmte Interaktionen, Navigationsstrukturen und Website-Ziele gewöhnt, wenn sie bereits Erfahrung damit gesammelt haben. Sie erwarten beispielsweise bei einem Klick auf eine "Über Uns"-Seite entsprechende Informationen zum Unternehmen oder der Person, weil sie dies durch die Benutzung von vielen Websites internalisiert haben. Diese verborgenen Erwartungen beziehen sich ebenfalls auf das Layout, Design und die Performance von Websites oder zumindest auf grundlegende Eigenschaften von Websites, die ihnen bekannt sind.
  • Prägende Erwartungen (engl.: formative expectations ): Als prägende Erwartungen werden solche Ansprüche bezeichnet, die sich aus den Erfahrungen der Benutzung ergeben. Den Nutzern sind einzelne Aspekte von Websites bekannt und sie wissen, was sie damit anstellen können. Blogs, Social Media Integration oder Kommentare unter Artikeln – Nutzer kennen den Sinn und Zweck dieser Interaktionselemente und erwarten auch bei anderen Websites, dass diese Elemente zur Verfügung stehen. Die Nutzer entwickeln ein Bewusstsein für ihre Ansprüche und verlangen von Websites, dass diese Ansprüche befriedigt werden.
  • Aktuelle Erwartungen (engl.: on-off expectations): Aktuelle Erwartungen sind stets an eine einzelene Website sowie an Zeit und Ort der Benutzung geknüpft. Das gesamte Erscheinungsbild mit allen Interaktions-Elementen, dem Layout, Design sowie dem Wording wirkt sich auf aktuelle Erwartungen aus. Die Nutzer wissen sehr genau, wieso sie diese Website besucht haben und was sie dort finden möchten. Jegliche Brüche in dieser Wahrnehmung erzeugen bestimmte Nutzerreaktionen, wenn die Erwartungen nicht bedient werden. Sie verlassen die Website, falls dies der Fall ist.

Jede Website und auch andere digitale Produkte sollten so viele dieser Erwartungen erfüllen, wenn sie zufriedenstellende Informationen, Lösungen oder Interaktionen anbieten wollen. Konzeptionell ist ein interdisziplinärer Ansatz demnach empfehlenswert: Vom Aufsetzen einer IT-Infrastruktur über das Design und die Interaktion bis hin zu den Inhalten können verschiedene Erwartungen antizipiert werden, sodass die Frustrationstoleranz der Nutzer nicht ausgereizt wird. Dahinter steckt das sogenannte "Principle of least astonishment" (deutsch: Prinzip der geringsten Überraschung), das davon ausgeht, dass die Lernkurve bei der Benutzung nicht zu steil sein sollte – in Abhängigkeit vom Hintergrund des jeweiligen Benutzers.[4]

Anwender, Entwickler oder IT-Spezialisten haben unterschiedliche Ansprüche an Systeme, weil sie mitunter über fachliches Vorwissen verfügen. Was Nutzer über eine Software wissen oder glauben zu wissen, ist jedoch entscheidend für die Art und Weise der Verwendung. Im amerikanischen Sprachraum spricht man auch von Mental Models (deutsch: Mentale Modelle). Disruptive Technologien kommen häufig in Konflikt mit den existierenden Mental Models, da neue Features und ungewöhnliche Interaktionen eingeführt werden, an die sich Nutzer erstmal gewöhnen müssen. Nutzer erwarten schlichtweg, dass Websites ähnlich wie andere Websites funktionieren.[5]

Bedeutung für das Online Marketing

Die Faktoren, die die Nutzererwartungen beeinflussen, sind sehr vielfältig und verschiedene Bereichen zuzuordnen. Websites, Apps, Landingpages oder Microsites sind digitale Medien und Kommunikationsmittel zugleich: Sie haben Ziele, Zwecke und unterschiedliche Lösungsstrategien, sie besitzen zudem Inhalte und kommunizieren auf bestimmte Weise. All diese Aspekte gilt es zu beachten, wenn die Nutzererwartungen antizipiert und modelliert werden. In erster Linie geht es für die Nutzer um eine konsistente und kohärente Erfahrung. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel verschiedene digitale Produkte (Website, App, Social Media) anbietet, sollte ein einheitliches Corporate Design vorhanden sein, das über verschiedene Endgeräte und Kanäle zusammenhängende Botschaften sendet.[6] Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Preise, Produktbeschreibungen oder Pressemitteilungen handelt – Die Kommunikation findet via digitales Medium statt und sollte keine Brüche in den Erwartungen der Nutzer erzeugen. Erwartungskonformität und Konsistenz beziehn sich also nicht auf die Implementierung digitaler Produkte, sondern auch auf das Produkt als Kommunikationsmittel und Touchpoint.[7]

Einzelnachweise

  1. Geschichte der Softwareprogrammierung: „Freie Software für Freiheit und Gerechtigkeit“ perspektive89.com. Abgerufen am 02.12.2016
  2. MOBILE UX AND USER EXPECTATIONS blog.invisionapp.com. Abgerufen am 02.12.2016
  3. User expectations online websitecriteria.com. Abgerufen am 02.12.2016
  4. Astonishment, Expectations And Reality In User Experience techcrunch.com. Abgerufen am 02.12.2016
  5. Mental Models nngroup.com. Abgerufen am 02.12.2016
  6. How to design sites that match user expectations creativebloq.com. Abgerufen am 02.12.2016
  7. Consistency, Conformity to User Expectations (ISO 9241) experience.sap.com. Abgerufen am 02.12.2016

Weblinks