Netiquette


Der Begriff Netiquette ist eine Kombination aus net (deutsch: Netz; Kurzform für Internet) und etiquette (deutsch: Etikette) und stammt aus dem Englischen. Die Netiquette bezeichnet eine Sammlung von Verhaltensregeln, die sich auf unterschiedliche Kommunikationsformen im Internet beziehen. Es sind soziale Regeln für einen höflichen und respektvollen Umgang mit Teilnehmern eines Kommunikationsmediums, in dem entweder eine One-to-One-Kommunikation oder eine One-to-Many-Kommunikation stattfindet. Die Verhaltensregeln sind nicht verbindlich in einem rechtlichen Sinne, gelten aber als allgemein akzeptierte Empfehlungen für die zwischenmenschliche Kommunikation in digitalen Medien. Dazu zählen zum Beispiel Newsgroups, Email, Social Media, Foren, Chats oder Communities.

Allgemeine Informationen zum Thema

In der täglichen sozialen, nicht digitalen Kommunikation haben sich im Laufe der Zeit generelle Regeln und Empfehlungen herauskristallisiert, die mit Begriffen wie Höflichkeit, Benimmregeln oder Knigge-Regeln umschrieben werden. Bei diesen Verhaltensregeln gibt es einen gesellschaftlichen moralischen Konsens, wenn auch einzelne Teilaspekte und Details kontrovers diskutiert werden. Das Internet als Sammlung digitaler Kommunikationsformen zeichnet sich dadurch aus, dass zwei oder mehrere Sprecher nicht über die Kontextinformationen wie Ort oder Zeit sowie die verschiedensten Signale der Sprecher wie Mimik und Gestik verfügen – wie es in normalen Kommunikationssituationen der Fall wäre. Um Aussagen zu verstehen und richtig einzuordnen, sind solche Informationen aber relevant.[1]

Die Netiquette basiert auf der Vorstellung, das bestimmte ethische Verhaltensregeln die Art und Weise der Kommunikation in einem positiven Sinne fördern und den Umgang miteinander angenehmer gestalten. Wenn sich die Teilnehmer eines Kommunikationsmediums gegenseitig zu bestimmten Verhaltensregeln verpflichten, sind ein angenehmer Umgang mit dem Medium und ein respektvolles Miteinander gewährleistet. Je nach Medium werden deshalb Konventionen und Regeln vorgeschlagen, damit die Teilnehmer die Aussagen und Meinungen des Gegenübers nachvollziehen und verstehen können. Dadurch sollen Unhöflichkeiten, Beleidigungen und auch technische Probleme sowie der falsche Umgang mit dem Medium vermieden werden.[2]

Ähnlich wie in der nicht digitalen Kommunikation entwickelten sich diese Regeln im Lauf der Zeit. Die erste Version einer Netiquette wird dem Usenet zugeschrieben: Die intensiven Nutzer schlugen nach und nach einzelne Regeln vor, die aus Beispielen resultierten, in denen die Kommunikation oder der Umgang mit dem Medium nicht so wie vorgesehen verlaufen ist. Als allgemein akzeptierter Standard im Internet gelten die Netiquette Guidelines RFC 1855, die bereits 1995 veröffentlicht wurden.[3] Dieses Dokument bildet zugleich die Blaupause für viele andere Netiquetten von Websitebetreibern und Anbietern von Informationsdiensten.

Arten von Netiquetten

Zur Beschreibung verschiedener Netiquetten ist es zunächst sinnvoll, zwischen zwei Arten von Kommunikation zu unterscheiden. Die Netiquette wird häufig von der ersten Art der Kommunikation abgeleitet und gilt dann mit kleinen Änderungen ebenfalls für öffentlich einsehbare Diskussionen und Dialoge.

  • One-to-One Communication: Emails, private Nachrichten in verschiedenen Medien.
  • One-to-Many Communication: Mailinglisten, öffentliche Chats, Foren, Pinnwände, WWW-Boards, soziale Netzwerke, Communities, Websites und Microblogging-Dienste.


Darüber hinaus kann auch zwischen einer Unternehmenskommunikation (B2B, B2C) und privaten Dialogen unterschieden werden, wobei hier ähnliche Verhaltensregeln zum Einsatz kommen, die aber möglicherweise um interne Guidelines und Corporate-Richtlinien von Unternehmerseite ergänzt werden.[4] Grundsätzlich gibt es eine Vielzahl von Verhaltensregeln im Internet. Jede Netiquette ist vom digitalen Medium, dem jeweiligen Seitenbetreiber oder Dienstanbieter abhängig und kann spezifische Regeln beinhalten.

Im folgenden einige Beispiele für unterschiedliche digitale Medien und einzelne ausgewählte Verhaltensregeln.

  • Emails, Mailinglisten, Newsletter: Grußformeln, eine höfliche Ansprache sowie eine korrekte Schreibweise der verwendeten Wörter und Satzeinheiten gilt als obligatorisch. Der Rezipient sollte freundlich begrüßt und verabschiedet werden. Der Inhalt der Email sollte klar und verständlich formuliert sein und durch eine kurze Betreffzeile beschrieben werden. Aufgrund von verschiedenen Zeichensätzen und Beschränkungen im Email-Verkehr ist es zudem ratsam, eine allgemeine Zeichenkodierung wie ASCII oder Unicode zu verwenden. Auf sehr große Anhänge wird aus Rücksicht auf den Rezipienten und seine Internetverbindung verzichtet. Spam Emails gelten gemeinhin als Verletzung der Netiquette.
  • Foren, Chats und Communities: In Chats (Chatiquette), Foren und Communities wird auf einen respektvollen Umgang und die korrekte technische Nutzung oft viel Wert gelegt. Die Teilnehmer sollen sich gegenseitig nicht beleidigen und jegliche Kommunikation sollte gemäß den Möglichkeiten des technischen Mediums stattfinden. Höflichkeit zählt ebenso dazu wie sachlich passende Threads und die Vermeidung von Crosspostings und Doppelpostings. Ausgedehnte Großschreibung gilt als Schreien und die Lesbarkeit lässt zu wünschen übrig. Gruß- und Abschiedsformeln sind ebenso obligatorisch wie eine korrekte Rechtschreibung. In vielen Medien haben sich jedoch spezielle Begriffe und Abkürzungen durchgesetzt, die gerade für Laien und Anfänger Probleme darstellen. Hier helfen Wikis und Übersetzungen weiter.
  • Social Media und Microblogging: Gerade in sozialen Netzwerken wie Facebook und Microblogging-Diensten wie Twitter sind Netiquetten sinnvoll, da hierdurch Beleidigungen, rassistische und sexistische Äußerungen sowie Cybermobbing und Stalking vermieden werden sollen. Durch die virtuelle Kommunikationsform sind einige Nutzer oft geneigt, die Grenzen herkömmlicher Kommunikation zu übertreten. Das Ergebnis sind Shtistorms und teils auch rechtlich relevante Entgleisungen, die nicht nur gegen die Nutzungsbedingungen des jeweiligen Mediums, sondern auch gegen übliche Regeln der Netiquetten verstoßen. Der respektvolle und höfliche Umgang wird den Teilnehmern ebenso nahe gelegt wie ein Einhalten der Nutzungsbedingungen und Kodizes, die in der Regel auf das Medium zugeschnitten sind.

Praxisbezug und Rechtliches

In digitalen Medien bedeutet dies jedoch nicht nur höflich zu sein, sondern auch Aspekte wie Datenschutz, Privatsphäre, Sicherheitsbestimmungen oder Urheber- und Nutzungsrechte zu beachten. Zwar liegt die Netiquette und deren Kontrolle in den Händen des Betreibers eines Mediums, aber bei speziellen Regelverstößen kann es zu Rechtsverstößen kommen, die über zwischenmenschliche Regeln weit hinaus gehen und Strafbestände darstellen. Ein Verstoß gegen die Netiquette wird meist negativ sanktioniert, indem ein Forenteilnehmer zum Beispiel ermahnt oder ein Versender einer Email auf einen Verstoß gegen die Netiquette hingewiesen wird.

Bei Rechtsverstößen können solche Sanktionen wesentlich ernsthafter ausfallen. Die Netiquette wird oft als nicht verbindlich angesehen, aber bestimmte Verstöße gegen die Kommunikationsregeln können in Rechtsverletzungen münden – und die Grenzen sind oft fließend. Beispiele sind Shitstorms, die Hassreden und Hetze beinhalten oder das Posten eines geschützten Werkes, das Urheber- und Nutzungsrechte missachtet.[5] In der Praxis gab es insbesondere in jüngster Zeit zahlreiche Rechtsverstöße, die zu Strafen führten und weit über negative Sanktionen hinausgingen.

Bedeutung für die Usability

Netiquetten sollen den zwischenmenschlichen Umgang miteinander vereinfachen und allen Teilnehmern eines Kommunikationsmediums verbindliche Regeln an die Hand geben. Dadurch werden aber nicht nur Themen wie Höflichkeit, Sprache oder Lesbarkeit berührt, sondern auch der praktische Umgang mit dem digitalen Medium. Aspekte wie Datenschutz, Privatsphäre, Sicherheit und verschiedenste Gesetze aus dem Bereich Telemedien können in Netiquetten, Nutzungsbedingungen und AGB ebenso behandelt werden wie eigentlich selbstverständliche Gepflogenheiten in der Kommunikation.

Oft entwickeln sich diese Regeln langsam im Umgang mit dem Medium (Vgl.: Partizipatives Design) oder sie werden von den Seitenbetreibern veröffentlicht. Aus Sicht der Usability und Benutzerfreundlichkeit von digitalen Medien sind Netiquetten deshalb ein integraler Bestandteil der Nutzung dieser Medien aus dem Web, dem Social Web oder dem Semantic Web. Wer die grundsätzlichen Regeln der Kommunikation nicht einhalten möchte, sollte entsprechend andere Medien nutzen oder den höflichen Umgang im Internet lernen und seine Medienkompetenz vergrößern.

Einzelnachweise

  1. Von Netiquette und Chatiquette – Umgang im Internet jessicabreidbach.de. Abgerufen am 11.04.2016
  2. Wie Sie sich im Internet richtig verhalten business-wissen.de. Abgerufen am 11.04.2016
  3. Netiquette Guidelines tools.ietf.org. Abgerufen am 11.04.2016
  4. So verhindern Unternehmen den Shitstorm wiwo.de. Abgerufen am 11.04.2016
  5. Was versteht Facebook unter Hassreden? de-de.facebook.com. Abgerufen am 11.04.2016

Weblinks