Dark Social

Der Begriff Dark Social ist namentlich angelehnt an den Terminus Dark Web. In beiden Fällen bezieht sich “dark” (deutsch: dunkel) darauf, dass Seitenzugriffe nicht zurückverfolgt werden können. Im Fall des Dark Web das vollständige Nutzerverhalten im Internet nicht, bei Dark Social die Traffic-Herkunft eines Teils der Website-Besucher. Darum wird Dark Social immer wieder auch als Dark Traffic bezeichnet.

Geprägt hat den Namen Dark Social der US-amerikanische Journalist und Buchautor Alexis Madrigal, als er in einem Artikel von 2012 erstmals davon sprach, dass Dark Social Zugriffe 69 Prozent ausmachen, direkte Facebook-Referrals 20 Prozent.[1] Neuere Zahlen sprechen mittlerweile sogar von 84 Prozent.[2]

Definition Dark Social

Unter Dark Social versteht man den Anteil Websitezugriffe, deren Ursprung von Seitenbetreibern nicht eindeutig gemessen und zugewiesen werden kann. Solche nicht nachvollziehbaren Social Shares treten etwa dann auf, wenn ein User A einem User B einen Pagelink aus der Adresszeile des Browsers kopiert und per WhatsApp, Facebook Messenger oder E-Mail verschickt. Klickt User B den Link an, misst das von der Website verwendete Analytics-Tool zwar dessen Seitenbesuch, kann ihn aber nicht - oder nur unter erschwerten Bedingungen - der richtigen Besuchergruppe zuordnen.

Social Shares unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Wenn User auf Sozialen Medien wie Facebook einen Link anklicken, werden die Referral-Informationen in der URL angegeben:

utm_term=facebook 

utm_source=facebook 

utm_medium=sm&fbclid=…

Das Analyse-Tool einer Website kann durch solche Parameter genau erkennen, wie der Nutzer den Weg zu einem Content Piece auf seiner Homepage gefunden hat.

Findet der Website-Besucher den Inhalt nun interessant genug, um ihn mit anderen zu teilen, hat er dazu mehrere Möglichkeiten, die jeweils unterschiedliche Folgen für die Datenanalyse haben.

  1. Er benutzt im Idealfall die Social Share Buttons der Homepage. So kann das Analyse-Tool nicht nur nachvollziehen, woher der User kam, sondern auch wohin er den Inhalt weiter geteilt hat und welche weiteren Nutzer wiederum über diesen Share zum Artikel gelangt sind.
  2. Ein User kann aber auch die URL mitsamt den Referral-Informationen, die sie durch seinen Klick enthält weiterversenden. Das Problem: Diese Daten werden erneut ans Analyse-Tool übermittelt, wenn der Empfänger des Links diesen anklickt. So wird die Nutzerherkunft verfälscht, denn der Link suggeriert, dass auch der zweite Nutzer via Facebook kam, obwohl er eigentlich nur einen ihm per E-Mail oder WhatsApp zugeschickten Link angeklickt hat.
  3. Der Nutzer kann die URL ohne die Referrals kopieren und versenden - diese Referrals verschwinden etwa ganz automatisch, wenn es ein mehrseitiges Content Piece ist und der Leser zu Seite 2 und dann zurück auf Seite 1 springt, um den Link zu versenden. Klickt ein Empfänger nun auf diesen Link ohne Verweise, wird er vom Analyse-Tool als organischer Traffic verwertet - obwohl er vielleicht selbst ohne die Empfehlung des ersten Lesers nie auf die verlinkte Seite oder den speziellen Artikel aufmerksam geworden wäre.


In allen drei Fällen werden aber nicht nur Ergebnisse verfälscht, die für das Online Marketing wichtig sind. Dark Social hat auch Konsequenzen jenseits des Internet, weil es eine Interaktion unter Ausschluss der Öffentlichkeit ermöglicht, was das Vertrauen der Nutzer untereinander stärkt, gleichzeitig aber deren gesunde Skepsis abbauen lassen kann. Es wäre darum denkbar, dass Link Shares über Dark Social etwa eine Radikalisierung von Menschen begünstigen könnten, indem sie die sogenannte Filterblase aus dem Internet ins reale Leben übertragen.

Dass im Dark Social die Zugriffsquellen auf Webseiten nicht nachvollziehbar sind, liegt daran, dass Nachrichten über Instant-Messenger wie WhatsApp oder Facebook Messenger und E-Mail E2EE verschlüsselt sind.

Die Bedeutung von Dark Social für Online Marketing

Im Online Marketing ist die Herkunft von Traffic ein wichtiger Aspekt, um die Ergebnisse von Aktivitäten und Maßnahmen zu messen und richtig einzuordnen. Erfolg oder Niederlage beeinflussen weitere Strategien. So ist es für Marketer wichtig, zu sehen, ob etwa eine Ad-Kampagne oder Paid Search die gewünschte Zugriffssteigerung gebracht hat.

Traffic über Dark Social kann keiner konkreten Quelle zugewiesen werden. Analytics-Tools bewerten Zugriffe über Links, die via Instant Messenger oder SSL-geschützte Dienste geteilt und aufgerufen werden, als Direktaufrufe. Also genauso, wie wenn ein User eine URL in die Adresszeile eintippt oder eine Website über seine Lesezeichen aufruft.

Für Online Marketer stellt diese verfälschte Darstellung ein ernstzunehmendes Hindernis dar, weil sie die Herkunft des Traffics auf ihrem Content nicht korrekt zuweisen können. Durch Dark Social Shares werden die Sozialen Medien im Backend von Google Analytics nur bruchstückhaft angezeigt. Das erschwert es, aus den Ergebnissen und Daten die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Die Grenzen des Trackbaren

Betreiber von Facebook Fanpages sind mit einem ähnlichen Phänomen vertraut. Die Plattform benachrichtigt sie darüber, dass ein Beitrag von Followern geteilt wurde. Möchten sie sich diese Shares aber anzeigen lassen, können sie nur die einsehen, die auf anderen Facebookseiten oder öffentlich gestellten, privaten Timelines geteilt werden.

Teilt ein User einen Beitrag auf seiner Timeline, die er aber ausschließlich für Freunde einsehbar macht, so kann der Betreiber einer Fanpage diesen Share nicht weiter nachvollziehen. Er hat etwa keinen Einblick darin, ob der Nutzer den Link geteilt hat, weil er den Inhalt kritisch betrachtet oder ihn positiv konnotiert und bewertet.

Diese Grenze des Trackings über Soziale Medien kann die Einschätzung über Beliebtheit oder Kritik an einem Brand, Produkt oder Content Piece verfälschen. Allerdings bleibt auch bei privat geteilten, ursprünglich öffentlich ausgewiesenen Links die Referral-Quelle erhalten. Im Analytics-Tool der Website, auf der sich der geteilte Content befindet, werden weitere Klicks auf den Link also der Sozialen Plattform zugewiesen, der Seitenaufruf dem entsprechenden Referral zugerechnet.

Bei Dark Social ist genau dieser entscheidende Wert nicht mehr mess- oder nachvollziehbar. Selbst, wenn ein Social Link samt seiner Referral-Parameter über eine verschlüsselten Dienst geteilt und angeklickt wird, wird dieser Seitenaufruf dem Sozialen Netzwerk zugeordnet, das in den Pfad geschrieben ist. So entsteht ein verfälschtes, unzuverlässiges Tracking.

Lösungsansätze für Dark Social Tracking

Es gibt (Stand: 04/2019) kaum eine Möglichkeit, Dark Social zuverlässig zu tracken. Die via Messenger und Mail geteilten Links werden von Analyse-Tools weiterhin dem organischen oder im URL-Pfad vermerken Social Traffic zugewiesen. Doch es gibt Ansätze, die die analytische Zuordnung von Dark Social Zugriffen zumindest ein wenig verbessern können sollen.

  • In Google Analytics ein Dark Social Segment erstellen. Hierzu müssen möglichst engmaschige Filter angelegt werden, die das Tracken von URLs, die sehr schnell und leicht händisch in die Adresszeile getippt werden können, wie etwa die Homepage und Unterseiten der ersten Ebene (Kategorien, Rubriken, u.ä.), ausschließen. Ebenso sollten wiederkehrende User ausgeschlossen werden. Diese kommen wahrscheinlicher über einen Direktzugriff oder ein Bookmark, als über wiederkehrende Dark Social Shares.
  • Mit Linkshortenern arbeiten. Es gibt dafür Anbieter wie Bitly, Owly oder Google. Es gibt aber auch Tools, die individualisierte Kurz-URLs ermöglichen. Kurzen Links wird eine bessere Usability zugeschrieben. Aber User sind bei zu generischen Short Links oft auch skeptisch hinsichtlich deren Vertrauenswürdigkeit, sodass es sie von einem Klick auf generische Short Links abhalten könnte. Weitere Probleme von Linkshortenern sind deren Sicherheitsaspekte[3], sowie ihre mitunter negativen SEO-Auswirkungen[4] und der Datenschutz[5] Außerdem bleibt auch bei gekürzten Links die für Analytics schwere Zuweisbarkeit bestehen. Bei gekürzten Links, die im Dark Social geteilt werden, geschieht also das gleiche, als würde ein Nutzer einen von ihm angeklickten Link mit Referrern versenden. Der Linkempfänger wird in Analytics der in den Parametern ausgewiesenen Kampagne und sozialen Plattform zugeordnet.
  • Opt-in Traffic Monitoring Optionen vorschalten. Wenn Seitenbetreiber die Möglichkeit haben, können sie den meist geteilten ihrer Unterseiten ein Pop-up vorschalten oder auf der Seite einen Button installieren, via den User dazu eingeladen werden, ihnen im Gegenzug für den Erhalt eines Freebies zu verraten, wie sie seine Page gefunden haben.
  • Die Share-Optionen vereinfachen und erweitern. Website-Inhalte werden nicht nur auf persönlichen Facebook-Timelines geteilt, sondern verstärkt auch via Nachrichtendiensten wie Messenger und WhatsApp. Indem man die Share-Buttons auf der Website durch die gängigsten Apps Klick auf den entsprechenden Button zu teilen. Das ermöglicht es Seitenbetreiber, auch Shares über Dark Social zumindest teilweise nachvollziehen zu können. Je barrierefreier das Angebot, desto höher die Usability. Allerdings muss natürlich in Europa die geltende DSGVO berücksichtigt werden.

Einzelnachweise

  1. Dark Social: We Have the Whole History of the Web Wrong theatlantic.com. Abgerufen am 29. April 2019.
  2. Was ist Dark Social? hootsuite.com. Abgerufen am 29. April 2019.
  3. Gone in Six Characters: Short URLs Considered Harmful for Cloud Services cs.cornell.edu. Abgerufen am 29. April 2019.
  4. URL-Shortener und SEO – Gefahren und Auswirkungen projecter.de. Abgerufen am 29. April 2019.
  5. Datenschutz- und Sicherheitsrisiko Kurz-URL computerweekly.com. Abgerufen am 29. April 2019.

Weblinks